Yiwu befindet sich in der ostchinesischen Provinz Zhejiang. Innerhalb der vergangenen 30 Jahre hat sich hier ein riesiger Markt für Kleinartikel herausgebildet, der sich landes- und sogar weltweit einen Namen gemacht hat.
Noch vor 30 Jahren war Yiwu eine unbekannte kleine Ortschaft mit Bewohnern, die ausnahmslos in Armut lebten. Dennoch besitzt der kleine Marktflecken seine Besonderheit: die Tradition geschäftlicher Tätigkeiten. Besonders auffallend war diese Tradition in der Anfangsperiode der Reform und Öffnung Chinas. Da Anfang der 1980er Jahre der Zwischenhandel noch nicht erlaubt war, hatten die Bauern und Handwerker keine andere Möglichkeit, als ihre selbst produzierten beziehungsweise gefertigten Produkte an Verkaufsständen zu den bestmöglichen Preisen zu verkaufen. 1982 hat die lokale Regierung beschlossen, den Zwischenhandel zu genehmigen. So ist in Yiwu ein Markt für Geschenkartikel, Schmuck und kunsthandwerkliche Produkte entstanden. Dazu sagt der stellvertretende Bürgermeister der Stadt Yiwu, Li Xuhang:
"In Yiwu fehlt es an Boden- und sonstigen Ressourcen. Auch geografisch besitzt unsere Stadt keinerlei Vorzüge. Die Geschäftstradition war das einzige, auf das wir uns seit Beginn der Reform und Öffnung stützen konnten. Daher hat die Stadtregierung den Anforderungen der Bevölkerung entsprechend einen Markt aufgebaut."
Der Markt für Kleinartikel ist in Yiwu schnell gewachsen und mittlerweile zur Schubkraft der lokalen Wirtschaft geworden. Die Geschäftsleute haben sich anfänglich vor allem auf Büroklammern, Knöpfe, Socken und Feuerzeuge konzentriert, da diese Produkte von Händlern aus anderen Landesteilen vernachlässigt wurden. Bis 1991 ist es der Stadtregierung und den Händlern gelungen, Yiwu zum landesweit größten Kaufparadies für kleine Gebrauchsartikel zu entwickeln.
Doch wollte sich die Stadtregierung nicht mit den erzielten Erfolgen begnügen. Stattdessen wurde in Yiwu eine Wechselwirkung zwischen Produktion und Handel angestrebt. Konkret geht es darum, den aus dem hiesigen Handel erzielten Erlös in die Entwicklung des Produktionsgewerbes zu investieren. Mit diesen Produkten soll dann umgekehrt der lokale Markt in zunehmendem Maße beliefert werden. Diese Strategie soll Yiwu zusätzlich zu einem leistungsfähigen Produktionsstandort mit zahlreichen namhaften Unternehmen machen. Dazu noch einmal der Vizebürgermeister Li Xuhang:
"Der Aufbau von Produktionsstandorten in Yiwu hat sich inzwischen als erfolgreich erwiesen. Mittlerweile wurden 30 Prozent der in Yiwu abgesetzten Waren von heimischen Herstellern produziert. Zurzeit arbeiten in Yiwu mehr als 25.000 Unternehmen. Manche davon haben sich bereits zu Industrieführern entwickelt. In Yiwu befinden sich die fünf weltweit führenden Hersteller für Socken, Strohhalme, Reißverschlüsse und Schmuck. Unsere Stadt ist bereits zu einer Produktionsbasis für Gebrauchsartikel geworden, die in zwölf Bereichen ihre Anwendung finden."
Die Stadt Yiwu hat allen Grund, sowohl auf ihren kompletten Produktionsstandort als auch auf ihre gute Handelsinfrastruktur stolz zu sein. Wer in Yiwu einkaufen möchte, dem stehen 70.000 Läden und Verkaufsstände mit einer Gesamtfläche von vier Millionen Quadratmetern zur Verfügung. Auch die Exportwirtschaft in Yiwu hat sich nach und nach ausgeweitet. Jährlich werden mehr als 500.000 Container Waren in 215 Länder und Gebiete exportiert.
Wie ein Magnet zieht Chinas Kaufparadies für Gebrauchsartikel mehr und mehr ausländische Kaufleute an. Zu ihnen gehört Hamed Nasr. Er stammt aus dem Iran und ist bereits seit fünf Jahren aktiv in Yiwus Sockengeschäft. Neben den günstigen Preisen der Waren führt er die Attraktivität der Stadt Yiwu vor allem auf die optimale Handelsinfrastruktur und die schnelle Entwicklung der Stadt zurück:
"Das Handelsumfeld ist ausgezeichnet. Hier erlebt man jedes Jahr gigantische Veränderungen. Die Entwicklung lässt sich sogar innerhalb der wenigen vergangenen Monate spüren. Noch vor sechs Monaten machten die Sockenverkäufer ihre Geschäfte separat in allen Ecken der Stadt verstreut. Nun sind sie gut organisiert in einem Gebäude des Internationalen Handelszentrums. Hier haben die Verkäufer Konkurrenz und die Käufer eine große Auswahl. Das ist vor allem für die Zwischenhändler sehr positiv."
Auch Umaru aus Nigeria ist von dem riesigen Kaufparadies sehr beeindruckt. Nach seiner Ansicht ist Yiwu ein Miniatur-Beispiel für die Entwicklung Chinas:
"Hier finde ich alles, was ich brauche. Und hier habe ich die großen Veränderungen Chinas selbst miterlebt. Das Handelsumfeld ist sehr gut. Beispielsweise genießen Zwischenhändler den Vorteil, ihre gewünschten Waren direkt in den Produktionswerken auswählen zu können."
Nasr und Umaru zählen zu den derzeit insgesamt 10.000 in Yiwu ansässigen ausländischen Geschäftsleuten, die aus über 100 Ländern und Regionen stammen. Im Ausland verfügt die Stadt Yiwu mittlerweile über mehr als 1 900 Vertretungen.
Übersetzt von: Xu Wei
Gesprochen von: Lü Xiqian