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Erinnerungen an meine Arbeit bei Radio Beijing
  2010-04-02 19:58:53  cri
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von Erwin Landrichter

Zunächst einmal meine herzlichen Glückwünsche zum 50jährigen Bestehen der Deutsch- Redaktion von Radio China International! Als ehemaliger Mitarbeiter dieser Abteilung, die in zwei für China sehr „bewegten" Jahren von 1975 bis 1977 meine fast für alle wichtigen Lebensumstände zuständige Arbeitseinheit war, will ich niemanden mit der Aufzählung all der politischen, gesellschaftlichen Ereignissen und Naturkatastrophen jener Zeit langweilen. Stattdessen werde ich ein paar Anektoten erzählen, welche die damalige Situation ganz gut widerspiegeln und nicht im Internet nachzulesen sind.

Ich möchte hervorheben, dass in dieser politisch sehr labilen Zeit vor und nach dem offiziellen Ende der Kulturrevolution, vor und nach dem Tod Tschou Enlais und Mao Tsetungs, vor und nach dem Sturz der „Viererbande", speziell in einer Institution wie dem Radio, es sehr schwierig für meine Redaktionskolleginnen war, sich „richtig" zu verhalten. Da hatte ich gewissermaßen Narrenfreiheit. Umso beeindruckender war daher für mich, welch vertrauensvolles Verhältnis zwischen meinen KollegInnen und schließlich auch zwischen ihnen und mir herrschte. (So wurde ich nicht nur eingeladen, am „politischen Studium" teilzunehmen, sondern auch in die Beratungen über möglichst gute Heiratskandidaten von Kolleginnen miteinbezogen!) Als es darum ging, seine proletarische Gesinnung beim Aufräumen und Putzen der Arbeitsräume unter Beweis zu stellen, sagte mir ein Genosse, erstaunt über meine Geschicklichkeit beim Fensterputzen: „ Genosse Lao Lan! Wo hast du das gelernt? Du wurdest doch während der „Großen Proletarischen Kulturrevolution" gar nicht von den Volksmassen erzogen?"


Spaß mit dem Enkelkind - Erwin Landrichter als Großvater

Unsere Tochter, Marie, ging in Haitian, nahe dem Freundschaftshotel, in eine chinesische Volksschule. Sie liebte diese sosehr, dass sie schon lange vor Beginn des Unterrichts dorthin eilte, um beim Aufräumen und Einheizen zu helfen. Ihr strebsamer Fleiß wurde nicht nur mit guten Noten belohnt, nach einem Jahr wurde sie zu einer „Hong Xiao Ping", zu einer „Kleinen Roten Soldatin" mit rotem Halstuch. Wie alle anderen lernte auch sie von "Lei Feng", wie dem Volke zu dienen, den Armen, Schwachen, Ausgegrenzten zu helfen sei. Zugleich wurde ihr beigebracht, dass der Klassenkampf noch längst nicht zu Ende sei, dass zwischen Haupt- und Nebenwidersprüchen zu unterscheiden wäre und auch die Kinder von Volksfeinden (wie z.B. den „Stinkenden Neun", den Intellektuellen) isoliert werden müssten. Eines Tages kam sie mit traurig-trotzigem Gesicht nach Hause. Sie hatte mit ihrer sonst so sehr verehrten Lehrerin gestritten! Marie hatte bemerkt, dass es einer Klassenkameradin gar nicht gut ging. Sie saß immer allein und ganz unglücklich in der letzten Bank der Klasse und spielte in den Pausen mit niemanden. Vom Geiste Lei Fengs beseelt, trat sie an das Mädchen heran und lud sie ein, mitzuspielen. Da schritt die Lehrerin ein und bemerkte, dieses Mädchen sei ein Kind von Klassenfeinden und müsse isoliert werden. Worauf die siebenjährige Marie erwiderte, dass die Arme doch nichts dafür könne, wer ihre Eltern seien, sie solle daher als zum Volke gehörig behandelt werden. Sippenhaftung sei faschistisch. Diese Bemerkung wurde ihr nur verziehen, weil sie ein ausländisches Kind war, das es nicht besser wissen konnte. Das Problem hat sie noch wochenlang beschäftigt und mit uns diskutiert.

Unser Sohn Jean-Paul ging noch in den Kindergarten. Eines Tages bat er um ein großes, leeres Glas mit Deckel. Er müsse (im Zuge der Hygieneerziehung) so viel Fliegen wie möglich fangen und am nächsten Tag deren Leichen in den Kindergarten mitbringen. (Die Fliegen hatten sich schnell vermehrt, nachdem die Sperlinge in vorausgegangenen Kampagnen fast ausgerottet worden waren.) Am folgenden Tag kam er freudestrahlend nach Hause. Er sei der Beste gewesen, habe die meisten Fliegen erlegt und dafür eine Auszeichnung erhalten. Doch da hat er nicht mit dem revolutionären Geist seiner Schwester gerechnet! Diese kritisierte ihn schärfstens: er habe die Fliegen ohne große Mühe auf der Toilette im Hof gefangen. Er: „Ich suche die Bösewichter dort, wo sie am häufigsten anzutreffen sind." Sie: „Du bist nur am persönlichen Ruhm interessiert und denkst daher eigennützig!" Er: „ Ob schwarze Katze oder weiße: Hauptsache, sie fängt Mäuse!"

Der Deutsch-Redaktion von Radio China International wünsche ich noch viele weitere Jahre erfolgreicher Arbeit im Sinne der Völkerverständigung!

Über Autor: Österreichische Staatsangehörigkeit, 1975-1977 als ausländischer Mitarbeiter im deutschen Dienst bei Radio Beijing, lebt nun in Wien. )

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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