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Der Ball rollt wieder – Chinas Fußball beginnt bei Null
  2010-04-17 15:14:47  cri
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Im Beijinger Arbeiterstadion wurde am 27. März die Saison 2010/2011 der chinesischen Fußball-Superliga eröffnet. Stellvertretend für alle seine Kollegen legte Schiedsrichter Tan Hai im Stadion einen Eid ab.
(O-Ton 1, m)
„Ich schwöre im Namen aller Schiedsrichter der chinesischen Superliga, dass wir unsere Arbeit unbestechlich, fair, ernst, gewissenhaft, konsequent und genau durchführen werden. Wir werden unser Bestens geben, um ein faires Umfeld für den Fußball zu schaffen und die gesunde Entwicklung des chinesischen Fußballs zu fördern."

Seit Gründung der chinesischen Superliga vor 16 Jahren wurde dieser Eid zu Beginn jeder Saison erneuert. Im Brennpunkt der Öffentlichkeit wie in diesem Jahr stand der Eid jedoch noch nie.

Gekaufte Spiele, bestochene Schiedsrichter und Funktionäre sowie manipulierte Wettspiele: der anfangs 2010 publik gewordene Skandal im chinesischen Profifußball erschütterte die Fußballwelt. Täglich sorgten neue Negativschlagzeilen für noch mehr Unruhe. Die Situation war ohne Übertreibung explosiv: Diverse Funktionäre und Schiedsrichter wurden verhaftet. Der negative Höhepunkt war zweifelsohne die Verhaftung der beiden Vizepräsidenten des Chinesischen Fußballverbands, Nan Yong und Yang Yimin, die Verhaftung von Zhang Jianqiang, dem Vorsitzenden des Schiedsrichterausschusses, sowie die Verhaftung von Lu Jun, dem bekanntesten Schiedsrichter Chinas. Infolge des Skandals wurden mehrere Klubs in die zweite Liga verbannt.

Es waren so viele Funktionäre und Spieler von verschiedenen Klubs in den Skandal verwickelt, dass der Start der Saison 2010 ernsthaft bedroht war. Ohne Klubs könne auch kein Fußball gespielt werden, ließ der neue Verbandspräsident Wei Di zwei Wochen vor dem Saisonauftakt verlauten. Bei seinem Antritt gab er sich kämpferisch: Wer den Fußball in China säubern wolle, der müsse aus ihm das ganze Krebsgeschwür herausschneiden!

Trotz aller Aufregung wurde die neue Saison letztendlich doch gestartet – allerdings mit einer Woche Verspätung. Im noch immer eiskalten Beijinger Frühling verkündete Wei Di den Beginn der neuen Saison:
(O-Ton, m)
„Ich erkläre die Saison 2010 der Pirelli Superliga des Chinesischen Fußballverbandes für eröffnet."

Das Bild des neuen Verbandspräsidenten, der die Saison im windigen Beijinger Frühling hartnäckig für eröffnet erklärt, ist bereits in die Geschichte des chinesischen Fußballs eingegangen. Für die Medien symbolisiert dieser öffentliche Akt einen Neubeginn in Chinas Profifußball.
Das Auftaktspiel in die neue Saison zwischen Beijing Guo´an und Nanchang Bayi endete mit einem verdienten zwei zu null für den amtierenden Meister aus Beijing. Das Spiel stand aber ganz klar im Schatten einer ganzen Reihe von neuen Regelungen. Die größte Änderung: anders als in der Vergangenheit werden die vier Schiedsrichter jeder einzelnen Partie neu ausgelost. Auf diese Weise soll Manipulationsversuchen gründlich vorgebeugt werden.

Zumindest eine positive Folge hatte die Flurbereinigung nach Bekanntwerden des Skandals. Die Klubs getrauen sich nun wieder, mehr Geld in ihre Teams zu investieren, weil sie von fairen Bedingungen ausgehen. Ein Beispiel hierfür ist Lücheng. Der Klub aus der ostchinesischen Stadt Hangzhou beendete die vergangene Saison auf dem enttäuschenden vorletzten Platz. Vor Beginn dieser Saison hat Lücheng 60 Millionen Yuan RMB für neue Spieler ausgegeben. Lüchengs Trainer Wu Jingui distanziert sich von jeder Form von Manipulation:
(O-Ton, m)
„Ich versichere Ihnen, dass wir die Fans nie getäuscht haben. Auch in der Zukunft wird das nie passieren. Ich sage meinen Spielern immer, dass wir ein Spiel aus eigener Kraft, und zwar auf ehrliche Art und Weise, gewinnen müssen."

Lücheng Hangzhou ist nicht der einzige Klub, der massiv aufgerüstet hat.
Shaanxi Zhongjian gab nicht weniger als 100 Millionen Yuan RMB für neue Spieler aus. Der Klub Jianye aus der Provinz Henan beendete letzte Saison überraschend auf dem zweiten Platz und spielt in dieser Saison zum ersten Mal in der Asiatischen Champions League. Als langfristige Anlage entschied sich der Vorstand von Jianye, die Rechte an seinem Stadion für 110 Millionen Yuan RMB zu erwerben. Jianye ist damit der erste Fußballklub in China, der über sein eigenes Stadion verfügt. Insgesamt haben die 16 Klubs der chinesischen Superliga vor dieser Saison nicht weniger als 500 Millionen Yuan RMB für neue Spieler ausgegeben.

Ebenfalls Anlass zur Hoffnung geben die Fans, die am ersten Spieltag trotz des riesigen Skandals – oder vielleicht gerade deswegen – in großer Zahl in die Stadien geströmt sind. Die acht Spiele der ersten Runde wurden von insgesamt 176.000 Zuschauern in den Stadien verfolgt. Durchschnittlich macht dies 22.000 Zuschauer pro Partie. Das Spiel zwischen Shaanxi und Dalian sahen sich sogar 50.000 Fans an. Es scheint fast, als hätte das harte Durchgreifen gegen die fehlbaren Funktionäre, Schiedsrichter und Spieler den Fans neues Vertrauen in den chinesischen Fußball gegeben.

Das radikale Reinemachen hat nicht nur die Fans zurück in die Stadien geholt, sondern auch die Zuversicht der Sponsoren gestärkt. In der Saison 2010/2011 kann die chinesische Superliga gleich auf zwei neue Sponsoren zählen: Neben dem italienischen Reifenhersteller Pirelli und dem amerikanischen Sportartikelhersteller Nike unterstützen nun auch der chinesische Elektrokonzern Xinfei und das chinesische Online-Versandhaus 360buy die Superliga.

Bald beginnt in Südafrika die Weltmeisterschaft. Die Fußballligen Europas befinden sich derzeit alle in der entscheidenden Phase. In China hingegen ist die neue Saison erst einen Spieltag alt. 16 Jahre nach ihrer Gründung fängt die chinesische Fußballprofiliga wieder ganz bei Null an. Ob ihr die Fans langfristig die Treue halten, hängt wohl ganz wesentlich davon ab, wie ehrlich es die Verantwortlichen nach dem Skandal meinen.

 

Übersetzt von: Zhu Liwen und Simon Gisler

Gesprochen von: Zhang Chen und Wolfgang Kuhn

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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