Die hohen Warenpreise sind ein viel diskutiertes Thema unter der chinesischen Bevölkerung. Laut der chinesischen Zentralbank ist eine neue Orientierung der Finanzverwaltung der Chinesen aufgetreten: Die Spareinlagen sind durch Investitionen ersetzt worden. Ist das unter den gegebenen Umständen nur ein Notbehelf oder ein weiser Weg zur Finanzverwaltung? Laut jüngsten Statistiken der chinesischen Zentralbank wollen gegenwärtig 45,2 Prozent der Stadtbürger mehr in Aktien und Fonds investieren. Nur 37,6 Prozent bleiben beim traditionellen Sparen.
China ist ein alter Staat mit einer tausende Jahre alten Kultur. Es überrascht demnach nicht, dass Kunstwerke und Antiquitäten, Kalligraphien und Gemälde Hauptgegenstände der Investitionen sind. Statistiken zufolge war der Handel von Kunstwerken in den letzten fünf Jahren sogar aktiver als Finanzanlagen. Chinas Kunstmarkt konnte also trotz Finanzkrise gedeihen.
Die Werke von Studenten der chinesischen Kunsthochschulen sind auch bei der bekannten China Guardian Auctions Co. Ltd. versteigert worden. Die Preise solcher Kunstwerke sind ganz unterschiedlich, von 300 Yuan bis viele tausend Yuan. Heute investieren nicht mehr nur Sammler in Kunstwerke sondern auch immer mehr normale chinesische Bürger.
In Liulichang in Beijing findet man zahlreiche ausgezeichnete Kunstwerke. Herr Ma, ein Vertreter der Yanjing-Firma für Kalligraphien und Gemälde in Liulichang, erzählt uns über den Investitionsfieber.
Journalist: Kann man einfach so in Kalligraphien und Gemälde investieren?
M: Natürlich! Jetzt haben sehr viele Leute gekauft! Kohlenunternehmer in der Provinz Shanxi haben ihre Geschäfte aufgegeben, und Immobilien- und Aktienhändler sind auch daran beteiligt. Allerdings braucht man ausreichend Sachverstand.
Herr Ma nimmt ein Werk des bekannten modernen Kalligraphen Liu Bingsen als Beispiel für das enorme Aufwertungspotential.
„Ich sag's mal so: Wenn wir dieses Werk in den 1980er Jahren verkauft hätten, hätte es 15 Yuan gekostet. Jetzt ist der Preis auf 20.000 bis 30.000 Yuan gestiegen."
Innerhalb von nicht einmal 30 Jahren ist der Preis von 15 auf 20- bis 30.000 Yuan gestiegen. Gerade wegen der hohen Profite, des enormen Investitionspotentials und der Inflationsbeständigkeit werden Investitionen ins Kunstgewerbe immer beliebter.
Neben den Kunstwerken sind auch Jade, Rotholz-Möbel, Tee, Schnaps und Wein sehr beliebt. Sie haben beispiellose Versteigerungspreise erzielt. Tatsächlich gelten in China Kunstwerke zusammen mit Aktien und Immobilien als die drei wichtigsten Investitionsgegenstände. Die Investitionen dafür sind Jahr für Jahr gestiegen. Auch auf dem Immobilienmarkt sind die Preise extrem gestiegen. Wer früh Wohnungen gekauft hat, hat einen Riesen-Profit machen können. Aber für die meisten chinesischen Bürger bleibt der Kauf einer Wohnung ein unrealisierbarer Traum. So wenden sich viele wieder an die Aktienbörse. Die chinesische Aktienbörse hat bereits eine Geschichte von 20 Jahren. Mittlerweile liegt der Börsenwert der A-Aktienanteile weltweit auf dem 2. Platz. Zhang Guojiang, ein Ökonom der Sinolink Securities Stock Company Ltd., spricht von einem Wunder in der Weltfinanzgeschichte. Mit dem allmählichen Ausbau des Kapitalmarkts gebe es auch immer mehr Investitionswege für die Chinesen.
„Neben A- und B-Aktien gibt es auch den Growth Enterprises Market. Dort können die chinesischen Bürger investieren."
Während der zweiten Jahreshälfte 2010 ist der Goldpreis immer weiter gestiegen, was die Investorenleidenschaft wieder geweckt hat. Banken, Fonds und Goldgesellschaften sind auf den Zug aufgesprungen. Gerade der Handel mit sogenanntem „Papiergold" lief sehr gut. Dafür gibt es keine Zugangsschwelle und Gold ist die häufigste Investitionsalternative der Chinesen. Auch Frau Peng, eine Beamtin aus Beijing, hat Gold gekauft:
„Normalerweise habe ich während der Arbeit keine Zeit, die Aktienkurse zu verfolgen. Allerdings sind jetzt die Warenpreise immer weiter gestiegen. Harte Währung ist stabil. So habe ich „Papiergold" gekauft. Ich strebe nicht nach Aufwertung, ich hoffe nur, dass das Eigentum meiner Familie nicht abgewertet wird."
Um zirka 23 Uhr am 21. Dezember 2010 stand Frau Peng in der Schlange an einer Tankstelle, um ihr Auto zu betanken. Ab 0 Uhr sollte der Benzinpreis zum dritten Mal in diesem Jahr erhöht werden. Wer vor der Preiserhöhung tankte, konnte zirka zehn Yuan RMB sparen. Frau Peng war's das wert.
Übersetzt von Zhu Qing'an
Gesprochen von Xi Jing