Vor über zweitausend Jahren unter der Herrschaft von Kaiser Qin Shi Huang wurde in Rongcheng ein großes Bauprojekt durchgeführt. Kaiser Qin Shi Huang befahl seiner Frau, den Soldaten das Mittagessen erst nach Ertönen der Trommel- und Gongschläge zu geben. Infolge unglücklicher Zufälle wurde das Mittagessen eines Tages fälschlicherweise zu früh verteilt. Der Kaiser war so empört über die Ungehorsamkeit seiner Frau, dass er sie zum Tode verurteilte.
Der Jadekaiser hingegen hatte Mitleid mit der zu Unrecht angeklagten Gattin des Kaisers. Er war so tief gerührt von ihren Tränen, dass er gleich mehrere weiße Schwäne vom Himmel auf die Erde hinunterschickte, um sie vor der Hinrichtung zu retten. So zumindest will es der Volksmund. Inzwischen sind die "weißen Engel", wie die majestätischen Schwäne von den Einheimischen ehrfurchtsvoll genannt werden, nicht mehr aus Rongcheng wegzudenken.
Die kleine Küstenstadt Rongcheng liegt in der ostchinesischen Küstenprovinz Shandong. Sie ist weltweit als viertgrößtes Nistgebiet für Schwäne bekannt. Das Küstengebiet um Rongcheng ist ein wahres Paradies für Wasservögel. Jedes Jahr von November bis März überwintern hier zahlreiche Schwäne aus Nord- und Nordostasien.
Vor zehn Jahren schwammen die Schwäne aus Angst vor den Menschen noch in sicherer Entfernung vom Ufer. Inzwischen haben sie ihre Furcht abgelegt und lassen sich in Ufernähe gerne von Leuten füttern - sehr zur Freude der immer zahlreicher erscheinenden Touristen.
Gao kommt aus Yantai, einer Hafenstadt auf der Halbinsel Shandong. Der begeisterte Amateurfotograf ist schon öfters nach Rongcheng gekommen, um die Schwäne zu fotografieren:
"Dieses Jahr überwintern in Rongcheng über 2.700 Schwäne. Sie kommen aus Sibirien und der Mongolei. Ich komme jedes Jahr mit meinen Freunden hierher. Heute sind wir um vier Uhr morgens aufgestanden, um die Schwäne zu fotografieren. Es ist sehr interessant. Die Schwäne bewegen sich sehr anmutig. Ich habe auch im Ausland wilde Tiere fotografiert. Der Umweltschutz in Nordeuropa und Japan kann uns in vielerlei Hinsicht als Vorbild dienen."
Viele Amateurfotografen wie Herr Gao kommen jedes Jahr extra wegen den Schwänen ein Paar Tage nach Rongcheng. Durch ihre Arbeit wollen sie die Öffentlichkeit auch auf den Tierschutz aufmerksam machen. Frau Guan aus Weifang hat nach ihrer Pensionierung an einer Universität für ältere Menschen einen Fotokurs belegt und sich danach der Vereinigung für Amateurfotografen angeschlossen. Wie die anderen Mitglieder dieser Vereinigung reist auch Frau Guan oft in China umher. Für sie ist das Fotografieren eine willkommene Abwechslung zu ihrem Alltag. Nach Rongcheng kehrt sie immer wieder gerne zurück:
"Der Umweltschutz der Stadt ist gut. Die Schwäne überwintern jedes Jahr gerne hier. Es ist interessant, lokale Spezialitäten zu probieren und bei den Einheimischen Zuhause zu übernachten. Die Menschen hier leben im Einklang mit den Schwänen. Das Dorf ist sehr sauber."
Obwohl es bereits Ende März ist, können in Rongcheng oder im nahe gelegenen Dorf Yandunjiao noch immer mehrere Schwäne beobachtet werden. Yandunjiao ist bei Amateurfotografen aus ganz China beliebt, um Schwäne zu fotografieren. Frau Qu betreibt in Yandunjiao ein Gästehaus. Ihre zweistöckige Unterkunft kann in der Hochsaison täglich bis zu 70 Touristen beherbergen. Mit ihrem Gästehaus ist Frau Qu bei weitem nicht die einzige:
"In unserem Dorf gibt es 500 Haushalte. 30 davon betreiben ein Gasthaus für Touristen. Jedes Jahr kommen viele Touristen hierher, um die Schwäne zu beobachten oder zu fotografieren. Einmal haben wir sogar Touristen aus Taiwan empfangen. Wir wollen unseren Gästen einen möglichst guten Service anbieten. Die Schwäne haben unser Leben in vielerlei Hinsicht verbessert."
Die Herberge von Frau Qu ist auch ein beliebter Treffpunkt für die Hobbyfotografen. Überall an den Wänden hängen Bilder von Schwänen. Frau Qu erhielt die Fotos von Amateurfotografen aus ganz China. Im Aufenthaltsraum sind gerade mehrere Touristen dabei, ihre Fotos zu tauschen. Herr Guo ist Stammgast im Gasthaus von Frau Qu. Der Pädagoge aus Qingdao hat die Veränderungen im Dorf persönlich miterlebt:
"In den vergangenen fünf Jahren hat sich das Dorf Yandunjiao stark verändert. Für kulturelle Veranstaltungen wurde ein neuer Platz gebaut. Das Umweltbewusstsein der Bevölkerung hat zugenommen. Zur Rettung verletzter Schwäne gibt es extra eine Klinik. Ein Angestellter der Klinik kümmert sich jeden Tag um die Schwäne in ganz Rongcheng und füttert sie. Auf diese Weise sollen die Schwäne geschützt werden."
Die von Herrn Guo angesprochene Klinik für Schwäne befindet sich etwas außerhalb vom Dorf Yandunjiao am Ufer eines Sees. Herr Wang arbeitet seit 2004 in dieser Tierklinik. Unter anderem ist er für die Fütterung der verletzten Tiere zuständig:
"Einmal kollidierte ein Schwan mit einem Leitungsmast. Wir brachten ihn in die Klinik und verbanden seine Wunde. Er blieb bis zu seiner Genesung in unserer Klinik. Vor kurzem flog er wieder zurück nach Sibirien."
Die weißen Schwäne sind zum Aushängeschild von Rongcheng geworden. Die Einheimischen sind sich dessen bewusst. Sie bemühen sich mit aller Kraft, den Lebensraum der Schwäne zu schützen, damit auch die zukünftigen Generationen dieses Naturparadies und die darin lebenden majestätischen "weißen Engel" bewundern können.
Geschrieben von: Xu Qi
Gesprochen von: Lu Ming