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Sportschulalltag hinter den Kulissen
  2011-02-09 09:42:15  cri
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Anmutige Figuren, umwerfende Drehungen und Spiralen sowie das wahnsinnig leise Eintauchen ins Wasser, all das zeichnet chinesische Turmspringer bei Wettkämpfen aus. Aber hinter den Champions befindet sich ein teures Reserveteam, das verhältnismäßig unbekannt ist.

Es ist 6.30 Uhr an einem Wintermorgen. Studenten der Sichuaner Sportakademie im Südwesten Chinas haben ihren Tag mit Routinetraining vor dem Sonnenaufgang begonnen. Mit dicken Jacken joggen sie um das Spielfeld.

Zhang Yuqi ist einer der Teenager-Studenten. Er sagt, dass er nicht früh aufstehen möchte, jedoch keine Wahl hat. Denn ohne Fleiß kein Preis:

 „Was bedeutet der Begriff Sieger für Dich?"

„Es ist eine Ehre, die höchste Ehre."

„Was bedeutet es, wenn Du Sieger wirst?"

„Das bedeutet eine Zukunft."

„Welche Art von Zukunft?"

„Eine bessere Zukunft. Es wird dann bessere Jobangebote geben. Ich muss keine Schule mehr besuchen. Alles wird gut, wenn Du gut springst und den Wettkampf meisterst."

Nahezu jede Provinz in China hat ihre eigene Sportakademie. Die meisten Schüler werden ausgewählt, weil sie sich bereits in jungen Jahren für bestimmte Aktivitäten interessieren. Kunstspringen zum Beispiel. Die meisten beginnen damit, sich im Wasser zu vergnügen, was schnell vom Hobby zur Karriere werden kann.

Liu Yingquanguang ist ein zwölf Jahre alter Kunstspringer, der für sechs Jahre an einer Sportakademie war. Er trainiert in einer Sporthalle voller Sprungbretter, Trampoline und Matratzen:

„Wie sieht ein gewöhnlicher Trainingstag bei Dir aus?"

„Ich trainiere, dann schlafe ich und dann trainiere ich."

Der neunjährige Miao Yulin ist der jüngste im Sichuaner Kunstsprungteam. Er verbringt täglich zehn Stunden mit Training, davon zwei Stunden im Freien, vier Stunden in der Sporthalle und weitere vier Stunden im Becken.

„Magst Du Kunstspringen?"

„Nein, ich mag es nicht."

„Nein? Aber wer hat dann entschieden, dass Du hier her kommst und Kunstspringen erlernst?"

„Meine Eltern."

„Warum haben sie Dich hier her geschickt?"

„Ich weiß es nicht."

„Du weißt es nicht?"

„Ich weiß es nicht."

Yang Qiang ist bereits seit langem Trainer an der Sichuaner Sportakademie. Die „Queen" unter den chinesischen Kunstspringern, Gao Min, befand sich unter seinen Schülern. Sie gewann Goldmedaillen bei zwei Olympischen Spielen. Das macht Yang sehr stolz. Er ist bekannt dafür, sehr strikt zu sein und keine Fehler zu tolerieren. Yang nimmt an, dass es eines Tages einen anderen Athleten geben wird, der noch besser ist als Gao Min:

„Wie gewinnst Du neue Mitglieder für das Team?"

„Ich habe Anforderungen. Ich habe Anforderungen im Hinblick auf jeden Aspekt, wie etwa die Spiralenhöhe, die Muskelstärke und das Gefühl für die Bewegung in der Luft. Die, die diese Anforderungen erfüllen, können es schaffen. Die, die sie nicht erfüllen, werden scheitern."

„Die Konkurrenz ist stark."

„Sie ist stark, sehr stark. Sie müssen jeden Tag hart trainieren. Das Hauptanliegen ist das Gewinnen von Medaillen für den Staat. Ohne das Gewinnen einer Medaille verbleibt keiner in diesem Job."

„Ist das Streben nach Medaillen nicht gefährlich, weil es die Kinder lediglich in Bezug auf Ruhm enthusiastisch macht?"

„Es gibt kein Problem mit Ruhm. Die Realität ist stets gegeben. Der Gewinner bleibt Gewinner, während ein Verlierer niemals gut genug ist. Die Kinder kommen, um zu gewinnen. Wenn sie das nicht tun, was ist dann der Sinn, weshalb sie hier sind?"

In China gibt es mehr als 20.000 registrierte Athleten. Der typische Karriereweg verhält sich wie folgt. Anfänglich, im Alter von fünf Jahren, besuchen die Kinder eine vorbereitende Sportschule. Danach, falls so entschieden, besuchen sie Sportakademien auf Provinzebene. Im Alter von 15 können sie die Provinz in landesweiten Wettkämpfen vertreten. Die besten werden dann in das Nationalteam geholt.

Ihre täglichen Lebenshaltungskosten, die medizinische Versorgung sowie die Trainingskosten werden allesamt durch den Staat übernommen.

Zhang Rongwei ist Direktor der Sichuaner Sportakademie. Er schätzt, dass es etwa 13.000 US-Dollar benötigt, einen professionellen Athleten zu trainieren:

„Es sind mindestens 70.000 Yuan jährlich pro Person, einschließlich täglicher Ausgaben, Kosten für den Verkehr und der Trainingsgebühren."

Damit es jeden Penny wert ist, gibt es zwei verschiedene Kantinenräume an der Sichuaner Sportakademie. Einer ist ausgefallener mit einem größeren Speiseangebot. Er ist für die Schüler, die eine bestimmte Punktzahl erreicht haben. Der andere entspricht einer gewöhnlichen Kantine, für diejenigen, die die Kriterien nicht erfüllt haben.

Liu Yingquangang befindet sich im zweiten Team:

„Ich bekomme genug zu essen, aber gut zu essen wäre etwas anderes."

Die Kunstspringerin Wei Siyuan hat ein anderes Problem. Die chinesische Meisterin befindet sich in der Pubertät. Wenn sie ihren Babyspeck nicht loswird, kann das das Ende ihrer Karriere bedeuten. Also muss sie sich etwas einfallen lassen:

„Du trägst eine Zahnspange. Warum?"

„Es gibt zwei Gründe dafür. Zum einen, um meine Zähne wieder in ihre korrekte Stellung zu bringen, und zum anderen, um abzunehmen."

„Wie kann es helfen, eine Zahnspange zu tragen, wenn man abnehmen möchte?"

„Es macht es schwer zu essen. Wenn ich weiterhin zunehme, werde ich nicht springen können. Das bedeutet, dass ich den Sport nicht weiter ausüben kann."

Als Sportschulstudent auserwählt zu werden, um sein Land zu repräsentieren, ist eine große Ehre. Das schaffen jedoch nur die wenigsten. Aus vielerlei Gründen gibt die Mehrzahl bereits auf, bevor sie ihr Ziel erreicht hat. 3.000 bis 6.000 Athleten setzen sich in China jährlich zur Ruhe. Aber da sie durch das Training ihre reguläre Ausbildung verpassen, haben 40 Prozent Schwierigkeiten, einen Job zu finden.

Zhou Xiaoyuan musste in diesem Jahr ihre Sportkarriere frühzeitig aufgeben. Sie ist noch keine 18 Jahre alt. Es ist schwierig für sie, einen Job zu finden oder ihre Schulaufgaben erneut aufzunehmen:

„Die Menschen sehen nur den Ruhm, den ihnen ein olympischer Sieg, also ein weltweiter Sieg, bringt. Sie sehen nicht, was sich tatsächlich für eine harte Arbeit dahinter verbirgt. Hinter jedem Sieger sind zahlreiche Athleten, die denselben Preis bezahlen, aber denen es nicht gelingt, eine Medaille zu erlangen."

Die verschiedenen Probleme, mit denen viele Studenten der Akademie konfrontiert sind, haben Direktor Zhang Rongwei über das System nachdenken lassen. Er sagt, dass es besser wird:

„Ich denke, dass es das wichtigste ist, unsere Schüler so auszubilden, dass sie der Gesellschaft etwas nützen. An allererster Stelle sollten wir sie in der Zeit, in der sie als Athleten dem Land dienen, weder ihre schulische Ausbildung versäumen noch ihre übergreifenden Fähigkeiten vernachlässigen lassen. Ein zweiter wichtiger Punkt ist, dass wir uns mehr Gedanken über ihre Zukunft, nachdem sie sich vom Leistungssport zur Ruhe gesetzt haben, Gedanken machen sollten."

Zhang hofft, dass die Athleten ihre Entscheidung, den Sport als Karriere zu wählen, weder während ihrer Schulzeit noch nach ihrem Rücktritt bereuen.

Übersetzt und Gesprochen von Silvia Palm

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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