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Kommunismus und Privateigentum bestehen nebeneinander –zumindest in China
  2011-06-30 21:23:37  cri
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Soweit ich mich noch erinnern kann, war das letzte Mal, als ich Ausführliches über den Marxismus gelernt habe, während meines Studiums in Mexiko. Seit dem sind viele Jahre vergangen, doch ich kann mich noch an ein Szenario erinnern – egal wann und wo, ich hielt immer ein Exemplar vom Buch „Das Kapital" in meiner Hand. Unser Professor in diesem Fach erzählte uns immer: der Widerspruch zwischen Privateigentum und Kommunismus ist groß, gerade so wie sich zwei gemeinsame Magnetpole stets abstoßen. So war die Auffassung damals. Im heutigen China aber wird diese Theorie durch verschiedene Beispiele über den Haufen geworfen.

Im Rahmen der Reportagereise von CRI nach Shanghai und Zhejiang anläßlich des 90. Jahrestages der Gründung der KP Chinas hatte ich das Glück, zwei durchaus unterschiedliche Unternehmen kennenlernen zu können. Jedes der Unternehmen hat natürlich das Ziel, Gewinn zu erwirtschaften. Aber die Unternehmen kombinieren dabei unterschiedliche Unternehmenskulturen mit dem Sozialismus und tragen zudem in verschiedenen Bereichen zum Wohle der Gesellschaft und zum Umweltschutz bei.

Zhejiang im Osten Chinas zählt zu den wohlhabenderen Provinzen in China und ist hauptsächlich für die guten Chancen im Handelsbereich bekannt. 90 Prozent des Bruttoinlandsprodukts der Provinz werden von der Privatwirtschaft erarbeitet. Die beiden Unternehmen, die ich eben erwähnt habe, repräsentieren gerade diesen Bereich.

Als erstes stand ein Besuch der Unternehmensgruppe Chuanhua in Hangzhou auf dem Programm. Hergestellt werden dort Produkte der chemischen und landwirtschaftlichen Industrie, auch Logistik und Investitionen werden als Dienstleistung angeboten. Was ich gleich bemerkt habe: der Mitarbeiter, der uns empfing, hatte an seiner Brust ein Parteiemblem geheftet.

Chuanhua ist ein Unternehmen, und es zielt zweifellos auf Gewinne ab. Aber die Parteiarbeit wird dadurch nicht beeinträchtigt. So tauschen sich zum Beispiel die Mitglieder des Vorstands und des Parteikomitees auf gemeinsamen Sitzungen über das Wohlergehen der Arbeiter aus.

Die rund 7.000 Arbeiter von Chuanhua sind die größten Nutznießer dieser Zusammenarbeit. Systematische Aus- und Weiterbildung, verschiedene Wettbewerbe, berufsorientierende Angebote sowie andere Vergünstigungen können sie in Anspruch nehmen, das ist nicht in allen Unternehmen so.

Zwar ist die Parteiarbeit bei Chuanhua ausgezeichnet, aber es ist nicht Pflicht, Parteimitglied zu sein. Tatsächlich sind 13,2 Prozent der Mitarbeiter Mitglieder der KP. Und Karriere wird gemacht durch Leistung.

Dank dieses Unternehmenssystems hat Chuanhua seit der Gründung in den 1980er Jahren eine rasante Entwicklung erlebt. Zwischen dem Unternehmen und den Angestellten wurde dabei eine Gewinnbeteiligung vereinbart. Es ist also durchaus ein interessantes Phänomen, in einem Privatunternehmen ein sozialistisches Schema einzubringen. Das ist, wie man hier sagt, der „Sozialismus chinesischer Prägung".

Der Besuch des zweiten Unternehmens gestaltete sich ganz anders. Der High Fashion Group mit Sitz in Hongkong ist berühmt für Seidenprodukte und Kleidung. Das Erscheinungsbild des Betriebs ist teilweise vom Okzident geprägt: westliche Gebäude, sehr helle Beleuchtungen, einfacher aber eleganter Stil - all das ähnelt vielen berühmten Unternehmen.

Seide ist nicht nur ein Produkt, sondern auch Bestandteil der chinesischen Kultur. Darum kombiniert man bei High Fashion Group auch traditionelle Seidenkultur mit dem aktuellen Zeitgeschmack und stellt Seidenprodukte mit eigenem Stil her. Zudem kann man dort auch alte Nähmaschinen sowie zusätzliche Seidenprodukte und Photos, Schmuck, Bettdecken, Polster oder ähnliches entdecken. Manche der Ausstellungsstücke stammen dabei von italienischen oder amerikanischen Designern.

Bei High Fashion Group weist nichts auf Parteiarbeit hin. Jedoch realisiert man dort mit einem neuen Verwaltungsschema den Sozialismus: durch den Schutz der Umwelt etwa. Der High Fashion Group verfügt auf einer Fläche von 13.000 Quadratmetern über die größte Solaranlage Asiens. Damit wird Wasser auf 55 Grad Celsius erwärmt und schließlich zur Gewinnung von Seide aus den Kokons der Seidenraupe verwendet.

Für die Errichtung des Systems hat das Unternehmen viel investiert, aber die Investitionen werden den Berechnungen nach innerhalb von fünf Jahren zurückfließen. Die Anlage lohnt sich also doppelt: es spart Stromkosten und der Ausstoß von Kohlendioxyd wird reduziert. Und am Wichtigsten: das System bietet eine Methode, Unternehmensentwicklung und Umweltschutz gleichzeitig zu berücksichtigen. In Zukunft plant man bei High Fashion Group nun, ein Wasserumlaufsystem zu bauen, um den Wasserverbrauch bei der Fabrikation zu verringern. Mit dem neuen System soll es gelingen, Wasser mehrmals zu verwenden.

Erstaunlicherweise werden diese Maßnahmen zum Schutz der Umwelt freiwillig erlassen. Doch als „pflichtbewusstes Unternehmen" bekommt High Fashion Group selbstverständlich Zuschüsse von der Regierung.

Es handelt sich also bei Chuanhua und High Fashion Group um zwei sehr unterschiedliche Unternehmen, doch schaffen sie es beide, die eigene Kultur mit dem Kommunismus zu kombinieren. Damit wird sowohl gesellschaftlicher Wert geschaffen als auch Gewinn erzielt. Und das beweist: Sozialismus und Wirtschaftsführung können koexistieren, zumindest in China ist dies so.

Am Ende will ich noch eine Kleinigkeit ergänzen: Karl Marx, der Begründer des Kommunismus, hatte einen Freund und Mitdenker, der ihn auch finanziell unterstützte. Es war ein wohlhabender Unternehmer namens Friedrich Engels.

Übersetzt von Zhang Yiming

Gesprochen von Zheng An

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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