Jährlich erkranken weltweit über 10 Millionen Menschen an Krebs. Nach einer jüngsten Statistik der Weltgesundheitsorganisation soll die Zahl bis 2030 auf 75 Millionen ansteigen. Die meisten Neuerkrankungen werden aus den Entwicklungsländern kommen. Experten warnen daher vor einer „Krebsexplosion" in diesen Ländern.
In China werden jedes Jahr fast 2 Millionen neue Krebsfälle gemeldet. Jährlich sterben rund 1,5 Millionen Chinesen infolge dieser Erkrankung. Während Wissenschaftler eine effektive Vorbeugung durch vernünftige Lebensführung propagieren, suchen sie gleichzeitig auch nach neuen Heilmethoden. Mittlerweile setzen führende Forschungsinstitute in Deutschland, Japan und anderen Ländern auf so genannte Ionen-Strahlen zur Krebstherapie. Auch in China versuchen Wissenschaftler nach zahlreichen Tiertests, Tumore an bestimmten Körperstellen mit Schwer-Ionen zu behandeln. Darüber berichten wir gleich:
Seit Oktober 2009 forschen chinesische Wissenschaftler an Behandlungsmethoden gegen Krebs mit Schwer-Ionen. Das Projekt steht unter der Leitung von Dr. Zhang Hong vom Institut für Moderne Physik an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften. Die Wissenschaftlerin hat in den USA promoviert und dort als Ärztin gearbeitet. 2003 wurde Dr. Zhang als eine von 100 Nachwuchseliteforschern von der Chinesischen Akademie der Wissenschaften zurück nach China berufen. Am Institut für Moderne Physik in Lanzhou übernahm sie ihre neue Aufgabe. Sie führt klinische Tests am eigenständig in China entwickelten Schwer-Ionen-Beschleuniger zur Krebstherapie durch. Dabei habe sie und ihr Team von deutschen Erfahrungen profitiert. Dr. Zhang:
„In Deutschland begann man mit ähnlichen Forschungen bereits 1997, hier erst 2006. Wir gehen nach dem deutschen Modell vor. In Deutschland kooperieren die Universitätsklinik Heidelberg und die Gesellschaft für Schwer-Ionenforschung Darmstadt (GSI) zusammen. In das chinesische Projekt ist neben unserem Institut eine Reihe von lokalen Kliniken in Lanzhou involviert. Sie bringen Patienten zur Ionenstrahlanlage, die in unserem Institut installiert ist."
Die Strahlanlage in China ist eine kleine Version eines großen Ionenbeschleunigers. Dr. Zhang flog zu Forschungszwecken nach Deutschland und Japan, um die Erfahrungen ihrer ausländischen Kollegen zu nutzen. In Deutschland konzentriert man sich bei derartigen Behandlungen auf Hirntumore. Behandlungen in Japan und in China sind auf Tumore am ganzen Körper ausgerichtet. Die Ionentherapie in China beschränkt sich vorläufig noch auf oberflächliche Tumore am Hals, an der Wirbelsäule, den Gliedermaßen wie auch im Gesicht. Zu den Behandlungsergebnissen sagt Dr. Zhang Hong:
„Bislang haben acht Patienten bei uns eine Ionentherapie erhalten. Die Nebenwirkungen waren äußerst gering und insgesamt gesehen sind die Ergebnisse gut. "
Durch die geringe Nebenwirkung ruft die Ionenstrahl-Therapie Aufmerksamkeit bei Experten und Patienten hervor. Theoretisch gesehen können alle Tumore durch herkömmliche Bestrahlungen abgetötet werden. Aber ein normaler Mensch kann dieser Bestrahlung kaum standhalten - während die Tumore getötet werden, werden nämlich auch normale Zellen und das Gewebe erheblich verletzt. Dazu noch einmal Dr. Zhang Hong:
„Herkömmliche Strahlen durchdringen auch das gesunde Gewebe. Wenn Tumore beseitigt werden, aber ein Patient durch die Behandlung stirbt, kann man nicht von einer Therapie sprechen. Viele Patienten sterben nicht direkt wegen ihrer Erkrankung, sondern aufgrund falscher oder überdosierter Behandlung. Optimal wäre es, wenn die Körperorgane und das Gewebe auch nach der Bestrahlung intakt bleiben. Die Therapie mit Schwerionenstrahlen hat eben genau diesen Vorteil. Solche Strahlen sind stark genug, um Tumorzellen zu töten, gleichzeitig verursachen sie aber kaum Verletzungen an Organen und Gewebe. Schwer-Ionenstrahlen sind ganz spezielle Strahlen, ihr physischer und biologischer Charakter ist anders. "
In China wird nun für das Pilotprojekt Werbung gemacht. In der nordwestchinesischen Provinz Gansu soll bald ein großes Zentrum für Krebstherapie mit Schwer-Ionen entstehen. Gemeinsame Partner des Projekts sind das Institut für moderne Physik an der Chinesischen Akademie der Wissenschaften und die Shengda Gruppe in Gansu. Die Investition beläuft sich auf 1 Milliarde Yuan RMB. Damit will man eine Plattform für Ionenstrahlen-Therapie und internationalen Forschungs-Austausch etablieren.
Gesprochen von: Xiao Lan, Qiu Jing
Interview und Text von: Qiu Jing
Weitere Links:
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