Der Shaolin-Tempel liegt auf den dicht bewachsenen Hängen des Berges Shaoshi in der Provinz Henan. Daher leitet sich auch der Name des Klosters ab. „Shao" steht für den Berg Shaoshi und Lin weist auf die Wälder rundherum um das Kloster. Die Ursprünge des Tempels reichen in das fünfte Jahrhundert unserer Zeitrechnung zurück. Damals diente er als Unterkunft für die Mönche aus Indien. Einer von ihnen war Bodhidharma, der Begründer des Chan beziehungsweise Zen-Buddhismus. Diese Strömung des Buddhismus betont die Bedeutung von Meditation und wendet sich gegen das rein rationale Verstehen von Schriften auf dem Weg zur Erleuchtung.
Die Mönche des Shaolin-Tempel versuchen jeden Tag, durch Meditation zum Wesen der buddhistischen Lehre vorzudringen. Der Trainer der Kampftruppe von Shaolin, Shi Hengtao, erklärt uns die tiefere Bedeutung der Übung.
„Die Meditation ist zum einen eine Körperübung. Dabei lernt man, sich zu beruhigen. Aber sie zielt auch darauf ab, das Herz zu beruhigen. So kann man die Welt und die sie umgebende Dinge von dem Blickwinkel des Zen-Buddhismus betrachten."
Die Philosophie des Zen kann man auch in dem Kongfu des Shaolin- Klosters finden. Für Meister Shi Yanlu gehören Zen und Kongfu zusammen.
„Die Kampfsport-Übungen sind eine große Hilfe für die Meditation und das Ausüben der Religion. Zen ist etwas geistiges und innerliches, und der Kampfsport ist eine äußerliche Erscheinung. Bei Zen und Kongfu kommen körperliche Übungen und geistige Bildung zusammen. Und das macht auch die Besonderheit und den Kern des Shaolin-Kongfu aus.
Das Kongfu der Shaolin-Schule zeichnet sich durch eine besondere Tiefe und vielfältige Inhalte aus. Im Laufe der langen Geschichte hat sich die Kampfsportart ständig weiter entwickelt und ihre Unzulänglichkeiten abgelegt. Sie kann sowohl der Stärkung des Körpers als auch der Gesundheit dienen. Die Bewegungen des Shaolin-Kongfus basieren auf den medizinischen Erkenntnisse des alten China und Elementen der traditionellen Philosophie. Es geht um eine Verbindung zwischen Bewegung und Stillstand, das Gleichgewicht zwischen Yin und Yang und eine Kombination von Härte und Weichheit.
Das Kernelement des Kongfu der Shaolin-Schule ist Shaolin-Quan, die Shaolin-Faust. Ihr Erlernen stellt hohe Anforderungen an Hand, Augen und Körperhaltung. Bei der Shaolin-Faust muss ein rotierender Effekt entstehen, die dem Angriff Kraft und Flexibilität verleiht. Außerdem wird zwischen der inneren und der äußeren Faust unterschieden. Die äußere Faust ist schnell und heftig, flexibel und stark. Die innere verbindet Härte mit Weichheit und ist besonders schwer zu erlernen. Meister Zheng leitet die internationale Abteilung des Trainingslagers von Shaolin.
„Shaolin ist eine der größten Kampfsport-Arten Chinas. Sie ist einfach und praktisch. Bei Shaolin-Kongfu geht es immer um eine gerade Linie, entweder vor- oder rückwärts. Zudem achtet man bei einem Angriff auf die Atmung."
Wenn man vor dem Tempel selbst steht, spürt man bereits die Ruhe und historische Tiefe des Tempels. Die Mönche sind bescheiden und freundlich.
Um die Shaolin-Kultur weiter zu fördern und mehr Menschen die eigene Philosophie näherzubringen, veranstaltet der Tempel die Show „Der Zen-Buddhismus und der Shaolin-Tempel". Hier präsentieren 800 Mönche ihre Beherrschung der Kampfsportart, während andere buddhistische Sutren vorlesen. Die tägliche Veranstaltung ist Magnet für Touristen aus aller Welt und gleichzeitig ein Beweis für die religiöse Bedeutung des Kongfu. Lü Fuyue ist der stellvertretende Abteilungsleiter für die Öffentlichkeitsarbeit in dem Kreis Dengfeng, in dem das Shaolin-Kloster liegt.
„Shaolin-Kongfu ist die wichtigste Kongfu-Strömung in China. Sie ist nicht nur für den chinesischen Kampfsport, sondern auch für den chinesischen Buddhismus von großer Bedeutung. Sie ist in Mittelchina entstanden und hat sich in der ganzen Welt verbreitet und gilt als ein wertvolles Kulturerbe des chinesischen Volkes. Die Kulturdarbietung „Zen-Buddhismus und der Shaolin-Tempel" ist sowohl eine Plattform für die internationale Verbreitung von Shaolin-Kongfu, als auch ein Beweis für die Großartigkeit des Shaolin-Kongfu und die reiche Kultur Chinas."
Übersetzt von Zheng An