M: An der südwestchinesischen Grenze zu Myanmar befindet sich das Dorf Yinjing. Genauer gesagt, befindet es sich in Myanmar und in China. Denn die Grenze läuft quasi mitten durch die Siedlung. Seit Jahren leben die Dorfbewohner mit unterschiedlichen Staatsangehörigkeiten dort friedlich mit- und nebeneinander.
F: Der Autonome Bezirk Dehong der südwestlichen Provinz Yunnan grenzt direkt an Myanmar. Dabei befindet sich das Dorf Yinjing genau am Grenzstein Nr. 71. Die Grenze wird von Bambuszäunen, Dorfwegen und Wassergräben gebildet. Und während man auf der chinesischen Seite das Dorf Yinjing nennt und heißt es auf der anderen Seite Mangxiu.
M: Lu Yan aus der Stadt Ruili des Bezirks Dehong hat Yinjing schon mehrmals besucht. Sie sagt, die Dorfbewohner sprächen die gleiche Sprache, teilten die gleichen Sitten und Bräuche. Sie benutzen die gleichen Wege und hätten auch Wasser aus demselben Brunnen getrunken. Für sie sei es ganz normal, die Grenze mehrmals am Tag zu überqueren.
"Die Menschen machen sich keinen Gedanken darüber, dass sie zwei verschiedenen Staaten angehören. Sie sind halt Nachbarn. Manchmal klettern die Melonenpflanzen einer chinesischen Familie über den Zaun zu einer myanmarischen Familie. Oder die Hühner eines Myanmaren legen Eier auf dem Grundstück eines chinesischen Nachbarn."
F: Im Dorf Yinjing gibt es einen einzigen Brunnen, aus dem die Dorfbewohner von beiden Seiten einst Wasser holten. An der Außenwand des Brunnens sind die Schriftzeichen "Brunnen in einem Dorf von zwei Ländern" sowohl auf chinesisch als auch auf myanmarisch eingekerbt. An der Wand sind zwei steinerne Eimer, die dazu dienten, das Wasser zu filtern. Auf den Eimern steht jeweils China und Myanmar. Früher holten die Dorfbewohner jeden Tag Wasser aus diesem Brunnen. Auch wenn heute das Wasser aus Leitungen kommt, bleibt der Brunnen ein Beweis der friedlichen Nachbarschaft.
M: Die meisten Dorfbewohner sind Angehörige der Dai. Zum Wasserfest der Dai werfen sich alle Dorfbewohner in Schale und tragen ihre Trachten. Auch werden Bewohner der Nachbardörfer eingeladen. Bauer Yue Sisai aus dem Dorf Shunha der Stadt Ruili, sagt, er habe schon mehrmals das Wasserfest im Dorf Yinjing miterlebt.
"Zum Wasserfest werden wir oft eingeladen. Es ist wunderbar. Während des Festes kann man dann auch nicht mehr unterscheiden, wer Chinese ist und wer aus Myanmar kommt."
F: An der chinesischen Grundschule lernen auch viele Kinder aus Myanmar. Jeden Morgen müssen die Kleinen dann samt Schultasche die Grenze überqueren. Und abends geht es dann wieder ab in die Heimat. Auch gibt es viele Ehen über Ländergrenzen hinweg. Der chinesische Mann Yan Jing ist 29 Jahre alt. Seine Frau kommt von der myanmarischen Seite des Dorfes.
"Wir sind beide Angehörige der Dai. So leben wir nach gleiche Sitten und Bräuchen."
Moderatoren: Li Yanping, Michael Koliska