Der Legende nach war auf der Stelle des heutigen Bosten-Sees ein schönes und reichhaltiges Grasland. Die Hirten konnten hier ein sorgenfreies und glückliches Leben führen. Darunter gab es ein junges Paar. Der Junge hieß Bosten und das Mädchen Gaya. Die beiden liebten einander sehr. Doch der Gott des Regens entdeckte das Mädchen Gaya und beschloss, sie zur Frau zu nehmen. Gaya wies aber sein Angebot zurück, was den Regengott wütend machte. Daraufhin bestrafte er das Grasland mit einer jahrelangen Dürre. Der tapfere Junge Bosten beschloss, gegen den grausamen Gott zu kämpfen. Er besiegte ihn, hat aber auch selbst den Kampf nicht überlebt. Gaya war am Boden zerstört und begann zu weinen. Sie weinte so bitterlich und so lange, dass ihre Tränen bald einen ganzen See füllten. Im Andenken an den Helden Bosten wurde diesem See auch sein Name verliehen.
Der Bosten-See war in den vergangenen Jahrhunderten die Grundlage für das Leben der mongolischen Nomaden an seinen Ufern. Hier gab es immer genügend Wasser und reiche Weiden. Die Rinder und Schafe der Hirten sind immer besonders groß und gut genährt. Deswegen wird der See von den Menschen verehrt. Im Juni jeden Jahres wird an seinen Ufern eine Opferzeremonie veranstaltet.
Man opfert dem Himmel, der Erde und dem Seegott. Es sind die wichtigsten drei Götter für die Menschen am Ufer des Bosten. In einer modernen Interpretation ist es der Ausdruck der Verbundenheit der lokalen Bevölkerung mit der Natur und den örtlichen Traditionen.
Am Tag der Feier legen sich die Mongolen traditionelle Kleidung an und bringen Milchprodukte, Obst, Süßigkeiten, Schnaps oder auch Kochgeschirr als Opfer dar. Die Männer schlachten die Tiere und die Frauen kochen, während die Alten mit den Lamas zusammensitzen und gemeinsam Gebete sprechen.
Während die Lamas damit beginnen, die Gebete an den Seegott zu rezitieren, bauen die Männer kleine Boote aus gerade keimenden Zweigen. Sie werden mit bunten Fahnen geschmückt, an denen Wünsche für sich selbst und seine Familie geschrieben werden. Und wenn die Lamas in ihre Messinghorne blasen, dann werden die Boote hinaus auf den See geschoben.
Danach beginnen die Männer mit den drei typischen mongolischen Wettbewerben: Pferderennen, Ringen und Bogenschießen. Die Alten halten währenddessen Dankgebete ab und singen traditionelle Lieder. Danach tanzen alle zusammen den Tanz „Sha Wu Er Deng".
Nach dem Seeopfer opfert man dem Feuer. Das Feueropfer hat bei den Mongolen eine lange Tradition. Die brennende Flamme symbolisiert Glück und Erfolg im neuen Jahr.
Nachdem die Gebete gesprochen wurden, fordern die Alten alle dazu auf, ein Stück Fleisch und ein Glas Schnaps zu nehmen. Alle zusammen heben die Hand und wiederholen mehrmals: „Komm Glück! Komm Glück! Komm Glück!"
Nach dem Ende der Zeremonie beginnt man mit dem Fischfang. Denn zwischen März und Juni herrscht auf dem Bosten-See saisonales Fangverbot. Denn es ist die Laichzeit für die Karpfen und andere Arten von Fischen des Sees.
Der Fischfang, Drachboot-Rennen, Pferderennen, Gesang und die Feuerspiele am Bosten-See sind ein Anziehungsmagnet für Besucher aus ganz China. Doch sind sie nicht nur für die Touristen da, sondern sind ein Teil der traditionellen mongolischen Kultur, die um jeden Preis geschützt werden muss.
Übersetzt von Zheng An