Der Verkehr auf der nordkoreanischen Seite hält sich in Grenzen
Von Schwerverkehr ist auf der zweispurigen Strasse von Yanji ins 100 Kilometer entfernte Hunchun so gut wie nichts zu spüren. Um den Strassenzustand steht es ebenfalls nicht zum Besten. Immer wieder werden wir in unserem Minibus so richtig durchgeschüttelt. Dies wird sich jedoch schon bald ändern, denn Hunchun wird zu einem der wichtigsten Transporthubs in Nordostasien ausgebaut. Mit dem Bau der neuen Autobahn, welche die 250.000 Einwohnerstadt im Südosten der Provinz Jilin einst mit dem Provinzhauptort Changchun verbinden wird, wurde bereits begonnen.
Chinesisch-nordkoreanische Grenze in Hunchun
Chinesisch-russische Grenze in Hunchun
Die Stadt Hunchun liegt eingebettet zwischen Russland und Nordkorea. Ihre Wichtigkeit verdankt sie in erster Linie der unmittelbaren Nähe zum Japanischen Meer, das nur 15 Kilometer entfernt ist. Hunchun ist die einzige Stadt Chinas, die über einen Zugang zum Japanischen Meer verfügt. Im Moment ist die wichtigste Hafenstadt in Nordostchina Dalian in der Provinz Liaoning. Der zunehmende Handel zwischen China, Russland, Südkorea, Nordkorea und Japan verlangt jedoch nach einem näher gelegenen Güterumschlagplatz als Dalian.
Auf Initiative des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) verabschiedeten China, Russland, Südkorea, Nordkorea und die Mongolei im Jahr 1992 einen Plan zur Errichtung einer grenzüberschreitenden Freihandelszone im Tumen-Delta. Im Rahmen des sogenannten Tumen River Area Development Project (TRADP) soll Hunchun in einen internationalen Verkehrsknotenpunkt ausgebaut werden.
Näherin in einer japanischen Textilfirma in Hunchun
Russische Geschäftsleute sollen sich in Hunchun wie zu Hause fühlen
Noch ist in der selbsternannten „Goldenen Hafenstadt" Hunchun nicht alles Gold, was glänzt. Seit Beginn der Reform- und Öffnungspolitik im Jahr 1978 hat sich das Stadtbild jedoch gewaltig verändert, wie Lang Xinhe, der stellvertretende Parteisekretär der Wirtschaftskooperationszone Hunchun stolz ausführt. In seiner Kindheit seien die meisten Leute in Hunchun sehr arm gewesen. Es habe ihnen sowohl an Nahrungsmitteln als auch an warmer Winterkleidung gefehlt. Der rasante wirtschaftliche Aufstieg Hunchuns sei eng mit dem Entwicklungsplan der UNDP verbunden, sagt der 51-Jährige.
Hat gut lachen – Lang Xinhe
Mittlerweile haben sich 68 ausländische Firmen in Hunchun niedergelassen - die meisten davon stammen aus Südkorea, Japan und Russland. Vor allem der russische Einfluss ist in Hunchun unübersehbar. Die meisten Läden sind in kyrillischer Schrift angeschrieben und russische Produkte wie Wodka sind ganz einfach zu kriegen. Zudem ist die Wahrscheinlichkeit groß, im Stadtzentrum einer blauäugigen Blondine aus Russland über den Weg zu laufen.
Chinesisch, Koreanisch, Russisch - Hunchun ist dreisprachig
Auf der gegenüberliegenden Seite des Tumen-Flusses ist vom wirtschaftlichen Aufschwung (noch) nichts zu sehen. Eine Straße entlang des Flusses wie auf der chinesischen Seite ist in Nordkorea nicht auszumachen. Von Zeit zu Zeit sieht man einige Bauernhäuser. Menschen oder grasendes Vieh sind ebenfalls nicht zu erkennen.
Blick in Richtung Nordkorea
Etwas verloren am Fuss des nebelverhangenen Hügels wirkt auch der Grenzübergang südlich von Hunchun. Vor dem nordkoreanischen Zollgebäude stehen ein knappes Dutzend Pws und Lkws. Die Szenerie ist so gespenstisch ruhig, dass meine Begleiterin vor Aufregung fast die Fassung verliert, als sich plötzlich ein Lastwagen in Bewegung setzt und langsam den Berghang hinauffährt.
Mit freundlichen Grüssen aus dem regnerischen Hunchun,
Simon Gisler