Im Kreis Qianshan in der Provinz Jiangxi liegt eine der berühmtesten privaten Lehranstalten des alten China. Ihr Name leitet sich vom nahen Ehu-Berg ab. Die Anfänge der Schule reichen in die Südliche Song-Dynastie vor mehr als 800 Jahren zurück.
Der stellvertretende Direktor des Verwaltungsbüros der Lehranstalt Ehu, Wang Zhongqiang, sagt, dass die besondere Lage den Erfolg von Ehu begünstigt hat.
(O-Ton 1, Wang Zhongqiang)
„Schon in der späteren Tang-Dynastie hat der Dichter Wang Jia in einem Gedicht über das reiche und idyllische Leben hier geschrieben. Die Landschaft von Ehu ist bezaubernd, es gibt eine alte Poststraße, die Verkehrslage ist günstig, die Umwelt unverschmutzt und die kulturelle Atmosphäre günstig."
Die alte Lehranstalt hat eine Fläche von 5.000 Quadratmetern und wurde seit der Song-Dynastie mehrmals renoviert und umgebaut. Dennoch gehört sie zu den am besten erhaltenen alten Lehranstalten in ganz China.
Doch am berühmtesten ist die Schule aus Jiangxi wegen dem „Treffen von Ehu". 1175 hat der Gelehrte Lü Zuqian den berühmten Neo-Konfuzianer Zhu Xi und die Brüder Lu Jiuyuan und Lu Jiuling nach Ehu eingeladen, um in ihrem philosophischen Streit zu schlichten. Dabei sagte Wang Zhongqiang:
(O-Ton 2, Wang Zhongqiang)
„Zhu Xi ist der bekannteste Vertreter des Neo-Konfuzianismus. Er betonte, dass die Ergebnisse der Mühen sich erst im Nachhinein zeigen. Man musste zuerst studieren und konnte erst dann ein guter Mensch werden. Lu Jiuyuan glaubte aber, dass man zuerst eine Sache richtig begreifen sollte, dass man sich also zunächst bemühen sollte, ein guter Mensch zu werden und erst dann zum Studium übergehen."
Das Treffen dauerte drei Tage, doch blieb es ohne Ergebnis, weil weder die eine noch die andere Seite nachgab. Aber die wissenschaftlichen Auseinadersetzungen waren für die weitere Entwicklungen der neo-konfuzianistischen Schule von großer Bedeutung. Später haben die Schüler in der Nähe des Ehu-Tempels den Sixianci gebaut, also den „Ahnentempel der Vier Tugendhaften", um an das berühmte Treffen zu erinnern. Mit der Zeit wurde dieser in die Lehranstalt von Ehu umbenannt. Wang Zhongqiang bewertet die Bedeutung des „Ehu-Treffens" für die chinesische Philosophie:
(O-Ton 3, Wang Zhongqiang)
„Obwohl das Treffen ohne Ergebnis geblieben ist, öffnete es den Weg für Debatten im philosophischen Denken Chinas. Das Treffen ist ein wichtiger Markstein für die Philosophie der Song- und Ming-Zeit."
Das Treffen hat sich positiv auf die allgemeine akademische Atmosphäre der damaligen Zeit ausgewirkt und war für die Entwicklung der Lehranstalten förderlich. So stehen auf der Rednerbühne in der großen Vortragshalle zwei Stühle. Wang Zhongqiang erklärt, dass der eine für einen Gastprofessor und der andere für einen Moderator bestimmt war.
Auch ansonsten war Ehu sehr gut ausgestattet. Die einzelnen Klassenzimmer waren ordentlich und geräumig, es gab eine Bibliothek und mehrere Wohnheime für die Studenten. Und die Bäume im Hof spendeten Schatten während der Hitze. Aber nicht nur die Bedingungen waren gut, auch die damaligen Lehrmethoden waren vorbildlich. So zumindest Wang Zhongqing:
(O-Ton 4, Wang Zhongqiang)
„In den heutigen Unis wird doch nur gepaukt. Ich glaube, das man mit einer solchen Einstellung nicht weit kommen kann. In den alten Lehranstalten war es anders. Sie waren unabhängig und hatten einen eigenen Charakter. Lehrer und Schüler wohnten zusammen und konnten sich untereinander austauschen. Es war ein sehr gutes Erziehungsmodell."
Im alten China war Ehu ein Garant für die Verbreitung der traditionellen Kultur und Bildung. Und seit 1983 ist sie ein staatlich geschütztes Denkmal und für Touristen geöffnet. Was aber ist die Bedeutung des Lehrhauses heute? Nach Ansicht von Wang Zhongqiang sind die Lehranstalten Teil der traditionellen chinesischen Kultur und müssen weiter gefördert und entwickelt werden.
(O-Ton 5, Wang Zhongqiang)
„Wenn man ehrlich ist, dann bringt die Auseinandersetzung mit der traditionellen Kultur zurzeit keine wirtschaftlichen Vorteile. Aber sie hat einen großen Einfluss auf unser Wertgefühl und kann den kulturellen Standard unter den Menschen heben."
Die Lehranstalt von Ehu ist heute wie ein Einsiedler, der weit entfernt vom Trubel der Moderne einsam inmitten der Natur lebt. Hier sind die Geister der Ahnen noch lebendig und sie künden von der vergangenen Glorie und Reichtum der traditionellen Kultur.
Übersetzt von Zhong Xi