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Ökonom Liu Kegu schätzt Chinas Wirtschaftslage ein
  2009-05-27 13:53:44  CRI
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Chinesische Experten beurteilen die Wirtschaftsentwicklung in China trotz der Finanzkrise und der Abschwächung des Wirtschaftswachstums durchaus zuversichtlich. Diese Auffassung vertritt beispielsweise Liu Kegu, der frühere stellvertretende Präsident der Staatlichen Entwicklungsbank. In den folgenden Minuten möchten wir näher darauf eingehen.

Es ist offensichtlich: Chinas Konjunkturbarometer steht auf Sturm. Auf der jüngst zu Ende gegangenen Kanton-Messe herrschte eindeutig Krisenstimmung. Die Messe gilt als wichtigstes Treffen der Exportindustrie und ist ein vielbeachteter Indikator für die Gesamtlage der Volkswirtschaft. Im Vergleich zu den vergangenen Jahren kam 2009 nur ein Bruchteil der ausländischen Einkäufer. Hatten beispielsweise 2008 noch 22 US-Großimporteure einen eigenen Stand, waren es diesmal nur vier. Wurden voriges Jahr Bestellungen im Wert von 30 Milliarden US-Dollar aufgegeben, meldete die Messeverwaltung diesmal einen deutlichen Rückgang. Nach Auffassung von Liu Kegu, dem früheren stellvertretenden Präsidenten der Staatlichen Entwicklungsbank, ist die Aussicht der Exportwirtschaftsflaute mittelfristig. Und die Rezession dürfte noch einige Zeit anhalten, so Liu Kegu:

"Die Hinweise sind klar und deutlich, dass sich die meisten westlichen Industrieländer derzeit in einer Rezession befinden. Leider ist die chinesische Ökonomie heutzutage sehr stark von der Exportwirtschaft abhängig. Und ausgerechnet in die entwickelten Länder gehen mehr als die Hälfte der chinesischen Exportgüter. Deshalb ist es unvernünftig zu erwarten, dass das Exportgeschäft mit diesen Ländern weiterhin ein Wachstum verzeichnen kann. Zwar sind auch viele Schwellenländer seit Jahren unsere Handelspartner. Aber auch in diesen Ländern herrscht starke Krisenstimmung. Russland befindet sich zum Beispiel in einer Talfahrt und der Ukraine droht sogar ein echter Zusammenbruch. Die chinesische Exportwirtschaft befindet sich deshalb bereits in einer sehr kritischen Phase. Und diese Phase wird noch lange andauern."

Dennoch gibt es erste Signale, dass sich die chinesische Wirtschaft allmählich stabilisiert. Seit Jahresanfang hat der chinesische Leitindex, der Shanghai Composite Index, um rund 20 Prozent zugelegt. Weiterhin schlecht sieht es allerdings beim Export aus - dieser ging den fünften Monat in Folge zurück. Liu Kegu hält es für nicht möglich, andere Länder zum Kauf chinesischer Produkte zu stimulieren.

"Dafür sind wir fast handlungsunfähig. Es ist nicht wie bei der Inlandsnachfrage. Es ist unmöglich, die Nachfrage im Ausland zu stimulieren. Was wir tun können ist, vor dem Hintergrund des allgemein rückläufigen Bedarfs unsere eigenen Vorzüge auszunutzen und uns dadurch im Wettbewerb mit anderen Exportnationen zu behaupten."

Es mangelte der chinesischen Regierung also an der Möglichkeit, Gegenmaßnahmen zur Belebung der Exportwirtschaft ergreifen zu können. Dies führte dazu, dass das seit Jahren rasante Wirtschaftswachstum in China im Zuge der internationalen Finanzkrise kräftig an Schwung verloren hat. Allerdings bevorzugt Liu Kegu eine andere Deutung. Nach seiner Interpretation hat sich der gesamte Konjunkturverlauf in China bereits an einem Wendepunkt befunden, nämlich schon vor dem Aufkommen der internationalen Finanzkrise:

"Nach meiner Ansicht steht die chinesische Wirtschaft derzeit unter einem doppelten Druck, und zwar jeweils aus dem In- und Ausland. Auch ohne die Auswirkungen der internationalen Finanzkrise würde sich unsere Volkswirtschaft nach achtjährigem schnellem Wachstum gemäß dem wiederkehrenden Grundmuster von Auf und Ab ohnehin in einer Talfahrt befinden. Außerdem hat sich das zweistellige Wachstum seit 2003 bereits negativ auf unser Wirtschaftsleben ausgewirkt. Zum Beispiel hinsichtlich der zu starken Exportabhängigkeit oder der Überkapazitäten in vielen Industriebranchen. Hinzu kamen der große Energieverbrauch und die Umweltverschmutzung. Diese Faktoren wirkten zusammen und haben das wirtschaftliche Gleichgewicht zerstört. Die weltweite Finanzkrise hat den Abschwung unserer Wirtschaft nur ein bisschen früher erkennen lassen."

Dieser Ansicht stimmen mittlerweile sowohl die Regierung als auch zahlreiche Wirtschaftsexperten zu. Nach fünf Jahren mit zweistelligem ökonomischem Wachstum strebt China nun eine "weiche Landung" und den Beginn einer neuen Wachstumsphase an. In diesem Zusammenhang sagte die chinesische Regierung zu, sich in den kommenden Jahren um ein kontinuierliches Wirtschaftswachstum zu bemühen. Dies soll erreicht werden mit der Ausweitung der Inlandsnachfrage und einer wirtschaftlichen Umstrukturierung. So wird beispielsweise als erstes versucht, den Einbruch der chinesischen Exportwirtschaft mit einem Konjunkturpaket im Umfang von rund vier Billionen Yuan RMB abzufedern. Liu Kegu erachtet das bereits eingeleitete Konjunkturprogramm als einen Prozess, der eher langsam zum Erfolg führen wird:

"Das Konjunkturprogramm der Regierung und die wiederkehrende wellenförmige Veränderung des wirtschaftlichen Aktivitätsniveaus sind zwei Dinge. Niemand kann vorhersagen, ob das Konjunkturpaket mit Sicherheit eine neue Aufschwungsphase in Gang setzen wird. Umgekehrt entspricht die pessimistische Theorie, wonach wir aufgrund der zyklischen Schwankungen der gesamtwirtschaftlichen Aktivität nur untätig bleiben können, auch nicht der Tatsache. Wie sind vielleicht nicht in der Lage, der gesamten Exportflaute entgegenzusteuern. Doch gibt es immer noch Möglichkeiten, den Rückgang der Exportwirtschaft in gewissem Maße abzufedern."

Deutlich mehr Möglichkeiten sieht Liu Kegu viel mehr bei der Stimulierung der Inlandsnachfrage, vor allem im Dienstleistungsbereich:

"Der chinesische Dienstleistungssektor birgt großes Potential. Hierfür nenne ich ein Beispiel. Ein Amerikaner geht in New York in eine große US-Bank, um einen Kredit zu beantragen. Er gibt dem Bankangesellten das ausgefüllte Formular. Der Angestellte klickt auf die Maus und der Antrag wird sofort in die nordwestchinesische Stadt Xi`an übermittelt. Dort bieten chinesische Bankangesellte eine schnelle Abwicklung an und senden das Erledigte zurück nach New York. Derartige Dienstleistungen sind heutzutage bereits sehr populär in China. Außer finanziellen und industrienahen Dienstleistungen schaffen vor allem auch herkömmliche Servicedienstleistungen genügend Stellen für Millionen von Menschen. Zum Beispiel die Gastronomie oder Dienstleistungen in den Wohnvierteln."

Verfasst von: Xu Wei

Gesprochen von: Xiao Lan

Forum Meinungen
• mengyingbo schrieb "Leben in Changshu"
seit etwas über einer Woche ist nun Changshu 常熟 in der Provinz Jiangsu 江苏 meine neue Heimat - zumindest erstmal für rund 2 Jahre.Changshu (übersetzt etwa: Stadt der langen Ernte) liegt ungefähr 100 km westlich von Shanghai und hat rund 2 Millionen Einwohner, ist also nur eine mittelgroße Stadt.Es gibt hier einen ca. 200m hohen Berg, den Yushan 虞山 und einen See, den Shanghu 尚湖...
• Ralf63 schrieb "Korea"
Eine schöne Analyse ist das, die Volker20 uns hier vorgestellt hat. Irgendwie habe ich nicht genügend Kenntnisse der Details, um da noch mehr zum Thema beitragen zu können. Hier aber noch einige Punkte, welche mir wichtig erscheinen:Ein riesiges Problem ist die Stationierung von Soldaten der USA-Armee in Südkorea...
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