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Wiederaufbau einer schriftlosen Kultur - Die Qiang in Sichuan
  2011-05-05 14:28:03  cri
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Das Dorf Jina der Qiang-Nationalität liegt im Kreis Beichuan und damit genau im Epizentrum des Erdbebens von 2008. Hier hat unser Reporter eine ältere Frau angetroffen, die ihren Lebensunterhalt mit dem Verkauf von traditionellen Souvenirs bestreitet.

„Vor dem Erdbeben verdienten die jungen Dorfbewohner ihr Geld hauptsächlich durch die Arbeit in den Großstädten. Ältere Leute blieben zuhause und erledigten die Feldarbeit. Heute verrichten wir keine Feldarbeit mehr und arbeiten stattdessen im Tourismus. Der Verdienst ist besser als früher."

Bereits kurz nach dem großen Erdbeben in Wenchuan begann der Wiederaufbau. Das vollständig erneuerte Jina konnte innerhalb von nur sechs Monaten fertig gestellt werden. Außerdem hatte die Lokalregierung beschlossen, Kultur und Tourismus zur Leitbranche der regionalen Wirtschaft zu machen und der Bevölkerung damit zu neuem Wohlstand zu verhelfen. Seither lassen sich in fast jedem Haushalt des Dorfes Jinan touristische Angebote finden.

Wie uns die Dorfbewohnerin Li Xuechun mitteilt, sind die Stickereien der Qiang die beliebtesten Souvenirs. Angehörige der Qiang sind dafür bekannt, jedwede Form von Alltagsgegenständen mit Stickereien zu versehen. Diese volkstümliche Handwerkskunst hat längst Eingang in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes gefunden. Angesichts des boomenden Tourismus interessieren sich nun auch immer mehr junge Dorfbewohner dafür, die Stickerei ihres Volkes zu erlernen. Li Xuechun weiß zu berichten:

„Früher beherrschten ausschließlich ältere Leute diese Volkskunst. Nach dem Erdbeben wurden im Dorf kostenlose Stickkurse abgehalten. Inzwischen haben fast alle junge Leute bei uns diese Kunst erlernt."

Als nächstes treffen wir auf einen jungen Qiang namens Wang Xiaoyong. Er ist Anfang 20 und damit der jüngste „Shi Bi" in der Geschichte der Qiang. Mit Shi Bi werden normalerweise jene alten Männer mit hohem Ansehen bezeichnet, die die Opfer- und Feierzeremonien leiten und die Rolle eines Hexenmeisters spielen. Dass Wang Xiaoyong in seinen jungen Jahren bereits Shi Bi werden konnte, ist eine Ausnahme, die ebenfalls mit dem Erdbeben von Wenchuan zusammenhängt.

Sie hörten soeben eine von Wang Xiaoyong auf der Qiang-Flöte gespielte Melodie. Die Besonderheit dieses Blasinstrumentes liegt darin, dass der Musiker die Melodien mit einem einzigen Atemzug spielen muss. Für die meisten Menschen ist es nahezu unvorstellbar, dass die zum Teil mehrere Minuten langen Lieder ohne Atempause vorgetragen werden.

Die verheerende Naturkatastrophe 2008 hatte auch das Leben jener Menschen gefordert, die über die umfassendsten Kenntnisse in Geschichte, Kultur und Handwerk der Qiang verfügt hatten. Beispielsweise leben heute nur noch 15 Menschen, die sich auf den Bau und das Spiel der Qiang-Flöte verstehen, unter ihnen auch Wang Xiaoyong.

Die Shi Bi sind deshalb wertvoller denn je. Tan Jihe von der Akademie der Sozialwissenschaften Sichuan teilt uns mit, dass im Kreis Beichuan ein Dutzend Shi Bi als Bewahrer der Qiang-Kultur unter Schutz gestellt wurden. Außerdem wurden zum ersten Mal in der Geschichte die zentralen Elemente der Shi Bi-Kultur verschriftlicht und herausgegeben.

„Hinsichtlich des immateriellen Kulturerbes der Qiang spielt die Shi Bi-Kultur die wichtigste Rolle. Aber da die Zahl dieser Bewahrer der Kultur immer weiter sinkt, hat die Lokalregierung beim Wiederaufbau großen Wert darauf gelegt, solche Leute zu suchen oder auszubilden."

Die alten Shi Bi erhalten besondere Zuwendungen von der Regierung und werden dazu angeregt, Lehrlinge aufzunehmen. Auch Wang Xiaoyong verdankt seine Ausbildung zum Shi Bi der Unterstützung der Regierung.

„Ich habe eine Wohnung und eine Stelle im Kreisamt für Kultur und Sport zugeteilt bekommen. Um mein Leben muss ich mir keine Sorgen machen und kann mich daher ganz dem Erlernen der Shi Bi-Kultur widmen."

Doch das Studium der jahrtausendealten Kultur ist für Wang Xiaoyong keine leichte Aufgabe.

„Die Shi Bi-Kultur ist inhaltlich sehr umfangreich. Ein großer Teil der kanonischen Texte sind mir unverständlich, denn sie werden in einer uralten Form der Qiang-Sprache rezitiert. Mein Lehrer liest schnell, und oft dauert der Unterricht bis tief in die Nacht. Jeden Tag schlafe ich erst gegen zwei oder drei Uhr morgens ein."

Doch ungeachtet all der Mühen lernt Wang Xiaoyong auch weiterhin fleißig die Kultur der Shi Bi und hofft darauf, die Kultur seiner Vorfahren auch in der Außenwelt bekannt machen zu können.

Übersetzt und gesprochen von Xiao Lan

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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