Seit 1978 werden an der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei besonders begabte Jugendliche unter 18 Jahren ausgebildet. Heutzutage ist die Universität vor allem für ihr liberales Ausbildungsmodell bekannt. Mehr dazu im folgenden Beitrag.
Jin Jun ist einer der begabten Minderjährigen, die an der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei studieren. Nach einer gewissen Zeit hat er erkannt, dass Physik doch kein so passendes Fach für ihn ist. Nach einer Standortbestimmung mit seinem Lehrer entschied er sich für einen Wechsel an die Fakultät für Mathematik:
„Anfänglich wollte ich Physik studieren. Später aber merkte ich, dass Physik für mich etwas zu abstrakt ist. Mathematik ist passender für mich. Daher wechselte ich schon im zweiten Semester zur Mathematik."
Dass die Studierenden ihre Fächer nach ihrem Interesse und ihrer Begabung selber wählen können, ist in China nicht selbstverständlich. Am Institut für begabte Jugendliche an der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei ist die freie Fächerwahl schon längst Alltag. Die Studierenden an der Uni im Hauptort der Provinz Anhui erhalten zunächst eine intensive einjährige Grundausbildung in Mathematik, Physik, Englisch und einigen anderen Fächern. Danach können sie alle Fächer selber wählen. Die meisten Kurse besuchen die Teenager mit ihren Kommilitonen zusammen. Liu Qihan studiert seit 2006 am Institut für begabte Jugendliche an der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei:
„Im ersten Jahr erhielten wir eine allgemeine Ausbildung. Im zweiten Jahr konnten wir dann unsere Fachrichtung selber wählen. Das hat mir geholfen, meine wahren Interessen zu finden. An der Oberstufe in der Mittelschule wusste ich nur ganz wenig über die Fächer an den Universitäten. Erst nach dem ersten Studienjahr und der Teilnahme an verschiedenen Vorlesungen habe ich herausgefunden, wo mein eigentliches Interesse liegt und welche Fachrichtung am geeignetsten für mich ist. Wir haben hier große Freiheiten bei der Fächerwahl."
Erfolge in der modernen Wissenschaft beruhen heutzutage oft auf fächerübergreifender Forschung. Das Institut für begabte Jugendliche ist daher bestrebt, seinen Studierenden eine möglichst breitgefächerte Ausbildung zu bieten. Dazu gehören auch der Unterricht sowie das Zusammenleben von Studierenden verschiedener Fachrichtungen. Professor Chen Yang, der Leiter des Instituts, ist vom Erfolg dieses Lehrmodells überzeugt:
„Auf diese Weise haben die Jugendlichen eine gute Lernatmosphäre. Sowohl beim Unterricht als auch in ihrer Freizeit gibt es ein Fächerübergreifen. Zudem werden dadurch auch ihr Teamgeist und ihr Ehrgefühl gefördert."
Auch bei den Studierenden stösst das neue Lehrmodell auf ein äußerst positives Echo. Ma Zhuang studiert Physik. Seine Klasse ist nach Yan Jici, einem berühmten chinesischen Physiker, benannt. Seiner Meinung nach fördert das Unterrichtsmodell den Zusammenhalt über die Fächer hinweg:
„Ich studiere Physik. Im ersten Studienjahr müssen wir uns viel Mathematik-Wissen aneignen. Wenn wir etwas nicht verstehen, dann wenden wir uns an Kommilitonen in der Mathematik-Klasse. Sie finden die Lösung jeweils rasch. Ich bewundere sie dafür. In diesem Jahr studieren sie Physik. Wenn sie Probleme haben, dann wenden sie sich an uns. Wir erklären ihnen dann, worum es geht. Auf diese Weise genießen auch wir ihren Respekt."
Momentan beschäftigt das Institut für begabte Jugendliche 62 Professoren. Jeder Dozent ist für die Betreuung von drei bis acht Studierenden verantwortlich. Die Professoren unterstützen die Jugendlichen auch bei der Fächerwahl und bei der Ausarbeitung von Lernplänen. Auch bei der Auswahl von geeigneten Forschungsthemen erhalten die Studierenden fachmännische Unterstützung. Die Teilnahme der Jugendlichen an außerschulischen Aktivitäten wie Vorträgen wird stets begrüßt. Wer will, kann auch in Labors erste Erfahrungen sammeln oder sogar an Forschungsprojekten einzelner Institute der chinesischen Akademie der Wissenschaften mitarbeiten.
Du Jiangfeng ist Professor am staatlichen Labor für Mikrotechnologie. Für ihn ist ein interdisziplinäres Studium die Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche berufliche Laufbahn:
„Viele Tutoren unserer Universität suchen ihre Nachwuchskräfte in den Klassen der begabten Jugendlichen, weil es den Jugendlichen leicht fällt, sich in einem neuen Fachgebiet zurechtzufinden. Wer über ein fundiertes Allgemeinwissen verfügt, findet sich auch in neuen Fachgebieten schnell zurecht. Der zukünftige Wettbewerb erfordert interdisziplinäres Denken."
In der interdisziplinären und lockeren Atmosphäre ihres Instituts wird den Jugendlichen nicht nur akademisches Wissen beigebracht, sondern auch Selbstvertrauen und positives Denken. Ein reichhaltiges Freizeitangebot an Sport und Kultur soll die jungen Studierenden in ihrer Entwicklung zu selbständig denkenden Individuen unterstützen. Im Moment gibt es an der Universität für Wissenschaft und Technik in Hefei über 70 Studentenorganisationen. Zehn davon werden von Studenten des Insituts für begabte Jugendliche geleitet. Dazu Yang Yiying, Zuständiger des Instituts für die Freizeitgestaltung:
„Die Studenten vom Institut für begabte Jugendliche wollen auch ihr Organisationstalent unter Beweis stellen. Daher engagieren sich viele von ihnen aktiv in den verschiedenen Studentenorganisationen."
Gesprochen von: Lü Xiqian
Interview und Text von: Liu Jun