Auf der Busfahrt vom Flughaften zum Hotel im Stadtzentrum bekommt man einen winzigen Eindruck davon, wie groß diese Stadt ist, die über elf Millionen Menschen ihre Heimat nennen. Auch ein Blick auf die Geschichte der Stadt versetzt einen ins staunen. Denn Chengdu hat etwa 2.400 Jahre auf dem Buckel, doch dies kann man sich kaum vorstellen, wenn man sich auf mehrspurigen Schnellstrassen in Richtung Innenstadt durch den oft stockenden Verkehr drängelt. Neben Wohnhäusern, an denen die Farbe abblättert, stehen Bürohausgiganten aus Glas und Stahl, und vor allem am Stadtrand schießen neue Wohnsiedlungen scheinbar wie Pilze aus dem Boden. Dabei erinnert die Architektur dieser vor Leben sprudelnden Stadt an einigen Ecken gar an Europa. Schwer vorstellbar ist auch, dass diese zum Teil supermodernen Bauten, die wie fest verwurzelte Riesen mitten in der Landschaft stehen, vor einem Jahr unter zahlreichen Erdestößen schwankten. Vom Sichuaner Beben, bei dem am 12. Mai 2008 zehntausende Menschen auf einen Schlag ums Leben kamen, ist auf dem ersten Blick nichts in Chengdu zu spüren. Denn im Vergleich zu anderen Städten und Dörfern kam die Provinzhauptstadt vor einem Jahr mit einem blauen Auge davon.
Michael Koliska