Am Huishan- Berg in der Stadt Wuxi liegt ein mehr als 1200 Jahre alter Tempelkomplex. Die Dachfirstskulpturen der Ahnentempel ziehen jegliche Aufmerksamkeit auf sich und sind zu einem neuen Aushängeschild der Altgemeinde Huishan geworden.

Die Altgemeinde Huishan erinnert Touristen ein wenig an die typisch bildhaften Wasserdörfer in den beiden chinesischen Provinzen Zhejiang und Jiangsu südlich des Yangtse- Flusses. Sämtliche Häuser befinden sich am grünen Wasser. Weidenzweige am Fluss wehen im Wind. An beiden Seiten des Flusses befinden sich alte Wohnhäuser und Ahnentempel. Spaziert man am Fluss entlang, so hat man das Gefühl, als ob die Zeit zurück gedreht sei. Und lässt man seinen Blick während des Spaziergangs zufällig nach oben wandern, kann man so einiges entdecken.

Die Dächer zeigen seit jeher den klassischen Baustil der beiden Provinzen Jiangsu und Zhejiang am besten. Die schwarzen Dachfirste haben einfache aber schöne Konturen. Am erstaunlichsten sind die zahllos feinen Skulpturen auf den Dachfirsten. Zahlreiche Touristen sind bei der Besichtigung des Tempelkomplexes besonders von dem Design der Dachfirste angetan.

Xiaozhang beispielsweise ist ein Student aus Chongqing. Auch er ist von den Dachfirsten beeindruckt. Er konnte nicht aufhören, die atemberaubend schönen Dachfirste zu fotografieren.

,,Die Skulptur ist raffiniert. Sie hat sehr feine Konturen und einen typisch klassischen Stil."

Song Qixin ist ein Experte in der Gartenplanung und arbeitet seit Jahrzehnten im Büro für den Schutz der Altgemeinde Huishan. Er ist mit jedem Bauwerk in der Altgemeinde bestens vertraut. Die Dachfirstgestaltung der Altbauten stelle die einzigartige Kultur Chinas dar, so Song.

,,Diese Dachfirstgestaltung sieht man häufig auf den Dächern der chinesischen Altbauten. Ursprünglich diente sie dazu, die Ziegel und die beiden Spitzen der Flügel zu befestigen."

Die alten chinesischen Gebäude bestehen zumeist aus Lehm und Holz. Die hölzernen Dächer sind von Ziegeln bedeckt. Der sich am vorderen Ende der Dachecke befindliche Ziegel trägt die Schubkraft aus seinen hinteren Ziegeln und würde ohne Schutzmaßnahme im starken Wind leicht hinunter fallen. Deswegen hat man diesen Ziegel ganz am Anfang mit Ziegelnägeln befestigt. Im Laufe der Zeit hat man die Nägel stetig verschönert und dabei allmählich verschiedene Figuren entworfen. Jetzt dienen sie also auch als Dekoration. Mit dem Aufkommen der Dachfirstgestaltung ist die ursprüngliche bauästhetische Idee schon zum damaligen Zeitpunkt in China entstanden, erklärte Herr Song:

,,Für die antike Dachfirstgestaltung gibt es bestimmte Regeln. Diese Regeln galt es beim Bau der Dachfirste zu beachten. Zum Beispiel durfte man die Drachenfigur nur bei Kaiserpalästen verwenden. Je nach Rang der Beamten konnte man Qilin, das chinesische Einhorn, und den Hirsch als gestaltende Mittel zum Einsatz bringen. Die einfachen Bürger konnten ihren Dachfirst mit Figuren wie etwa dem Kranich, dem Fisch und der Mandarinente Yuanyang bestücken."

Vertikal zum Hauptdachfirst liegen beiderseitig mehrere Nebenfirste, auf denen in der Regel Tierfiguren, die so genannten rennenden Tiere, stehen. Es gibt bis zu zehn rennende Tiere auf einem Dach, darunter vor allem der Drachen, der Phoenix und der Löwe. Jede Tierfigur hat ihre eigene Bedeutung. Der Drachen kann laut Sage die Wolken in Bewegung versetzen und Regenwetter verursachen. Er symbolisiert die Kaisermacht. Der Phoenix, König aller Vögel, ist ein Zeichen für Glück. Der Löwe steht für Ehrfurcht und Würde. Je höher der Rang des Hausbesitzers, desto mehr Tierfiguren wurden angebracht. In China wurde lediglich die Halle der Höchsten Harmonie des Beijinger Kaiserpalastes, Taihedian, mit zehn rennenden Tieren bestückt, was die allerhöchste Kaisermacht symbolisiert.

Mit diesen Grundkenntnissen gehen wir zurück zu den Ahnentempeln der Altgemeinde Huishan. Wie zu erfahren ist, gibt es in Huishan insgesamt 118 Ahnentempel. Eigentlich waren die meisten Dachfirste mit Figuren geschmückt. Bedauerlicherweise nahmen einige davon altersbedingt oder aus anderen Gründen Schaden. Aus diesem Grund wurde bei der Restaurierung dieser Ahnentempel die Wiederherstellung der früheren Dachfirste in den Vordergrund gerückt. Dazu erklärte Song Qixin:

,,Bei der Restaurierung der Tempel haben wir entsprechend der Stellung und Identität des Besitzers unterschiedliche Gestaltungen gewählt. Die wieder hergestellten Elemente basieren einerseits auf Bildern und schriftlichem Material, andererseits auf alten Fotos lokaler Ansässiger. So ist die Dachfirstgestaltung erneut zustande gekommen."

Bei der Besichtigung ist die Dekoration eines Bauwerkes besonders interessant. In der Mitte des Hauptdachfirstes stehen drei kleine Statuen. Wenn man sie genauer anschaut, erkennt man, dass es sich um drei Beamte handelt. Das Haus stellt die kaiserliche Audienzhalle Jichangyuan dar. Song Qixin erzählt:

,,In der Qing- Dynastie besuchten die beiden Kaiser Kangxi und Qianlong insgesamt sieben Mal die Stadt Wuxi. Hier wurden die Kaiser von den lokalen Beamten begrüßt und untergebracht. In der Mitte des Hauptdachfirstes stehen drei Beamte. An den beiden Seiten befinden sich zwei Phönixe. Zur Sonne hin gerichtet stehen die Phönixe auf dem Dachfirst für eine feierliche Ankunft des Kaisers. Mittels dieser Gestaltung kommen die Funktion und Stellung des Hauses zum Ausdruck."

Bei der Gestaltung der Huishaner Ahnentempel werden jedoch bei weitem nicht nur Tierfiguren, sondern auch Blumen und Pflanzen verwendet. Im Laufe der Restaurierungs- und Schutzarbeit werden in Zukunft sicher noch vielfältigere Dachfirstdekorationen bei den Ahnentempeln zum Einsatz kommen.

Übersetzt von: Liu Yuanyuan

Gesprochen von: Xiao Lan