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Selten wie Pandas – Eishockey-Spieler in China
  2011-04-08 10:34:26  cri
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In punkto Sport interessieren sich die Chinesen vor allem für Basketball und Tischtennis. Ebenfalls hoch im Kurs stehen die Olympischen Spiele und die Fußball-Weltmeisterschaft. Doch wie sieht es eigentlich mit Wintersportarten wie Eishockey aus? Zumindest in Beijing hat sich das äußerst schnelle und kampfbetonte Spiel auf Kufen inzwischen fest als Wintersportart etabliert. Ray Plummer ist der Chef der Eishockey-Liga in Beijing. Sich und seine Mitstreiter bezeichnet der Kanadier als absolute Exoten:

„Ich werde oft gefragt, ob Eishockey in China populär ist. Die beste Antwort, die ich je gehört habe, ist, dass es in China mehr Pandas gibt als Eishockey-Spieler. Dem Internationalen Eishockey-Verband (IHF) zufolge gibt es in China mit seinen 1,3 Milliarden Einwohnern momentan lediglich einige hundert registrierte Eishockey-Spieler. Wir sind also eine seltene Spezies."

Noch bilden die Hockey-Fans in China eine Randgruppe. Auf ihre Leidenschaft verzichten wollen sie aber auf gar keinen Fall. Wie viele andere seiner Landsleute hat auch Plummer Eishockey im Blut. Bereits im zarten Alter von vier Jahren stand Beijings heutiger Hockey-Kommissar erstmals auf dem Eis. Nicht weiter überraschend also, dass Plummer nach seiner Ankunft in Beijing 1995 sich als erstes nach Hockey-Freaks umsah, mit denen zusammen er seiner Leidenschaft frönen konnte:

„Im Jahr 1995 waren wir zehn bis fünfzehn Kanadier, einige Russen und einige Schweden, die hier Eishockey gespielt haben. Wir kamen jeweils am Sonntagmorgen zu einem Plauschspiel gegen Chinesen zusammen. Inzwischen sind wir über hundert Spieler. 60 aus Kanada, einige Amerikaner, Russen und Schweden. Wir alle spielen in einer großen Freundschafts-Liga."

In den sechs Beijinger Teams sind alle möglichen Leute vertreten – vom Englischlehrer über Diplomaten bis hin zu Ärzten, Unternehmern und Bauarbeitern. Die Liebe zum Eishockey-Sport würde sie verbinden, sagt Plummer.

Der älteste Spieler ist 60, der jüngste siebzehn. Entsprechend unterschiedlich ist auch ihr Spielniveau. Im Gegensatz zu den NHL-Cracks würden sich die Spieler in seiner Liga aber stets ans Fairplay halten, so Plummer:

„Nun, Eishockey steht im Verruf ein wenig brutal zu sein… In unserer Liga spielen ausschließlich Berufstätige. Wir sind zum Arbeiten hier. Keiner von der Beijing International Ice Hockey League wird es in die NHL schaffen. Daher steht bei uns ganz klar der Spaß im Vordergrund. Einmal im Jahr geht es manchmal etwas hitziger zu und her. Zehn Minuten später ist aber alles schon wieder vergessen und die Beteiligten trinken nach dem Spiel zusammen ein Bier."

Eine der größten Herausforderungen von Eishockey-Kommissar Plummer ist es, für seine Spieler die richtige Ausrüstung zu finden. Eishockey-Schläger und Ellbogenpolster sind sehr teuer – vorausgesetzt, man findet sie in Beijing überhaupt. Laut Plummer ist es aber kurioserweise gerade der Kostenfaktor, der das Eishockey für viele Chinesen interessant macht:

„Selbst in Beijing ist Eishockey ein sehr teurer Sport. Auch die Ausrüstung ist teuer. Viele wohlhabende Chinesen betrachten das Eishockey als Sport, durch den sich ihre Kinder von den anderen Kindern abheben können. So nach dem Motto „Seht her, mein Kind spielt Eishockey". Die Ausländer aber, von denen die meisten nur kurz hier sind, wollen ihre Eishockey-Fähigkeiten nicht verlieren."

Im Jahr 1998 gründeten Plummer und einige seiner Freunde den Imperial Guard Hockey Club, um mehr Chinesen für den Hockey-Sport zu begeistern. Mark Simon aus Montreal ist der Vizepräsident und einer der Club eigenen Trainer. Simon kam vor vier Jahren nach Beijing, um Englisch zu unterrichten. Dass sein Leben in der chinesischen Hauptstadt schon bald vom Eishockey bestimmt werden würde, ahnte er damals noch nicht:

„Das erste, an das ich am Morgen nach dem Aufwachen denke, ist Eishockey. Natürlich ist es befriedigend zu sehen, wie sich chinesische Kinder entwickeln und zu uns heraufschauen, besonders weil wir der einzige Club sind, der westliche Trainer hat. Die Tatsache, dass wir in Englisch unterrichten, hilft uns wachsen. Viele der chinesischen Eltern finden die Anweisungen auf Englisch sehr verlockend. Daher läuft es uns eigentlich sehr gut. Wir haben jedes Jahr einige chinesische Kinder mehr, was natürlich toll ist."

Die meisten der Kinder im Imperial Guard Hockey Club sind noch nicht im Oberschulalter. Laut Simon liegt der Grund für dieses Phänomen darin, dass der dichte Stundenplan an Chinas Oberschulen nicht viel Platz für Freizeitaktivitäten lässt. Eine Ausnahme ist der 23-jährige Meng You aus Beijing. Sein Vater hat ihn als Kind zum Eishockey spielen ermutigt:

„Ich mag Eishockey wegen seinem Tempo und den Fähigkeiten, die es erfordert. Eishockey ist ein wirklicher Männersport."

Der Traum von Meng You ist es, eines Tages Kindern Eishockey beizubringen, damit die chinesischen Teams international wettbewerbsfähig werden.

Wie Mark Simon stammt auch Scott Laprise aus dem kanadischen Montreal. In China würden sich nicht nur Männer für Eishockey interessieren, sondern zunehmend auch Frauen. In der Provinz Liaoning im Nordosten des Landes habe er schon 13- bis 17-Jährige für die Frauennationalmannschaft trainiert, sagt Laprise:

„Chinas Frauen sind die Nummer vier der Welt. An den Olympischen Spielen in Nagano wurden sie vierte. Die chinesischen Männer haben sich noch nie für Olympia qualifiziert. Das ist der Grund, warum ich mich entschieden habe, sie zu trainieren. Allerdings gibt es in China nur rund 60 Frauen, die Eishockey spielen. Es ist sehr punktuell. Die Frauen hoffen zu reisen oder spekulieren auf eine gratis Ausbildung, wenn sie es ins Nationalteam schaffen."

Doch inwiefern unterscheidet sich das Eishockey in Beijing vom Eishockey an anderen Orten? Einer, der es wissen muss, ist Thomas McCabe aus Ottawa. Wie Mark Simon arbeitet McCabe als Trainer am Beijinger Imperial Guard Hockey Club. Der Eishockey-Sport in der chinesischen Hauptstadt bringe Leute und Kulturen aus aller Welt zusammen, so der gebürtige Kanadier:

„Wissen Sie, es ist wie mit vielen anderen Dingen in Beijing. Hier ist es einfach ein wenig anders. Ich denke, für uns alle ist es sehr wichtig. Es ist wie ein Stück Heimat und eine Gelegenheit, mit den Jungs jede Woche zusammenzukommen und ein wenig Spaß zu haben. Es ist einfach toll."

Im Moment entwickelt sich die Eishockey-Szene in Beijing noch relativ langsam. Dies dürfte sich jedoch schon in einigen Jahren ändern. Denn Plummer und seine Beijing International Ice Hockey League wollen nichts anderes, als eine neue Generation von chinesischen Jugendlichen heranzuziehen, die den Puck genauso liebt wie die „Beijing Duck".

Übersetzt von Simon Gisler

Gesprochen von Xi Jing 

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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