Die 2,5 Quadratkilometer große Festung Diaoyu befindet sich auf einem 390 Meter hohen Hügel nördlich der Metropole Chongqing. Für die mongolischen Truppen vor 800 Jahren war die kleine Festung ein Alptraum. Nur 4.600 Soldaten der kaiserlichen Truppen leisteten in der Festung 36 Jahre lang dem Heer aus der Wüste unbeugsamen Widerstand. Wissenschaftler sprechen von einem militärischen Wunder. Heute steht die ehemalige Festung unter staatlichen Denkmalschutz.
Im 13. Jahrhundert zogen die Truppen des mongolischen Khans nach Süden. Der ehrgeizige Herrscher aus der Wüste wollte nicht nur den Kaiser südlich des Yangtze besiegen. Er träumte auch davon, die ganze Welt unter seine Herrschaft zu bringen. Um dieses Ziel zu erreichen, mussten die mongolischen Soldaten unbedingt die Festung Diaoyu am Oberlauf des Yangtze erobern. Denn der Weg für die mongolischen Truppen sowohl in Richtung Osten zur Kaiserstadt als auch in Richtung Westen zur arabischen Welt wäre frei gewesen, hätte der Khan die Festung Diaoyu eingenommen. Doch es dauerte 36 Jahre, bis die Festung fiel.
Dazu erklärt uns unser Reiseleiter Chi Kaizhi:
"Die Schutzmauer um die Festung ist im Durchschnitt 20 bis 30 Meter hoch. Daher war es sehr schwer, die Festung zu überfallen. Die mongolischen Truppen waren von der Höhe der Mauer total überrascht, als sie schließlich davorstanden. Auch mit Hilfe von Sturmleitern oder von Kanonen war es unmöglich, binnen kurzer Zeit in die Festung einzudringen. Der Grund dafür, dass die Soldaten der kaiserlichen Truppen für 36 Jahre lang dem feindlichen Angriff widerstehen konnten, geht auf die Lage der Festung sowie auf die Entschlossenheit und den Mut der Soldaten zurück."
In den 36 Jahren kam es vor der Festung zu mehr als 200 Kämpfen zwischen den kaiserlichen Truppen und dem Nomadenheer. Im Jahre 1279 beschlossen die Menschen innerhalb der Festung jedoch, sich zu ergeben, da viele an der Missernte des vorigen Jahres litten und sich der junge Kaiser der Südlichen Song-Dynastie nach langer Flucht ins südchinesische Meer stürzte. Die mongolischen Truppen durften erst in die Festung einziehen, nachdem sie versprochen hatten, auf Massaker und Plünderungen zu verzichten.
Mühlstein
Die Geschichte der Festung geht bis in die Tang-Dynastie vor 1.000 Jahren zurück. Ein Mönch hatte damals auf dem Diaoyu-Gebirge ein buddhistisches Kloster errichtet. In den darauffolgenden Jahren baute man in der Nähe des Klosters auch noch viele buddhistische Grotten und Buddhastatuen. Im 12. Jahrhundert wurde das Gebirge mit dem Kloster zu einem bekannten Reiseziel für Abenteurer.
Aufgrund von langjährigen Auseinandersetzungen zwischen der Südlichen Song-Dynastie und den mongolischen Truppen baute man im Jahre 1243 eine Festung, um Getreide zu horten, Soldaten zu stationieren und vor allen Dingen den Marsch des Heeres aus der Wüsten aufzuhalten.
Denn die Region um die Festung war sowohl wirtschaftlich als auch militärisch für die Existenz der Südlichen Song-Dynastie von großer Bedeutung. Dazu erklärt uns unser Reiseleiter Chi Kaizhi:
"Die Provinz Sichuan, in der sich die Festung befindet, war durchaus wichtig für die Wirtschaft der Südlichen Song-Dynastie. Ein Drittel der kaiserlichen Kasse wurde durch Steuern aus Sichuan gefüllt. Und ein Drittel aller kaiserlichen Soldaten kamen aus dieser Region. Die Mongolen erkannten natürlich die Wichtigkeit der Festung, sie wollten den Kaiser schnell zur Kapitulation zwingen und von der florierenden Wirtschaft in Sichuan profitieren. Doch die Kämpfer aus der Wüste konnten sich nicht an das hier vorherrschende Klima gewöhnen. Und die Festung war außerdem so solide gebaut, dass man sie nicht leicht erobern konnte."
Kanonenstellung
Hechuan, die Präfektur, in der die Festung liegt, war während der Südlichen Song-Dynastie im 13. Jahrhundert die Kornkammer der Provinz Sichuan. Denn genau in dieser Region hier befindet sich die Schwemmebene von drei Flüssen. Der Boden ist somit sehr ertragreich. In historischen Dokumenten steht, dass in der Präfektur während der Südlichen Song-Dynastie 400.000 Menschen lebten.
Der 36 Jahre lange Widerstand der Festung Diaoyu war schon immer ein Forschungsthema vieler Militärwissenschaftler. Die Festung ist selbst nach all den Jahrhunderten größtenteils noch gut erhalten. Im Inneren befinden sich 92 Brunnen aus der Zeit der Südlichen Song-Dynastie. Auf einer Terrasse vor dem buddhistischen Kloster Baoguo erhält man einen Überblick über den mächtigen Jialing-Fluss. Besonders sehenswert sind die militärischen Einrichtungen aus der damaligen Zeit, etwa die geheimen unterirdischen Tunnel, ein an eine Felswand gebauter Holzsteg sowie der Übungsplatz der dort stationierten kaiserlichen Truppen. Unser Reiseleiter Chi Kaizhi macht auf die für die Pferde vorbereiteten Wege in der Festung aufmerksam:
"In vielen militärischen Einrichtungen baute man Wege für Pferde. Dadurch konnten die Soldaten in Notfällen schnell zusammengezogen werden. Die Wege an der Großen Mauer nahe Beijing sind am breitesten. Einer davon ist so breit, dass ihn fünf Pferde oder acht Soldaten nebeneinander passieren können. Man entschied sich, in der Festung Wege zu bauen, die fünf Pferde nebeneinander durchlaufen konnten."
Alter Mörser
Reisetips:
Und nun haben wir noch einige praktische Reisetips für Sie:
Der Eintritt in die Festung kostet umgerechnet drei Euro.
Sie können von der Busstation Guanyin-Qiao in Chongqing aus mit dem Bus nach Hechuan fahren. Dann steigen Sie in der Station Taermen in den Bus zur Diaoyu-Festung um.