Am Sonntag besuchte die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton erneut Ägypten. Sie kam dabei mit dem ägyptischen Vizepräsidenten Mohammed El-Baradei, Ägyptens Interimspräsident Adli Mansur, dem stellvertretenden Ministerpräsidenten und Verteidigungsminister Abdel Fattah al-Sisi, Außenminister Nabil Fahmy sowie Vertretern der salafistischen Nour-Partei zusammen.
Während der Gespräche klärten Mansur und El-Baradei Ashton über die aktuelle Situation in Ägypten auf und betonten, dass die ägyptische Regierung sich für eine friedliche Lösung der Krise einsetze. Ashton äußerte ihre Unterstützung für den Übergangsfahrplan und rief alle Seiten auf, sofort die Gewalt einzustellen. Es sei von äußerst großer Bedeutung, so Ashton weiter, dass alle politischen Kräfte in dem vom Militär vorgelegten Entwicklungsplan berücksichtigt würden. Nur dann könnte das Verfassungssystem in kürzester Zeit wieder hergestellt und zuverlässige Wahlen abgehalten werden.
Das ägyptische Außenministerium ließ nach dem Treffen mit Nabil Fahmy in einer Erklärung verlauten, Ashton sei der Ansicht, dass Mohammed Mursi die Wünsche der ägyptischen Bevölkerung nicht verwirklicht habe. So sollten alle Seiten des Krisenlands Zurückhaltung üben und sich am umfassenden demokratischen Prozess beteiligen.
Darüber hinaus traf sich Ashton auch mit Vertretern mehrerer politischer Fraktionen, u.a. islamischen Parteien wie den Muslimbrüdern sowie politischen Bewegungen wie Tamarod und die Jugendbewegung 6. April. Dabei seien die großen Meinungsverschiedenheiten deutlich geworden.
Beim Treffen mit der EU-Politikerin haben fünf Vertreter der Muslimsbrüder die Behörden aufgefordert, ein Versöhnungssignal zu senden, die Bedrohung der Demonstranten einzustellen, die Verleumdung der Opponenten zu stoppen und politische Gefangene zu entlassen. Sie betonten ferner die Notwendigkeit eines „fairen, legalen" Lösungsprogramms. Laut lokalen Medien haben die Muslimbrüder nicht an einer Wiederherstellung der Präsidentschaft von Mohammed Mursi festgehalten – Anzeichen für eine leichte Veränderung des Standpunktes dieser islamischen Partei.
Die Muslimbrüder müssten die Realität anerkennen, betonte der Führer der Jugendbewegung 6. April, Ahmed Maher, und gewisse Kompromisse machen. In diesem Sinne sollten Verhandlungen zwischen allen politischen Kräften geführt werden. Tamarod bekräftigte allerdings erneut, dass die Muslimbrüder für die blutigen Auseinandersetzungen verantwortlich seien und dazu verhört werden müssten.
Eigentlich sollte Ashton am Montagabend abreisen. Laut einigen Medienberichten wird die EU-Vertreterin ihren Aufenthalt verlängern und am Dienstag an wichtigen Gesprächen teilnehmen. Details darüber sind nicht bekannt.