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Nichts für Warmduscher – die Eisschwimmer von Houhai
  2010-01-26 17:42:23  cri
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Der Winter hat Beijing schon seit Tagen fest im Griff. So kalt wie in diesem Jahr war es in der chinesischen Hauptstadt schon seit 40 Jahren nicht mehr. Zeitweise fiel die Temperatur bis auf minus 17 Grad Celsius. Auf dem Houhai im Stadtzentrum von Beijing, wo es an heissen Sommertagen nur so von Tretbooten wimmelt, liegt im Moment eine dicke Schicht aus Eis und Schnee. Die vielen Bars am Ufer sind wie leergefegt. Auch die wenigen Rikscha-Fahrer in ihren dicken Wintermänteln warten gelangweilt auf Kundschaft. Wer nicht raus muss, der bleibt an diesem eiskalten Januartag lieber in der wohligen Wärme.

Einzig die Eisschwimmer zeigen sich von der klirrenden Kälte völlig unbeeindruckt. Wo die meisten vom bloßen Anblick schon eine Gänsehaut kriegen, fühlen sie sich erst so richtig in ihrem Element. Eisbären gleich drehen sie unverdrossen ihre Runden in einem kleinen Eisloch im ansonsten gänzlich zugefrorenen Houhai. Umkleidekabinen gibt es keine. Wer sich ins ein Grad kalte Wasser begeben will, muss sich zuerst einmal bei einer Außentemperatur von minus acht Grad Celsius umziehen. Die meisten Schwimmer benutzen nicht einmal Fett als Kälteschutz. Ganz gemächlich – als würden hochsommerliche Temperaturen herrschen – ziehen sie sich im Freien aus. Anschliessend spazieren sie in ihren kurzen Badehosen an den warm eingepackten Zaungästen vorbei zum Eisloch, wo sie nach einem letzten tiefen Durchatmen in stoischer Ruhe ins eisige Wasser gleiten. Einige besonders waghalsige Schwimmer beginnen ihr Eisbad gar mit einem tollkühnen Hechtsprung – ganz zum Gaudi der völlig verdutzten Zuschauer.

(O-Ton, Reaktion auf den Hechtsprung des Eisschwimmers)

Wie der ehemalige russische Präsident Wladimir Putin schwimmen rund 2.000 Beijinger regelmäßig im Winter. Die meisten von ihnen sind über 50 Jahre alt, wie Yu Yunjin vom Beijinger Eisschwimmklub. Frauen bilden eine Minderheit. Nach unter 30-Jährigen sucht man vergeblich. Laut Rentner Yu hat das nicht nur mit der fehlenden Zeit der jungen Berufstätigen zu tun, sondern vielmehr mit deren fehlender Leidensfähigkeit:
(O-Ton Yu)
„Die Jungen können diese Strapaze nicht ertragen."

Das Schwimmen im eiskalten Wasser regt den Blutkreislauf und den Stoffwechsel an. Langfristig soll es das Immunsystem stärken. Einige halten es gar für einen Jungbrunnen. Vor allem für die Haut soll das Bad im Eiswasser gut sein. Die Schwimmzeit hängt von der Wassertemperatur ab. Als Faustregel gilt: nicht mehr Minuten im Wasser bleiben als die Wassertemperatur beträgt. Bei einer Wassertemperatur von einem Grad wie heute sollte man also nicht länger als eine Minute schwimmen.

Interessanterweise widerspricht Yu Yunjin der landläufigen Meinung, der Sprung ins Wasser sei die grösste Herausforderung für die Eisschwimmer:
(O-Ton, Yu Yunjin)
„Es ist nicht schwierig, jedes Mal ins Wasser zu springen. Am schwierigsten ist das Ausziehen vor dem Schwimmen."

Der 52-Jährige schwimmt schon seit drei Jahren im Winter. Er gehört zu jenen furchtlosen Schwimmern, die sich jeweils kopfüber in die eisigen Fluten stürzen:
(O-Ton, Yu Yunjin)
„Beim Eintauchen verspüre ich für den Bruchteil einer Sekunde einen Kälteschock."

Unmittelbar nach dem Bad im Eis joggt der rüstige Rentner in seiner Badehose jeweils noch einige Minuten auf dem zugefrorenen Houhai – und das wohlverstanden bei einer Temperatur von minus acht Grad Celsius.

Der in Beijing wohnhafte Jeffrey Schwab aus dem US-Bundesstaat Virginia hat den Eisschwimmern zusammen mit einigen Chinesen zugeschaut. Menschen, die im Winter schwimmen, habe er in seiner Heimat noch nie gesehen, sagt der 30-jährige Amerikaner tief beeindruckt:
(O-Ton, Jeffrey)
„Diese Typen kommen am nächsten an Superman heran."

Ihm selbst ist es für ein Bad im eiskalten Houhai jedoch viel zu kalt – selbst bei einem finanziellen Anreiz in Höhe von 500 Yuan Renminbi:
(O-Ton, Jeffrey)
„Nein, ich werde es nicht tun!"

Ganz anders der abgehärtete Yu Yunjin. Er und seine Schwimmkollegen fühlen sich bei diesen arktischen Verhältnissen erst so richtig wohl:
(O-Ton, Yu)
„Den ganzen Winter hindurch fühlt sich der Körper von uns Eisschwimmern heiß an. Jeden Tag zur selben Zeit verspüre ich den Drang zum Schwimmen."

Wer diese Hitze im Körper nicht verspürt, sollte vor dem Schwimmen aber auf gar keinen Fall zur Schnapsflasche greifen, warnt Herr Chen, ein anderer pensionierter Eisschwimmer:
(O-Ton, Chen)
„Schnaps vor dem Schwimmen ist lebensgefährlich. Alkohol erweitert die Blutgefässe. Durch den Kälteschock beim Eintauchen ins Wasser könnten die Blutgefässe platzen!"

Das A und O beim Eisschwimmen sei die Vorbereitung, erklärt Chen:
(O-Ton, Chen)
„Jetzt ist es Januar. Spätestens ab September sollte man regelmäßig Schwimmen gehen. Dann ist man im Winter bereit."

Bevor Sie sich also in den eiskalten Houhai stürzen, sollten Sie zuerst mit dem Aufbautraining im Freien beginnen. Falls Ihnen aber das Wasser im Houhai bereits im September zu kalt sein sollte, dann sollten Sie Ihre Runden auch weiterhin lieber im Schwimmbad drehen.

Moderator: Simon Gisler

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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