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Schriftzeichen - Der Schlüssel zur chinesischen Zivilisation
  2011-01-28 16:12:40  cri
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Liebe Hörer, eben haben wir Ihnen über die Einführung der vereinfachten Schriftzeichen auf dem chinesischen Festland erzählt. Mittlerweile studieren und arbeiten immer mehr Ausländer in China. Viele davon sind mit den chinesischen Schriftzeichen schon sehr vertraut. Haben Sie vielleicht etwas Interessantes beim Lernen der Schriftzeichen erlebt? Oder welche Eindrücke haben Sie von den chinesischen Schriftzeichen? In den folgenden Minuten wird mein Kollege von der Deutschen Redaktion von Radio China International, Christoph Limbrunner aus Deutschland, mehr darüber erzählen:

Der italienische Journalist Edoardo Fazzioli bezeichnet sie in seinem gleichnamigen Buch als „gemalte Wörter"; die schwedische Sinologin, Schriftstellerin und Fotografin Cecilia Lindqvist nennt China in ihrem Werk gar „eine Welt aus Zeichen"; und Kai Strittmatter, der frühere Korrespondent der „Süddeutschen Zeitung" in Beijing, schreibt in seiner „Gebrauchsanweisung für China", sie würden mehr erzählen als ihnen das Lexikon an Wortsinn zugesteht und ermöglichten eine Vertrautheit mit dem eigenen Altertum, die uns unvorstellbar ist. (S. 16/ 17) .

Recht haben sie natürlich alle drei, doch von was genau schwärmen denn die drei China-Kenner da so begeistert? Richtig, Sie haben es sicher schon erraten: die drei schwärmen von den chinesischen Schriftzeichen! Und auch die Grundidee hinter ihren Aussagen stimmt: die Schriftzeichen sind der „Schlüssel zur chinesischen Zivilisation" - ein ästhetischer, künstlerischer und oft rätselhafter Schlüssel!

Diese Attraktivität, dieser Zauber, diese Anziehungskraft, die chinesische Schriftzeichen ausstrahlen, waren mit ein Hauptgrund, warum ich mich damals dazu entschlossen habe, ein Studium in dieser Richtung anzugehen. Dabei lernte ich sehr bald, dass es ein mühsamer Weg werden würde, dieses Beschäftigen mit chinesischen Schriftzeichen. Aber zugleich ein lohnender: nicht nur öffnen sie die Tür zur chinesischen Zivilisation, zu einem besseren Verständnis von Geschichte, Kultur und natürlich auch der Menschen; nein, chinesische Schriftzeichen bilden auch eine Brücke in die Vergangenheit. Zurück sogar bis in die Zeit, in der vor 3.000 Jahren die ersten Zeichen in Schildkrötenpanzer eingeritzt wurden.

Später dienten Knochen, Steine, Metall, Bambus oder schließlich Papier als Träger und Schreibunterlage, aber eines blieb erhalten: worin oder worauf auch immer chinesische Schriftzeichen verewigt wurden, sie vermitteln bis heute ein System, ein System von sichtbaren Zeichen und Symbolen. Und obwohl die Schriftzeichen im Laufe der Jahrtausende weiterentwickelt wurden – als Beispiele allein für den unterschiedlichen Schreibstil dienen Bronzeinschrift, Größere Siegelschrift, Kleinere Siegelschrift, Kanzleischrift, Grasschrift, Kursivschrift und Regelschrift – strahlen sie bis heute eine gewisse Anmut und Grazie aus.

Dabei ist unklar, wie sie einst entstanden sind; allein dass die Orakelknochenschrift an die 3.000 Jahre alt ist, das ist allgemein anerkannt. Womit ein weiteres Faszinosum auftritt: gleichwohl wurden die Schriftzeichen über die Jahrtausende weiterentwickelt, abgeändert oder es wurden neue hinzugefügt. Doch ist es trotzdem immer noch möglich, Texte, die zwei oder knapp drei tausend Jahre alt sind, mit etwas Zeit und guten Willen zu lesen. Dies ermöglicht einen unmittelbaren Blick in die Vergangenheit, in die Geschichte Chinas und in die Entwicklung der Menschen und der Kultur in diesem Land – und stellt somit einen unglaublichen Schatz dar!

Und Schriftzeichen verbinden auch: zwar gibt es in China verschiedene Dialekte, so dass Menschen in Guangzhou einen vorgetragenen Text im Beijinger Dialekt nur schwer oder gar nicht verstehen. Die Schriftzeichen aber sind in ganz Festlandchina die gleichen: kann man sie lesen, findet man im ganzen Land Kontakt und Anschluß.

Nun ist es sicherlich schwierig, im Rundfunk die Schönheit von etwas zu beschreiben, das vom Auge gestreichelt und geküßt werden muß; daher an dieser Stelle vielleicht eine Umschreibung mit Beispielen. Das Zeichen für „Frau" etwa, verbunden mit dem für „Kind" bedeutet… „gut". Und ganz genau das ist es auch, was mit der reinen Zeichenkombinationen dargestellt wird: eine Frau und ein Kind deuten auf Familie hin, auf Nachwuchs, auf ein gutes Leben. Das Zeichen „明/ming2" besteht aus den Elementen für „Mond" und „Sonne" - und bedeutet „hell", „leuchtend" oder „klar". Ganz einfach und einleuchtend ist auch „口/kou3"; es bedeutet „Mund" oder „Öffnung" und ist als Quadrat, ganz wie eine Öffnung eben, dargestellt. Die Herkunft des Zeichens für „Geld" ist auch eine Erwähnung wert: das ursprüngliche Schriftzeichen zeigt, wie zwei Speere etwas Gold in Stücke brechen! Oder das Schriftzeichen für „Berg": es zeigt eine Bergkette mit drei daraus herausragenden Gipfeln - und besteht dabei aus nur drei Strichen!

Es muss natürlich schon erwähnt werden, dass nicht alle chinesischen Schriftzeichen so einfach zu erlernen sind und gleich vom Auge in den Verstand und auf die Zungenspitze springen. Über 50.000 dieser Zeichen soll es geben, manche sagen sogar, es seien 57.000. Doch schon etwa 3.000 reichen, um 99 Prozent der Texte in Zeitungen und normalen Publikationen zu lesen. Das klingt viel, sicher, aber es ist machbar. Es verlangt aber vor allem ständiges Wiederholen, viel Willen und auch viel Zeit und Einsatz. Das Erlernen von chinesischen Schriftzeichen ist eine Form des sich selber disziplinieren, gerade wenn man als Nichtchinese nach der Schulzeit damit beginnt. Ich muss zugestehen, dass dies nicht immer gelingt, dieses sich selbstdisziplinieren. Aber es lohnt sich, wie ein weiteres Beispiel zeigt: „美/mei3", das Zeichen für „schön" oder „hübsch". Es besteht aus zwei Komponenten: der für „groß", womit auch eine Person gemeint ist, die groß geworden ist; und der für „Schaf". Das Schaf gilt in China als friedliebendes Tier und wird deshalb für diese Wesensart verehrt. Eine Person also, die erwachsen geworden ist und charakterlich die Güte und Sanftheit eines Schaafs besitzt, gilt als „schön" und „begehrenswert" - „美/mei3" eben.

Text: Christoph Limbrunner

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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