Der CRI-Reisebus
Selbst die längste Reise beginnt mit dem ersten Schritt, besagt ein chinesisches Sprichtwort. Unser erster "Schritt" bestand aus einer knapp zwölfstündigen Busfahrt von Beijing ins 1.100 Kilometer entfernte Changchun, was in etwa der Strecke Zürich-Palermo entspricht.
Obwohl es entlang der Autobahn durch die Provinzen Hebei, Liaoning und Jilin landschaftlich nicht viel zu sehen gab, verlief die Fahrt in den Hauptort Jilins äußerst kurzweilig. Besonders unterhaltsam waren die in regelmässigen Abständen wiederkehrenden Hinweis- und Warnschilder wie "Fahren Sie nicht, wenn Sie müde sind!", "Abfall aus dem Auto werfen verboten!" oder "Überladen Sie Ihr Fahrzeug nicht!". Angesichts des flüssigen, teilweise aber etwas chaotischen Verkehrs, würden Schilder wie "Rechts überholen verboten!", "Vor dem Überholen das Blinken nicht vergessen!" oder "Das Überholen auf dem Pannenstreifen ist strengstens untersagt!", zweifelsohne nicht schaden.
Autobahnraststätte nördlich von Tangshan
Auch der Anblick eines Lkws, der mitten auf der Strasse repariert wird, ist für das westliche Auge ein wenig gewöhnungsbedürftig Insgesamt ging es auf der Autobahn von der chinesischen Hauptstadt in die VW-Stadt Changchun jedoch äußerst gesittet zu und her. Lebensmüde Raser waren kaum auszumachen. Dasselbe gilt für ungeduldiges, nervtötendes Dauergehupe.
Einer der vielen schwer beladenen Lastwagen
Wenn man den Schwerverkehr auf der Autobahn von Beijing nach Changchun als Pulsmesser für Chinas Wirtschaft nimmt, dann ist von einer Krise wahrlich nichts zu spüren. Auf den Ladeflächen der schwer beladenen nach Norden fahrenden Lastwagen befanden sich unter anderem Baumaterialen wie Stahlträger, Rohre oder Holz, Strohballen, Teile von Windkraftwerken, Mähdrescher, Obst und Gemüse, Schweine, Rinder, ja sogar eine Ladung Hunde. Auffallend auch die vielen Autotransporter.
Eine der sieben Zahlstellen zwischen Beijing und Changchun
Der Dichte Schwerverkehr ist umso erstaunlicher, wenn man bedenkt, wie teuer der Transport auf der Strasse in China doch eigentlich ist. Allein die Strassengebühr von Beijing in die Industriestadt Shenyang für unseren Kleinbus belief sich auf rund 800 Yuan RMB (knapp 83 Euro ). Zum Vergleich: Mit 40 CHF (27 Euro) kann ein Personenwagen alle Strassen inklusive Autobahnen in der Schweiz ein Jahr lang so oft wie gewünscht benutzen. Beim Benzinvergleich dürfen sich die Schweizer ebenfalls nicht beklagen, wenn man das im Vergleich zu China höhere Lohnniveau berücksichtigt. Ein Liter Bleifrei kostet im Reich der Mitte 5.92 Yuan RMB (0.62 Euro), in der Schweiz gegenwärtig ungefähr CHF 1.70 (1.12 Euro).
Damit verabschiede ich mich fürs Erste aus dem regnerischen Changchun. Mit freundlichen Grüssen,
Text und Fotos: Simon Gisler