Zeitig am Morgen geht es am Donnerstag von Wenzhou auch schon wieder weiter - und zum ersten Mal während unserer Reise zeigt sich der Wettergott von Zhejiang nicht von seiner besten Seite. In der Nacht hat es geregnet, und die Wolken hängen tief über dem Fluss direkt vor unserem Hotel. Hat gestern jemand beim Festbankett mit lokalen Spitzenbeamten nicht alles aufgegessen? Angesichts der gigantischen Menge an aufgetischten Köstlichkeiten wäre das kein Wunder!

Von solchen Widrigkeiten lässt sich unser Busfahrer natürlich nicht aufhalten, und so erreichen wir nach knapp über drei Stunden den Landkreis Beilun. Dort steht heute ein Leckerbissen für Musikliebhaber auf dem Programm. Zuvor jedoch statten wir dem Hafen Ningbo-Zhoushan einen Besuch ab. Obwohl Zhejiang eigentlich eine Küstenregion ist, sehen wir den Ozean heute zum ersten Mal - vor allem aber die mächtigen Hafenanlagen und Schiffe, die hier anlegen. Ningbo-Zhoushan gilt als einer der besten und modernsten Häfen Chinas, wobei hier eigentlich zwei Häfen zusammengefasst wurden, nämlich der von Ningbo und der von Zhoushan. Alleine die Ausmaße sind gigantisch: An insgesamt 723 Anlegestellen können Schiffe abgefertigt werden, im Jahr 2009 wurden 570 Millionen Tonnen an Ware gelöscht, womit dies einer der produktivsten Häfen der Welt ist. Auch das Container-Geschäft hat sich hervorragend entwickelt. Doch auch ohne diese Eckdaten wirkt der Hafen in seinen Dimensionen beeindruckend. Angesichts der Giganten, die hier vor Anker gehen, fühlen sich die Besucher mitunter wie Zwerge, die sich in eine Riesenwelt verirrt haben.

Der Hafen Ningbo-Beilun ist einer der wichtigsten Umschlagplätze in China. Containerschiffe aus aller Welt werden hier an insgesamt 723 Anlegestellen beladen.

Von diesem Hafen aus werden auch die Waren der nächsten Firma, die wir besuchen, in die weite Welt verschifft. Deren Stückzahl mag vielleicht nicht besonders hoch sein, dafür sind die Produkte hochgradig exklusiv. Die Rede ist von Ningbo Hailun Musical Instruments Co.Ltd., die modernste Klavierfabrik in China. Sie ist ein gefragter Zulieferer vieler bekannter Weltmarken und fertigt mit modernsten und präzisesten Produktionsmitteln die hochwertigen Instrumente an. Hainun blickt auf erfolgreiche 20 Jahre zurück und gilt mittlerweile als Referenzfirma für hochwertige Klavierprodukte im Fernen Osten. 800 Mitarbeiter sind hier beschäftigt, dazu kommen noch 37 eigens ausgebildete Klavierbaumeister. Weltweit hält man Verträge mit 360 Fachbetrieben in Europa, 80 in den USA und 40 in Japan, ein weltweites Netzwerk wird ständig ausgebaut und weiterentwickelt.

In der Eingangshalle von Hailun Piano Co. Ltd. stehen einige echte Schmuckstücke.

Besonders enge Kontakte pflegt Hailun übrigens zu Österreich: Die Firma Wendl&Lung ist seit 1910 in Wien als geschichtsträchtiges und renommiertes Klavierbauunternehmen tätig. Seit 2003 arbeitet der Traditionsbetrieb mit Hailun zusammen. Mit dem Aufbau eines fehlerlosen Assembling, strenger Endkontrolle sowie der Auswahl an hochwertigen Grundmaterialien werden die Produkte weltweit vermarktet. Klavierbaumeister Peter Veletzky ist regelmäßig mehrere Wochen im Jahr vor Ort in Ningbo und kontrolliert mit seinem Team den gesamten Produktionsprozess vom Materialeinkauf bis zum Gehäusefinish.

Fast fertig: In der Montagehalle warten die fertigen Klaviere auf ihren Abtransport.

Übrigens: Während der EXPO in Shanghai fand im Österreich-Pavillon auch ein Klavier- und Kompositionswettbewerb sowie eine Konzertreihe mit den neun wichtigsten chinesischen Musikhochschulen statt. Als Hauptgewinn gab es - erraten! - einen großen Flügel mit einem vierten Harmonie-Fußpedal; eine Innovation, die von Wendl&Lung und Hailun zur Serienreife gebracht wurde. Was einmal mehr beweist: Musik kennt keine Grenzen!

Text und Fotos: Wolfgang Kuhn