Im Lauf der Entwicklung des tibetischen Buddhismus sind verschiedene Sekten und Schulen entstanden. Um die Kontinuität ihrer Schulrichtung zu wahren, haben alle Sekten eine eigene Nachfolgeregelung etabliert. Darin liegt auch der Grund für das Aufkommen des Reinkarnationssystems der Lebenden Buddhas.
Die Reinkarnation der Lebenden Buddhas begegnete uns zum ersten Mal bei Karma Kagyu, einer Schule der Kagyu-Sekte des tibetischen Buddhismus. Als ein hoch gebildeter Mönch während der Yuan- Dynastie vor mehr als 600 Jahren auf dem Sterbebett lag, sprach er den Wunsch aus, nach einem Kind als seine Wiedergeburt suchen zu lassen. Diesem Kind solle die Würde des Oberhauptes dieser Schulrichtung übertragen werden. Dies war der Beginn des Reinkarnationssystems der Lebenden Buddhas. Danach folgten die weiteren Sekten des tibetischen Buddhismus diesem Beispiel.
Laut Li Decheng, Direktor des Chinesischen Forschungsinstituts für Tibetologie, wurde während der Ming-Dynastie im 14. Jahrhundert die Genehmigung der Reinkarnation der Lebenden Buddhas durch die Zentralregierung festgelegt:
„Während der Ming-Dynastie wurde das Genehmigungssystem eingeführt. Damit konnte die Verwaltung der Lebenden Buddhas durch die Zentralregierung standardisiert werden. Im Jahr 1793 veröffentlichte die Zentralregierung der damaligen Qing-Dynastie das „29-Artikel-Statut für eine noch effektivere Verwaltung Tibets". In Artikel 1 des Statuts wird die Einführung des Systems der Losziehung aus der goldenen Urne zur Bestimmung der Wiedergeburt eines verstorbenen Lebenden Buddhas festgelegt."
Zu diesem religiösen Ritual sagte Li Decheng:
„Nach dem Tod eines Lebenden Buddhas sollten Lose mit mindestens zwei Namen der Seelenkind-Kandidaten in eine goldene Urne gelegt werden. Und das ganze Ritual soll nach historischen Gepflogenheiten von Vertretern der Zentralregierung geleitet werden."
Nach Auffassung von Li Decheng respektiert der Staat den Glauben und praktiziert die Reinkarnation der Lebenden Buddhas sowie die religiösen Rituale und historische Gepflogenheiten des tibetischen Buddhismus. Seit der demokratischen Reform hat es mehr als 30 Lebende Buddhas, die von der Zentralregierung und der Lokalregierung des Autonomen Gebiets Tibet genehmigt wurden, gegeben.
Im Jahr 1992 genehmigte das Büro für Religiöse Angelegenheiten beim Staatsrat den Nachfolger des 17. Lebenden Buddhas Karmapa. Im Jahr 1995 wurde das Seelenkind der Reinkarnation des 10. Panchen Erdeni nach den tibetischen buddhistischen Ritualen und den seit der Qing-Zeit bestehenden Gepflogenheiten durch die Losziehung aus der goldenen Urne bestätigt und vom Staatsrat genehmigt. Anschließend wurde die Inthronisationsfeier des 11. Panchen Erdeni veranstaltet.