Die von BBC produzierte Dokumentationsfilm-Reihe „Up Series“ ist vielen bekannt. Dabei dokumentierten der Regisseur Michael Apte und sein Team das Leben von 14 Menschen über mehrere Jahrzehnte hinweg. Nun hat ein Chinese ähnliches geschafft. Zwölf Jahre lang hat der chinesische Regisseur Zhang Tongdao das Leben von 18 Kindern dokumentiert, die nach der Jahrtausendwende geboren wurden. Vor zwei Jahren stellte er die dadurch entstandene Dokumentations-Reihe namens „Born In 2000“ vor, die auf großes Echo beim chinesischen Publikum stieß. Im September bringt er nun einen gleichnamigen Doku-Film ins Kino, in dem er die Geschichten von zwei zuvor nicht gezeigten Kindern erzählt.
„Ich bin Zhang Tongdao. Ich bin ein Lehrer. In meiner Freizeit habe ich nach der Jahrtausendwende geborene Kinder gefilmt. Von 2006 bis 2018 dokumentierte ich das Wachstum von 18 Kindern, von ihrer Kindergartenzeit, als sie vier bis fünf Jahre alt waren, bis sie an die Universität gingen.“
Vor zwei Jahren stellte Zhang Tongdao die durch seine Aufnahmen entstandene Dokumentations-Reihe „Born In 2000“ vor und regte damit viele Chinesen zum Überdenken über das chinesische Bildungssystem an. Nun bringt er die Geschichten von zwei weiteren einzigartigen Kindern, die er zuvor absichtlich nicht vorgestellt hatte, in einem gleichnamigen Dokumentationsfilm ins Kino. Es sind die Geschichten von Chi Yiyang und Rourou.
„Im Kindergarten war es unmöglich, Chi Yiyang in einer Gruppe von Jungen zu übersehen, weil er immer die leitende Figur war. Mal grub er einen Tunnel, mal kletterte er auf einen Baum und ein anderes Mal leitete er die anderen Jungen dabei an, die Nationalhymne zu singen. Rourou zu übersehen, war ebenfalls unmöglich. Sie wollte nicht am Spiel anderer Kinder teilnehmen und wurde ständig gemobbt. Einmal stand sie alleine auf einem Hügel und fing an, ein Gedicht zu improvisieren. Das Gedicht war sehr schön und es hat mich wirklich mitgenommen.“
Anfangs wollte Zhang nur die Kindergartenzeit dieser Kinder dokumentieren, doch seine Neugier über ihre weitere Entwicklung trieb ihn dazu, ihr Leben mit der Kamera weiter zu verfolgen. Die Grundschulzeit von Chi Yiyang und Rourou war für ihn allerdings ein schwerer Schlag. Die beiden Kinder stießen dort mit ihren einzigartigen Persönlichkeiten sofort gegen eine Wand. Der Kinderkönig Chi Yiyang runzelte jeden Tag die Stirn, da es zu viele Hausaufgaben gab und er ständig von den Lehrern kritisiert wurde. Auch Rourou versank in Kummer. Sie hatte künstlerisches Talent und war besonders gut im Tanzen, Singen und Malen. Doch ihre Schwäche in Mathematik führte dazu, dass sie keine guten Noten in der Schule erhielt. Darunter litt ihr Selbstbewusstsein stark.
„Wo ist das Problem? Sind sie schlechte Kinder? Ich glaube, es liegt daran, dass unsere Kriterien einfach zu einseitig sind. Außer Prüfungen zählt nichts.“
Zhang gab zu, dass es für ihn damals eine Qual war, die unglücklichen Gesichter der Kinder zu sehen. Er hoffte von ganzem Herzen, dass sich ihr Leben wenden würde. Und diese Wende kam tatsächlich. Chi Yiyang ergab sich die seltene Gelegenheit, dass er von der chinesischen Nationalmannschaft im American Football aufgenommen wurde. Dort stach er schnell heraus.
„Als wir die Szene aufnahmen, wie er mit fünf Jahren die Nationalhymne sang, hätten wir nie gedacht, dass wir eines Tages die Chance bekommen würden, nach zehn Jahren etwas Ähnliches drehen zu können. Dieses Mal singt er die Nationalhymne in einer Mannschaftsuniform mit der Nationalflagge und vertritt China. Sein Gesicht ist reif und ernst. Sein brennendes Herz ist nie erloschen. Es hatte nur eine Zeit lang sein Licht verloren.“
Auch Rourou hat ihren Weg zu einer selbstbewussten jungen Frau gefunden. In den USA absolvierte sie die Mittelschule mit ausgezeichneten Leistungen. An der Universität studierte sie als Hauptfach Pädagogik mit dem Wunsch, dass sie künftig anderen Kindern helfen kann.
Zhang Tongdao sagt, er habe durch die erfolgreichen Wenden dieser zwei Kinder einen Lichtblick in der Änderung des traditionellen prüfungsorientierten Bildungssystems Chinas gesehen. Die Eltern von chinesischen Kindern, die nach der Jahrtausendwende geboren sind, sähen im Vergleich zu den älteren Generationen vielseitigere Entwicklungsmöglichkeiten in ihren Kindern und legten mehr Wert darauf, die Persönlichkeit ihrer Kinder so gut wie möglich zu respektieren und zu schützen.
„Auch wenn dieser Film nur eine, zehn oder 100 Familien zum Überdenken ihrer Erziehungsmethoden anregen kann und diese Kinder dadurch gesünder aufwachsen, ist mein Ziel erreicht. “
Text Hu Hao