Auf Mongolisch heißt Horgos so viel wie "Bestes Weidegebiet". Grasende Schaf- und Viehherden gehören in Horgos jedoch schon lange der Vergangenheit an. Die 15.000 Einwohnerstadt an der kasachischen Grenze wurde von Chinas Staatsrat im Jahr 1983 zur Freihandelszone bestimmt. Wie während der Tang-Dynastie vor 1.500 Jahren soll Horgos wieder zu einem wichtigen Handelszentrum entlang der ehemaligen Seidenstraße werden.
Im Ausbau begriffen - die Freihandelszone Horgos
Der Entscheid der chinesischen Regierung, in Horgos eine Freihandelszone zu errichten, ist nicht nur historisch bedingt, sondern hat in erster Linie mit der geografischen Nähe von Horgos zu den ehemaligen Sowjetrepubliken Kasachstan, Kirgisistan, Tadschikistan und Turkmenistan zu tun. Zudem liegt Horgos in einem Gebiet, das über reiche Bodenschätze wie Öl und Erdgas verfügt.
Der eigentliche wirtschaftliche Aufstieg von Horgos begann allerdings erst nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion im Jahr 1991. Die einst völlig abgeschottete Grenze zwischen China und Kasachstan erlebte eine regelrechte wirtschaftliche Wiedergeburt. Nach offiziellen Angaben betrug das Exportvolumen von Horgos im Jahr 2005 817 Millionen US-Dollar. Das Außenhandelsvolumen stieg im selben Jahr um satte 44 Prozent. Im Jahr 2006 erreichte das Außenhandelsvolumen erstmals die Grenze von einer Milliarde US-Dollar. 2007 wuchs das Außenhandelsvolumen mit 28 Prozent noch einmal stark an.
In Anlehnung an Deng Xiaoping soll der chinesische Präsident Hu Jintao nach seinem Besuch in Horgos im Jahr 2003 intern die Parole ausgegeben haben, Horgos zu einem "Shenzhen des Westens" auszubauen. Xu Chongzhi, der Leiter der Außenhandelskammer von Ili, hat noch ehrgeizigere Pläne. Ihm schwebt ein Außenhandelsvolumen in der Größenordnung von Hongkong vor.
Die Weltwirtschaftskrise hat diesem ambitiösen Ziel aber erstmals einen Strich durch die Rechnung gemacht. Xiong Wu, der Direktor von einem der insgesamt fünf Logistikzentren in Horgos, kann davon ein Liedchen singen. Vor der Finanzkrise seien in seinem Zentrum täglich durchschnittlich 90 Lastwagen mit Gütern aus China beladen worden und über Kasachstan in Richtung Europa gefahren. Seit Beginn der Krise hingegen nur noch rund 30 Laster pro Tag, so Wu.
Güterumschlag im Logistikzentrum
Zu den Unternehmen, die in Horgos Güter abholen, gehört auch die deutsche Firma Möbel Kraft aus Bad Segeberg. Neben Möbeln werden in Horgos hauptsächlich Baumaterialien und Lebensmittel umgeschlagen. Die chinesische Firma Changtai, die Lebensmittel verarbeitet, exportiert beispielsweise Weißkohl aus Horgos nach Berlin.
Noch stärker als die Weltwirtschaftskrise haben sich die Unruhen vom 5. Juli in Urumqi auf den Handel in Horgos ausgewirkt. In den ersten drei Tagen nach den Ausschreitungen sei der Güterumschlag in seinem Logistikzentrum praktisch zum Stillstand gekommen, sagt Wu. Nicht weniger schwer getroffen als Wu hat es die vielen Ladenbesitzer im Internationalen Kaufzentrum von Horgos. Aus Angst vor neuerlichen Gewaltakten sind die zahlungskräftigen Tagestouristen vom chinesischen Festland und aus Taiwan seit dem 5. Juli ausgeblieben. Das Kaufzentrum, in dem es alle nur erdenklichen Luxus- und Bedarfsartikel aus dem GUS-Raum zu kaufen gibt, ist praktisch menschenleer.
Gähnende Leere im internationalen Kaufzentrum
Das internationale Kaufzentrum
Mit freundlichen Grüssen aus Horgos, Chinas Tor nach Zentralasien und Europa,
Text: Simon Gisler
Fotos: Li Qian