Die kaiserliche Sommerresidenz "Bishu Shanzhuang" (Foto: Zhong Xi)
Wie ihr Name andeutet, wurde die Residenz für den Sommer konzipiert. Anstatt Blumen in voller Pracht und schwitzender Eunuchen erwarten den Besucher im Winter vor allem zugefrorene Seen und Schlittschuhläufer in allen Altersklassen. Doch selbst die Temperatur von Minus vier Grad Celsius vermag die Schönheit dieser einzigartigen Palastanlage nicht zu schmälern. Die Sommerresidenz der Qing-Kaiser ist auch im Winter sehr eindrücklich.
Bei den Einheimischen auch im Winter beliebt (Foto: Zhong Xi)
Wer allerdings imposante Bauten wie in der Verbotenen Stadt erwartet, dürfte die Heimreise enttäuscht antreten. Die Faszination dieser Anlage liegt vielmehr im Detail. Erst wenn man bedenkt, dass ein Großteil der über hundert Gebäude aus dem äußerst seltenen Sandelholz besteht, das mit der Kostbarkeit von Gold verglichen werden darf, wird einem der unschätzbare Wert dieser Palastanlage bewusst.
Die Stadt Chengde weiß um den touristischen Wert dieses Schatzes. Als Dank errichtete sie Kaiser Kangxi, dem Auftraggeber der Sommerresidenz, ein 15 Meter hohes Denkmal im Stadtzentrum. Sinnigerweise besteht der Sockel der Kangxi-Statue aus 296 Steinblöcken - ein Block für jedes Jahr vom Baubeginn der Sommerresidenz im Jahr 1703 bis zur Einweihung der Statue im Jahr 1999. Alt oder Jung, wen immer man in Chengde auch fragt, kennt den legendären Kaiser, der nun im Soldatengewand auf dem Rücken seines Pferdes auf das hektische Treiben auf der Straße unter ihm herabschaut.
Hoch zu Ross - Kaiser Kangxi (Foto: Zhong Xi)
Wenn seine Sicht nicht von Hochhäusern verdeckt wäre, dann würde Kangxi wohl glatt vom Sockel fallen! Denn was sich im Süden Chengdes abspielt und in den kommenden Jahren noch abspielen soll, ist schlicht umwerfend! Den besten Überblick über das neue Chengde erhält man in der modernen Stadtplanungshalle. Während die Qing-Kaiser für den Bau ihres Feriendomizils edles Sandelholz aus Guangdong und Taiwan importieren ließen, benötigt der Ausbau Chengdes vor allem Stahl und Beton. Bis ins Jahr 2020 sollen im Süden des Stadtzentrums ganze Geschäfts- und Wohnviertel entstehen. Ein Universitätsgelände mit einem Sportstadion für 40.000 Zuschauer befindet sich bereits im Bau.
Die moderne Stadtplanungshalle von Chengde (Foto: Zhong Xi)
Die unzähligen bunten Lichter auf dem Modell, welche die verschiedenen Bauetappen symbolisieren,, und je nach gedrückter Computertaste an unterschiedlicher Stelle aufleuchten, verschlagen einem genauso die Sprache wie der Werbefilm in 3D, der den Betrachter durch das Chengde von morgen führt.
So soll es einst im Süden von Chengde aussehen (Foto: Zhong Xi)
Das Chengde der Zukunft sieht aus wie eine grüne amerikanische Großstadt, dominiert von modernen Glastürmen, breiten Straßen und großzügig angelegten Grünflächen. Architektonischer Höhepunkt scheint der Flughafen zu sein, von dem aus laut Werbefilm einst sogar Zürich oder Frankfurt direkt angeflogen werden können. Wenn auch nur ein Bruchteil der Visionen der Stadtregierung in die Realität umgesetzt werden kann, dann darf sich Chengde zu Recht als "glänzende Perle außerhalb der Großen Mauer" bezeichnen.
Mit freundlichen Grüßen aus dem aufstrebenden Chengde,
Simon Gisler