Entdeckungstour im uigurischen autonomen Gebiet Xinjiang (III) - Radio China International

2005-05-29 15:00:34
Sie war eine gedeihende Stadt auf der Seidenstraße. Die Kaiser der Han-Dynastie entsandten hohe Generäle als Garnisonoberverwalter aus der fernen Reichshauptstadt hierher. Vor 600 Jahren wurde die Stadt in einem großen Brand ruiniert. Heute erinnern nur noch dachlose Gebäude aus Lehm die eine große Vergangenheit. Die Rede ist von der Festungsstadt Jiaohe im Autonomen Gebiet Xiniang der Uiguren. 10 Kilometer westlich der Ortschaft Turpan liegen zwischen zwei versiegten Flüssen die Reste der alten Festungsstadt Jiaohe. Sie war die Hauptstadt des Königsreiches ?Vorderes Cheshi". Für mehr als 2300 Jahre war Jiaohe eine gedeihende und blühende Stadt. Erst in der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts wurde die Stadt durch langjährige Kriege und vor allem durch einen verheerenden Brand zerstört. Über die Geschichte der Stadt erzählt uns unsere Reisebegleiterin Xiang Xiaofeng: ?Bereits im 5. Jahrhundert vor Christus entstand auf diesem Gebiet das Königreich Gushi. Im Jahre 108 vor Christus wurde das Königreich von den Truppen der Han-Dynastie besiegt und in mehrere kleinere Fürstentümer aufgeteilt. Die Festungsstadt war die Hauptstadt eines dieser Fürstentümer namens Cheshi." In der Blütezeit lebten in der Stadt mehr als 10.000 Menschen. In der Festungsstadt waren über 1000 Soldaten stationiert. Hierher entsandte der Kaiser aus der entfernten kaiserlichen Hauptstadt Xian hohe Generäle als Verwaltungschef. Der Stadt lag ein perfekter Entwurf zugrunde. Über das Stadtbild weiß unsere Reisebegleiterin Xiang Xiaofeng mehr zu erzählen: ?Die Festungsstadt hatte eine Fläche von 430.000 Quadratmetern. Eine Nord-Südachse teilte die Stadt in einen westlichen und einen östlichen Teil. Im Osten waren früher meistens Regierungsgebäude und Wohnviertel. Im Westen waren Handwerksstätten und im Norden der Stadt standen imposante Tempelanlagen." Den Archäologen zufolge lebten die ärmeren Leute im Nordosten der Stadt. Die Regierungsgebäude westlich der Achsen-Straße waren größer und herrlicher. Eine interessante Entdeckung waren die Gräber von Kleinkindern direkt neben dem Regierungsviertel. Die Kinder waren alle unter 2 Jahren alt, als sie begraben wurden. Bis heute kann niemand erklären, warum die Kinder beerdigt wurden. Manche vermuten, sie seien in einer verheerenden Epidemie gestorben, andere glauben, ihre Eltern konnten sie bei einer Flucht sie mit mitnehmen und fassten sich das Herz, sie umzubringen, als Feinde die Stadt überfielen. Keine der beiden Vermutungen wirkt überzeugend. Bis heute ist der Friedhof der Kleinkinder ein Rätsel. Im Norden standen die größten Gebäude der Stadt ? Tempelanlagen nämlich. Die Einwohner der Stadt waren frohe Buddhisten. Buddhistische Tempel waren die wichtigsten Orte ihres religiösen Lebens. Der Dafo-Tempel ist die größte unter allen Klosteranlagen in der Stadt. Dazu Reiseleiterin Xiang Xiaohui: ?Der Dafou-Tempel war damals die größte Tempelanlage der Stadt. Die meisten Bewohner in Jiaohe waren Buddhisten. Der Buddhismus hatte in der damaligen Zeit einen überaus wichtigen Einfluss auf das Leben der Menschen. Hinter der Tempelanlage war ein Hain aus Stupas ? ein Friedhof der Mönche also." Erst im 20. Jahrhundert haben Archäologen in den Ruinen der Tempelanlagen goldene Buddha-Statuen ausgegraben. Für mehr als 2000 Jahren war Jiaohe nicht nur politisches Zentrum des Königsreiches ?Vorderes Cheshi", sondern auch eine religiöse Hochburg. Ihre Blütezeit erlebte die Stadt Jiaohe vom 7. bis 9. Jahrhundert während der Tang-Dynastie. Sie war eine Garnisonstadt, der Tang-Kaiser entsandte hohe Beamte und Generäle nach Jiaohe, hier stationierten sie über 1.000 Soldaten. Auch wirtschaftlich erlebte die Stadt während dieser Zeit eine Blüte. Archäologen haben im westlichen Stadtteil Ruinen von Handwerkstätten entdeckt. Die meisten Handwerker spezialisierten sich auf die Herstellung von Tonwaren. In einem Museum in Turpan werden Fragmente der vor tausend Jahren in Jiaohe hergestellten Tonwaren ausgestellt. Neben Tonwaren waren die Bürger auch exzellente Weber, Brauer und Schuhmacher. Jiaohe war einst eine Kornkammer. Außerhalb der Stadt gab es vor Jahrhunderten mehrere Oasen, und im Süden erstreckten sich weitläufige Felder. Nach der Ernten brachten die Soldaten der Garnison das Getreide durch das südliche Stadttor in die Stadt hinein. Getreide war für eine Garnisonstadt wie Jiaohe von großer Bedeutung. Es gab speziale Lagerhäuser für Getreide. Außerhalb der Stadt flossen zwei mächtige Ströme. Heute sind sie längst versiegelt. Diese Flüsse waren nicht künstlich gegraben, sondern natürliche Schutzflüsse, die Angriffe auf die Stadt erschwerten. Unsere Reisebegleiterin Xiang Xiaofeng erzählt, warum: ?Westlich und östlich der Stadt verliefen 2 Flüsse. Im Süden flossen sie zusammen. Sie waren die Schutzgraben der Stadt. Deshalb wurde rund um die Stadt Jiaohe keine richtige Stadtmauer errichtet." Das südliche Stadttor war der wichtigste Weg von der Außenwelt in die Stadt hinein. Neben dem Stadttor standen hohe Wachtürme. Falls Feinde kamen, gaben die Wächter Rauchsignale, die Soldaten rüsteten sich zum Kampf. Hohe Beamte flüchteten durch einen geheimen Tunnel, der vom Regierungsviertel aus der Stadt heraus führte. Wie hoch die militärische Bedeutung von Jiaohe auch immer gewesen sein mag und wie gut die Stadt auch geschützt sein mochte, in langjährigen Kriegen zwischen verschiedenen Völkern in der Gegend wurde sie völlig zerstört. Ein Blick auf die Ruinen: Durch das Fehlen jeglichen Regens konnten sich die bis zu drei Stockwerke hohen Lehmbauten erstaunlich gut über mehr als 1000 Jahre erhalten. Einzig die Winderosion hat ihnen zugesetzt, und so fällt es heute schwer festzustellen, welche Gebäudeteile aufgemauert und welche aus dem Boden herausgehauen waren. Zu stark waren die Lehmziegel zu einem Gefüge verfestigt und durch Sand und Wind zu bizarren Formen geschliffen worden. Wer heute die Ruinen von Jiaohe besucht, dem fällt ein starker Kontrast auf: Einst eine blühende Stadt an der Seidenstraße, Knotenpunkt verschiedener Kulturen, für Jahrhunderte herrschte Schwung in der Stadt ? und dann verödete die Stadt, als jahrzehntelange Kriege ausbrachen.
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