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Zauberhafte Grottenkunst – Das Weltkulturerbe von Dunhuang
  2011-05-26 10:30:13  cri
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Im nordwestchinesischen Gansu, unweit der Stadt Dunhuang, befindet sich der Berg „Mingshashan". Bekannt ist dieser Ort für die unzählige Grotten, die auf einer Länge von zwei Kilometern die Felswände des östlichen Berghanges bedecken. Die hier anzutreffenden Kunstwerke der Bildhauerei hinterlassen beim Betrachter einen tiefen Eindruck. Die Rede ist von den Grottentempeln von Mogao. Ursprünglich stammt der Baustil des Grottentempels aus Südasien und entspricht einer Form des buddhistischen Tempelklosters. Genaueres hierzu weiß der stellvertretende wissenschaftliche Leiter des Forschungsinstitutes Dunhuang, Ma Jingchi, zu berichten.

„Die Bauform des Grottentempels ist von ihrer Herkunft her buddhistisch. Ursprünglich ließen sich diese Bauwerke in China nicht finden, doch mit dem Buddhismus fand auch dieser architektonische Stil seinen Weg von Indien nach China."

Der Beginn der Bauarbeiten an den Mogao-Grotten lässt sich auf das Jahr 366 unserer Zeitrechnung datieren. Im Verlauf mehrerer Jahrhunderte wuchsen Anzahl und Fläche der Grotten immer weiter an. Zur Zeit der frühen Tang-Dynastie im siebten Jahrhundert existierten bereits mehr als 1.000 Grottentempel, weshalb bald die Bezeichnung als „Tausend-Buddha-Grotten" geläufig wurde. Trotz wandelnder Geschicke und mehrfacher Zerstörungen gelten die Mogao-Grotten auch heute noch als die weltweit größte und am besten erhaltene Schatzkammer der buddhistischen Kunst. Ma Jingchi kann die Bedeutung der Mogao-Grotten mit einigen konkreten Zahlen verdeutlichen.

„Unter all den erhaltenen Grotten in China und der ganzen Welt verfügen die Mogao-Grotten über die größte inhaltliche Vielfalt. Hier lassen sich mehr als 40.000 Quadratmeter gut erhaltener Wandmalereien sowie über 2.000 Buddhastatuen antreffen. Man kann sagen, dass die Geschichte der chinesischen Kunst anhand dieser Grotten nachempfunden werden kann."

Trotz ihrer mehr als tausendjährigen Geschichte scheint es, als habe der Zahn der Zeit den Grotten kaum schaden können. Sowohl die Statuen als auch die Wandmalereien wirken äußerst lebensecht. Doch wie kommt es, dass sich diese Kunstwerke so ausgezeichnet erhalten konnten? Diesen Umstand kann uns Wu Xinhua näher erläutern. Er ist Experte am Institut für Archäologie der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften und erklärt, dass sich vornehmlich zwei Faktoren positiv auf den Zustand der Grotten ausgewirkt haben. An erster Stelle seien dabei die günstigen geologischen Bedingungen zu nennen, so Wu Xinhua.

„Die Mogao-Grotten befinden sich am Rand einer Wüste. Die jährliche Niederschlagsmenge beträgt hier weniger als 50 Millimeter. Die Trockenheit kommt dem Erhalt der Statuen und Wandmalereien sehr zugute. Zudem ist der Buddhismus in der Region tief verwurzelt. Viele der Anwohner engagieren sich freiwillig für den Schutz des buddhistischen Kulturerbes."

Im Laufe verschiedener Epochen und Dynastien entstanden unter den Händen der Künstler all die Buddhastatuen und Wandmalereien, die wir heute betrachten können.

Aufgrund ihrer Lage an der Seidenstraße, seit jeher eine Verbindung zwischen Asien und Europa, galten die Grotten von Mogao schon früh als Schmelztiegel für Kultur, Religion und Wissen aus Ost und West. In der Folge lassen sich hier auch zahlreiche Einflüsse fremder Kulturen erkennen, die Eingang in die damalige chinesische Kunst fanden. So entstand eine neue Mischform der Kunst, die reich an Stilvariationen und prächtigen Farben war.

Die Statuen sind nahezu ausnahmslos Darstellungen des Buddha in verschiedenen Körperhaltungen, Kleidungen und Ausdrucksformen. Dabei wird schnell deutlich, dass es die Besonderheiten der jeweiligen Epochen sind, die sich im Variantenreichtum der Skulpturen widerspiegeln.

He E ist selbst Bildhauerin und tief beeindruckt von den Statuen, die sie in den Grotten zu Gesicht bekommen hat. Im Vergleich zu den Künstlern vergangener Dynastien habe sie noch viel zu lernen, so He.

„In meinen Augen ist die Kunstfertigkeit der Darstellungen in Dunhuang so unermesslich wie das Meer. In ihrer Gegenwart fühle ich mich selbst wie ein einsamer Tropfen in der gewaltigen See. Mir gefallen die Statuen sehr, und ich empfinde tiefe Dankbarkeit gegenüber den Schöpfern der Mogao-Grotten."

Wie He E meint, lässt sich die Einzigartigkeit der Statuen in den Mogao-Grotten vor allem auf die großen Anstrengungen ihrer Urheber zurückführen.

„Ich denke, dass die Künstler all ihre Hoffnungen, Träume und Wünsche in ihre Arbeiten gelegt haben. Sie haben diesen Kunstwerken ihr ganzes Leben gewidmet. Anders kann ich mir die vollendete Schönheit der Statuen einfach nicht erklären."

Auch die Wandmalereien der Grotten sind sehr eindrucksvoll. Würde man alle Einzelbilder aneinanderreihen, so entstünde eine fortlaufende Bildfläche von 30 Kilometern Länge. Hier, auf den Felswänden des Mingshashans, haben zahlreiche Malstile die Zeit überdauert, die man in China sonst vergeblich sucht. Hierzu erklärt Jin Weinuo, Professor an der Chinesischen Zentralen Kunstakademie:

„Die Kunst der Wandmalereien in Dunhuang lässt sich mit derjenigen im damaligen Zentralchina vergleichen. Heute sind die Bilder aus jener Zeit mehr als selten. Doch in den Grotten von Dunhuang haben sich Malereien aus der Zeit der Nördlichen und Südlichen Dynastien sowie aus den Dynastien der Sui und Tang bis heute erhalten.

Wer sich über die Entwicklungen in der chinesischen Malerei bis zur Song-Dynastie informieren möchte, kommt daher um einen Besuch in Dunhuang nicht vorbei.

Die Motive der Wandmalereien entstammen zum überwiegenden Teil dem Buddhismus. Dominant sind Portraits verschiedener historischer Figuren, bildliche Umsetzungen buddhistischer Sutren oder Legenden aus Indien, Zentralasien und China sowie Szenen aus dem Leben historischer Persönlichkeiten. Darüber hinaus spiegeln die Bilder aber auch die Lebensweise, die Kleidung sowie die Architektur unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und Nationalitäten ihrer Zeit wider. Zudem hielten die Künstler in ihren Werken Musik, Tanz, Akrobatik und historische Ereignisse im Austausch zwischen China und der Welt fest.

Nach Auskunft Wu Xinhuas ermöglichen die Felsbilder eine genauere Erforschung der sozialen Entwicklung in China zwischen dem vierten und dem vierzehnten Jahrhundert. Folglich bezeichnet er die Bilder als eine Enzyklopädie auf Wänden.

„Aus historischen Dokumenten geht hervor, dass in Europa seit dem Mittelalter Kriegspferde mit Panzern versehen wurden. Aber auf den Wandmalereien in den Grotten von Dunhuang sind bereits gepanzerte Pferde zu sehen. Das bedeutet, dass Pferdepanzer in China früher als in Europa aufgezeichnet und möglicherweise auch erfunden wurden. Außerdem lassen sich Details aus dem Alltagsleben der damaligen Bevölkerung erkennen. Heutzutage wissen wir, dass man sich jeden Tag die Zähne putzen muss, um die Gesundheit der Mundhöhle zu gewährleisten. Eine Szene ähnlichen Inhalts lässt sich auch hier schon finden: Man sieht eine Person, die sich die Finger mit etwas anfeuchtet und ihren Mund ausspült."

Besonders erwähnenswert sind die so genannten Apsara-Figuren. Als Apsaras werden im Buddhismus fliegende Gottheiten bezeichnet, die mit Gesang, Tanz und dem Verstreuen von Blumen die Verkündung der Lehre durch Buddha begleiten. Darstellungen von Apsaras lassen sich in nahezu allen Grotten Dunhuangs finden. In ihren Händen halten sie zumeist Lotusblumen oder auch die vierseitige chinesische Laute Pipa.

Dass sie trotz fehlender Flügel graziös durch die Lüfte zu schweben vermögen, lässt sich auf die magische Kraft der bunten Bänder ihrer Kleidung zurückführen. Doch neben den Apsaras verdienen auch die übrigen Tänzerinnen mit ihren Pipa-Lauten eine genauere Betrachtung. Denn aufgrund einer besonderen Körperhaltung ist es ihnen möglich, ihre Instrumente hinter ihrem Kopf zu spielen, während sie sich im Klang der Musik zu wiegen scheinen.

Diese Wandmalereien sowie einige Legenden rund um die Seidenstraße bildeten die Grundlage für das moderne Ballettstück „Die Blumen der Seidenstraße", „Silu huayu". Mit seinen wunderschönen Tänzen und wohlklingenden Melodien rief das Stück seit seiner Uraufführung in China ein sehr breites und positives Echo hervor. Aber auch im Ausland erfreut sich das Stück einer gewissen Beliebtheit. Die Regisseurin des Stückes, Xu Qi, erklärt sich die Faszination des Stückes mit der Choreographie und den Tanzbewegungen, die als Manifestationen der traditionellen Kultur Chinas und ihrer Reize verstanden werden können.

„Alle Tanzabschnitte, die vom Publikum als besonders vollendet empfunden werden, haben eine Gemeinsamkeit: Sie verlaufen in einer S-Form. Es sind diese Bewegungen, die dem Drama zu seinem einzigartigen Charme verhelfen."

Es folgt ein Ausschnitt aus dem besagten Stück „Die Blumen der Seidenstraße", der von den Wandmalereien der Lautespielerinnen inspiriert wurde.

Fan Jinshi arbeitet als Direktorin am Forschungsinstitut Dunhuang und setzt sich seit langem für den Schutz der Mogao-Grotten ein. Ihrer Ansicht nach handelt es sich bei den Grotten um eine der seltensten Kostbarkeiten der chinesischen Kultur.

„Die Mogao-Grotten gehören zu einer der weltweit wichtigsten Stätten des Kulturerbes. Die Bauzeit ist im Vergleich zu den übrigen Grotten ungewöhnlich lang. Außerdem sind die Motive der Malereien vielfältig und enthalten umfassende Informationen. All dies sind Besonderheiten der Mogao-Grotten."

Im Jahre 1987 wurden die Grotten von Dunhuang in die Liste zum Schutz des Weltkulturerbes aufgenommen. Die zuständige Kommission der UNESCO berief sich bei ihrer Entscheidung darauf, dass die Mogao-Grotten durch ihre Statuen und Wandmalereien weltweite Bekanntheit erlangt hätten. Hier, so die Kommission weiter, ließen sich Entwicklungen in der buddhistischen Kunst über einen tausendjährigen Zeitabschnitt beobachten.

Die Regierung Chinas hat im Laufe der Zeit zahlreiche Maßnahmen zum Schutz dieses wertvollen Kulturerbes ergriffen. Zu ihnen zählt unter anderem die Errichtung des Dunhuang-Ausstellungszentrums für Kunst am Sanwei-Berg auf der gegenüberliegenden Seite der Mogao-Grotten. Zudem wurden originalgetreue Nachbildungen der Grotten erstellt. Doch bis man einen umfassenden und nachhaltigen Schutz der Grotten gewährleisten könne, sei es noch ein weiter Weg, so Fan Jinshi.

„Bisher waren wir überzeugt, dass die Grotten gut geschützt sind. Doch ein genauer Vergleich mit einem Foto aus dem Jahre 1908 zeigt, dass die Wandmalereien und Statuen erheblich an Farbkraft und Schärfe verloren haben. Das heißt nichts anderes, als das sich die Kunstwerke in einem langsamen Verfallsprozess befinden."

Aktuellen Angaben zufolge arbeitet man in China an einer digitalen Nachbildung der Grotten von Mogao. Mithilfe dieser Technik könnten Besucher eine digitale Nachbildung der Grotten besuchen und dabei die Statuen, Malereien oder Baustrukturen aus jedem beliebigen Blickwinkel betrachten. Experten weisen darauf hin, dass die digitale Rekonstruktion von Mogao nicht nur weitere Schäden an den originalen Grotten verhindern wird. Gleichzeitig würden damit auch entscheidende Impulse für die Aufzeichnung und Bewahrung des kulturellen Reichtums in Dunhuang gesetzt. Es bleibt also zu hoffen, dass die Schönheit Dunhuangs auch für zukünftige Generationen erhalten bleibt.

Übersetzt und gesprochen von Zhang Chen

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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