Am 29. September 1957 wurde das Beijinger Planetarium, Chinas erstes und bisher einziges großangelegtes Planetarium, fertiggestellt. In den vergangenen über 50 Jahren hat es rund 10 Millionen Zuschauer empfangen und eine wichtige Rolle bei der Verbreitung wissenschaftlicher Kenntnisse, vor allem natürlich der Astronomiekenntnisse, gespielt. Kürzlich hatten wir Gelegenheit, den Leiter des Beijinger Planetariums, Doktor Zhu Jin, zu interviewen. Mit ihm führten wir ein spannendes Gespräch über die Aktivitäten des Planetariums in der jüngsten Zeit.
Doktor Zhu Jin ist selbst Astronom. Er allein hat während seiner Forschungstätigkeit beim Beijinger Observatorium über 2.700 Kleinplaneten entdeckt. Zum Zeitpunkt der Spätphase des Umbaus des Beijinger Planetariums im September 2002 trat Zhu Jin das Amt als Leiter des Planetariums an.
Über die Aufgaben des Planetariums erklärt uns Zhu:
"Unsere Hauptaufgabe ist die Vermittlung von Kenntnissen aus dem Bereich Astronomie. Daneben führen wir auch Forschungen durch. Besonders in den vergangenen zehn Jahren haben wir große Fortschritte gemacht. Unsere Bedingungen sind deutlich besser geworden. Die Einrichtungen sind auch international gesehen die besten."
Ein Großteil der wichtigen Einrichtungen im Beijinger Planetarium stammt aus Deutschland, und zwar von Zeiss. Die weltweit als erste eingesetzte Kuppelleinwand in der neuen Halle ist an einen deutschen Laserprojektor angeschlossen. Heute ist die alte Halle nach dem Umbau 2007 bis 2008 auch mit einem Planetarium von Zeiss ausgestattet. Dieses Planetarium ist das modernste weltweit.
Mit internationalen Planetarien pflege das Beijinger Planetarium auch Kontakte, die in Zukunft noch zunehmen sollten, meint Zhu.
"Wir sind nun aktiv dabei, die Zweigeinrichtung der Internationalen Gesellschaft für Planetarien in China aufzubauen. In China gibt es zurzeit nahezu 200 abhängige Planetarien, die zu verschiedenen Wissenschaftsmuseen, Universitäten oder Mittelschulen gehören, und zwei unabhängige Planeterien wie das in Beijing, das mit öffentlichen Fördermitteln finanziert wird, und das andere in Fujian, das privat finanziert wird. Mit US-amerikanischen, japanischen und deutschen Kollegen pflegen wir gute Kontakte. Doch gemeinsame Projekte wie Programmaustausche betreiben wir noch nicht viel. Das wird sich aber in Zukunft noch ändern."
Da das Beijinger Planetarium Sitz der Arbeitskommission für die Verbreitung von Astronomiekenntnissen ist, versteht das Planetarium selbst es ebenso als eine Aufgabe, Astronomiekenntnisse landesweit zu verbreiten.
"Seit sechs Jahren veranstalten wir unter Schülern jährlich nationale Olympia-Wettbewerbe für Astronomie. Wir wählen unter Kindern, die wirklich Interesse haben, Kandidaten, die dann zur Teilnahme an internationalen Wettbewerben eingeladen werden. Unsere Schüler bringen jedes Mal Medaillen mit nach Hause, obwohl wir erst vor sechs Jahren begonnen haben."
Im Oktober werden Zhu Jin und seine Kollegen zwei Schülerteams für die Teilnahme an internationalen Wettbewerben nach Iran beziehungsweise Südkorea leiten. In der ostchinesischen Stadt Hangzhou soll im November der diesjährige Internationale Astronomie-Olympia-Wettkampf stattfinden.
Seit zehn Jahren betreut Zhu Jin eine Gruppe für Astronomie-Interessierte. Initiiert wurde die Gründung der Gruppe vom Beijinger Wissenschaftsclub für Jugendliche und Kinder. Zhu Jin war einer der Tutoren. Jedes Jahr betreut er rund zehn Mittelstufenschüler und diskutiert viel mit ihnen. Manche Schüler können sogar reiner Forschungsarbeit nachgehen.
"Die Ideen mancher Schüler können in wissenschaftlichen Abhandlungen veröffentlicht werden, sogar international. Manche Schüler haben an Innovationswettbewerben teilgenommen, manche an der Wahl für den künftigen Wissenschaftsnachwuchs. Drei Schüler von mir sind nach ihrem Schulabschluss wegen ihrer Hobbyforschungen direkt zum Studium an die Tsinghua-Universität gegangen, zwei an die Peking-Universität."
Zhu Jin ist Leiter der Nationalen Arbeitskommission für die Verbreitung der Astronomie und zudem China-Koordinator des Internationalen Astronomie-Jahres 2009. Er will das Internationale Astronomie-Jahr nutzen, um Astronomie in chinesischen Mittel- und Grundschulen zu verbreiten. Die Mittelschule Xingang in der Stadt Tianjin hat nun mit dem Tianjiner Wissenschaftsmuseum einen Astronomiekurs eröffnet. Zurzeit arbeitet das Beijinger Planetarium mit der Ersten Grundschule des Bezirks Daxing zusammen, in der alle Schüler ab dem dritten Jahrgang Astronomie als Pflichtfach lernen. Diese Projekte werden von dem lokalen Bildungsamt finanziell unterstützt. Doktor Zhu:
"Dieses Jahr werden wir in der Mittelschule Huangsongyu im Bezirk Pinggu das Fach Astronomie einrichten. Jede Woche werden wir Lehrer dorthin schicken. Die Bedingungen dort zur Beobachtung sind äußerst gut. Im Sommer kann man abends über dem Schulgelände direkt die Milchstraße sehen."
Im Rahmen des Internationalen Astronomie-Jahres sei geplant, am 21. September, dem Internationalen Tag des Friedens, eine gemeinsame, Länder übergreifende Beobachtungsaktion durchzuführen, teilt Zhu Jin uns mit. Vom 4. bis 10. Oktober, also während der Internationalen Woche des Weltraums, folgt dann wiederum eine Reihe von gemeinsamen Beoachtungen. All diese gehören zu dem Sonderprogramm "Star Peace" im Rahmen des Internationalen Astronomie-Jahres. Zhu Jin war froh über das bisherige Echo unter dem chinesischen Publikum:
"Gestartet wurde das Internationale Astronomie-Jahr im April in China. Bisher haben unsere Aktivitäten und einige große Veranstaltungen ein sehr gutes Echo bekommen. Ein gemeinsames Ziel von uns ist, 10 Millionen Menschen auf der ganzen Welt ihre erste Beobachtung durch Astronomieteleskope zu ermöglichen. Eigentlich haben wir Ende Juni dieses Ziel bereits erreicht. Wir möchten aber noch nicht aufhören."
Ein weiteres ehrgeiziges Ziel des Planetariumsleiters ist es, eine Rundschau durch alle Universitäten und Hochschulen in Beijing zu machen. Im ganzen Land möchten er und seine Kollegen an einhundert Plätzen astronomische Kenntnisse vermitteln.
Astronomie-Interessierte können am dritten Samstag jedes Monats ins Beijinger Planetarium gehen, um dort Vorträge von international und national bekannten Astronomen anzuhören und sich an Diskussionsrunden zu beteiligen. Für das Publikum und die Presse bietet das Planetarium jeden Monat einmal eine Astronomie-Mitteilung. Dabei werden die Anwesenden über wichtige Entdeckungen in internationalen Astronomiekreisen im vergangenen Monat informiert, und astronomische Erscheinungen im kommenden Monat wie Meteorschauer, Sonnen- und Mondfinsternisse werden angekündigt.
Wie der Planetariumsleiter Zhu Jin sagt, sieht er es als sehr sinnvoll an, durch seine Bemühungen mehr Menschen für Astronomie zu interessieren. Genau wie auch Chinas Ministerpräsident Wen Jiabao betont: "In einer Nation soll es mehr Menschen geben, die zum Sternenhimmel hinaufblicken!"
Gesprochen von: Michael Koliska, Qiu Jing
Interview und Text: Qiu Jing