Gegen Mittag erklingt Musik über Lautsprecher auf dem Schulgelände von Changhong Ausbildungszentrum in Mianyang. Die Türen der Klassenräume öffnen sich und hunderte Schüler rennen mit Schüsseln und Löffeln in der Hand über den Sportplatz hin zur Schulkantine. Zum Mittag gibt's Reis, Nudeln, Gemüse und Rindfleisch.
Die meisten der 3000 Schüler haben das Sichuaner Erdbeben vor einem Jahr hautnah erlebt. Einige der Schüler haben dabei Behinderungen davongetragen. Während der Katastrophe haben auch viele Kinder Verwandte verloren und so manche einen gar beide Eltern. In der Ausbildung setzt die Schule auf viel kreativen Unterricht. Dies soll den Schülern auch zum Teil helfen, mit psychologischem Stress, der das Erdbeben hinterlassen hat, fertig zu werden. Es gibt aber auch eine psychologische Beratungsstelle. Zahlreiche Schüler werden dort betreut.
Die Schüler aus Beichuan sind derzeit nur zu Gast in Mianyang. Denn der TV-Produktionsfirma Changhong gehört das Gelände, das momentan als Zentrum des Lernens dient. Bis die neue Schule für die Kinder von Beichuan fertig ist, dauert es wohl noch einige Zeit.
Die Qiang – ein Leben nach dem Erdbeben
Eine knappe Stunde mit Bus von Mianyang entfernt, liegt das Dorf Jina der Qiang-Nationalität. Etwa 290 Menschen der ethnischen Minderheit leben dort. Das Dorf wurde während des Erdbebens völlig zerstört. Doch jetzt ein Jahr danach erstrahlt die kleine Siedlung umringt von grünbewachsenden Bergen in neuem Glanz. Alle Häuser wurden im speziellen Stil der Qiang neu gebaut. Dies war allerdings nur möglich mit einem satten Zuschuss der Regierung. Viele der Dorfbewohner sind in diese idyllische Siedlung mit kleinem Bach und Bambushainen noch nicht vollständig wieder eingezogen. Denn sie verdienen ihre Brötchen noch in anderen Ecken von Sichuan.
Das Dorf Jina soll als touristischer Anziehungspunkt gelten. Die ganze neu gebaute Siedlung ist auf dem Reißbrett entstanden. Scheinbar wurde dabei nichts dem Zufall überlassen. Obwohl derzeit noch alles etwas künstlich und neu erscheint, sind es die Bewohner, die das Dorf mit ihrer Gastfreundlichkeit mit Leben erfüllen. So kann es auch sehr schnell passieren, dass man zu kleinem Gespräch mit Tee ins Wohnzimmer eingeladen wird. Dabei kann man dann den Blick auf die imposanten Berge, deren Spitzen oft in den Wolken versinken, genießen.
Michael Koliska