Mittelstation: Umsteigen vom Bus in den Geländewagen
Ankunft auf dem vernebelten Gipfel
Das Changbai-Gebirge ist das touristische Aushängeschild des koreanischen autonomen Gebiets Yanbian. Auf Deutsch bedeutet Changbai "Immerweiß". Die Bergkette im Südosten der Provinz Jilin verdankt ihren Namen dem Schnee, der das ganze Jahr hindurch auf ihren höchsten Gipfeln liegt, sowie dem weißen Bimsstein, aus dem ihre Gipfel bestehen. Einige der insgesamt 16 Gipfel des Changbai-Gebirges befinden sich auf chinesischem, einige auf nordkoreanischem Hoheitsgebiet. Der höchste davon liegt auf knapp 2.700 Metern über dem Meeresspiegel. Als Quelle der drei Flüsse Songhua, Tumen und Yalu kann das Gebirge auch als Wasserreservoir Nordchinas bezeichnet werden. Der Changbaishan ist aber auch einer der wichtigsten Orte in China zur Gewinnung von Holz und Heilpflanzen für die Traditionelle Chinesische Medizin wie Ginseng.
Marsch hinauf zum Rand des Kratersees
So sähe er aus - Fotoverkäufer am unsichtbaren Tianchi
"Wer den Changbaishan nie bestiegen hat, wird das sein Leben lang bereuen", sagte Deng Xiaoping nach seiner Gipfelbesteigung im Sommer 1983. Heutzutage noch von einer Besteigung des Changbaishan zu sprechen, ist jedoch leicht untertrieben. Die Hauptattraktion des Changbaishan, der Tianchi oder "See des Himmels", kann bequem per Auto erreicht werden. Nach einer 20-minütigen Fahrt im modernen Strassenbus müssen die "wagemutigen" Bergsteiger auf sechsplätzige Geländewagen umsteigen, die ununterbrochen zwischen der Tal- und der Bergstation verkehren. Die eigentliche Wanderung von der Bergstation hinauf zum Kratersee dauert maximal 15 Minuten und stellt selbst für den größten Sportbanausen keine Herausforderung dar.
Anders als in den Schweizer Alpen ist man auf dem Changbaishan nicht ganz allein. Das Marschieren im Gänsemarsch mit kleineren Wartepausen zwischendurch hinauf zum Rand des Tianchi auf 2.200 Metern ist unvermeidlich. Dasselbe gilt beim Warten hinunter ins Tal. 130 Geländewagen sind im Einsatz, um die Wartezeit so kurz wie möglich zu halten.
Der Tianchi in voller Pracht - nur in der Hotellobby
Kampf ums Erinnerungsfoto
Der Changbaishan ist in ganz China bekannt für weitläufige Wälder, schneebedeckte Gipfel, Artenvielfalt sowie den malerischen Kratersee Tianchi, in dem es wie im schottischen Loch Ness angeblich auch Seeungeheuer geben soll. Von alledem sehen wir am heutigen Tag aber leider nichts. Der Nebel ist so stark, dass man nicht einmal die Umrisse des großen Bergsees erkennen kann.
Ihren heutigen Besuch auf dem Changbaishan ein wenig bereuen werden wohl all jene, die bei einer Temperatur von fünf Grad Celsius und ständigem Nieselregen weder einen Schirm noch eine warme Jacke bei sich haben. Wer hingegen mystische Nebelschwaden liebt und das Bad in der Menge nicht scheut, der wird seinen Besuch auf dem Changbaishan wie Deng Xiaoping sein ganzes Leben lang nicht mehr vergessen.
Schlange stehen vor der Talfahrt
Heilpflanzen und Pilze - einige der vielen natürlichen Schätze des Changbaishan
Mit freundlichen Grüssen vom vernebelten Changbaishan,
Text und Fotos: Simon Gisler