Das Magazin National Geographic hat vor kurzem die besten Reisefotos des Jahres 2019 gekürt. Den Hauptpreis und den Sieg in der Kategorie „Städte" holte sich der Chinese Chu Weimin mit einer Aufnahme aus dem winterlichen Grönland.
Dies markiert einen Meilenstein für die chinesische Landschaftsfotografie. Vor Chu Weimin hat noch kein einziger Chinese den ersten Preis des renommierten Fotowettbewerbs „National Geographic Travel Photographer" gewonnen.
Geboren in einer normalen Angestelltenfamilie in der südwestchinesischen Stadt Chongqing war Chu nie weit gereist, bevor er zur Uni ging. Im zweiten Studienjahr erhielt Chu glücklicherweise ein Stipendium und konnte somit in Deutschland einen Teil seines Studiums absolvieren. Für ihn begannen mit Deutschland seine Reiselust und seine Karriere als Fotograf.
„Es war ein schneereicher Winter. An einem kalten Tag wanderte ich alleine entlang des König-Sees. Damals hatte ich noch gar keine Outdoor-Ausrüstung. Meine Schuhe waren total nass. Später sah ich in den Alpen viele Senioren und Kinder, die völlig natürlich im tiefen Schnee liefen. Dies rührte mich einfach. Das Reisen kann so interessant sein und mit meiner Kamera will ich alles, was mich beeindruckt, einfangen. "
Nach dem Studium war Chu vorerst drei Jahre lang als Software-Ingenieur tätig. Immer stärker hatte er aber das Gefühl, sich selbst im stabilen aber langweiligen Alltag verloren zu haben. Nur in seiner Freizeit, wenn er in die Natur rauskommt und seine Kamera dabei hat, kann er neue Energie tanken.
„Damals sah ich meinen Chef an und konnte mir schon mein Leben in zehn Jahren vorstellen. Deswegen entschied ich, dass ich mehr Erfahrungen sammeln sollte, bevor ich alt werde. Ein anderes Leben will ich, einen anderen Weg, der zu meinem Traum führt."
Daraufhin kündigte Chu trotz Widerstand seiner Familie und fing gleich mit seinem Leben als Berufsreisefotograf an. Eisberge, Polarzonen, Felswände… Je gefährlicher, desto kampfbegieriger wird er.
„Unter freiem Himmel fühle ich mich friedlich und frei. Jedes Mal wenn ich mich am Fuß des Eisbergs oder unter der Milchstraße hinlege, ist mir bewusster, wo ich hingehöre."
Das Foto, mit dem Chu den Preis der besten Reisebilder des Jahres erhielt, zeigt ein eingeschneites Fischerdorf in Westgrönland. Durch die von Laternen beleuchtete sonst leergefegte Straße schlendert eine dreiköpfige Familie händehaltend. Um das lokale Leben fotografisch festzuhalten, verbrachte Chu drei Monate in Grönland. „Als ich dieses Bild machte, war mir plötzlich klar, warum die Menschen in solch rauer Naturumgebung überleben können. Genauso wie beim Walfang arbeiten die Leute dort immer Hand in Hand. Sie fahren gemeinsam zum Fischfang aus, stehen gemeinsam durch Wind und Wellen und teilen gemeinsam den Erfolg."
„Für uns Fotografen geht es nicht nur darum, ein schönes Bild zu machen, oder ein Bild zu machen, das online viele ‚Likes' bringt. Vielmehr geht es darum, durch unsere Werke die Perspektive der Menschen zu beeinflussen und die gesellschaftliche Entwicklung zu fördern."
Dies ist genau das, wofür sich Chu ständig einsetzt. In chinesischen sozialen Netzwerken wie Weibo organisiert er mit anderen Naturfotografen ab und an Veranstaltungen, mit denen sie die Netizens dazu motivieren, mehr in die Natur zu gehen und mehr für die Umwelt zu tun. Für den kommenden September plant er noch eine Offline-Veranstaltung, für die er einige berühmte ausländische Instagram-Reisefotografen nach China einlädt und mit ihnen zusammen schöne Landschaften im Westen der Provinz Sichuan erkundigt.
„Wenn man im Ausland in der Suchmaschine einige Stichworte wie ‚Chinas Umwelt' oder ‚chinesische Landschaft' eingibt, bekommt man entweder Bilder über Smogs und Verschmutzungen, oder einige typische Sehenswürdigkeiten zu sehen. Die meisten Ausländer wissen gar nicht, dass es in China auch wunderschöne Eisberge gibt, die mit den Alpen oder dem Yosemite Nationalpark vergleichbar sind. Mithilfe dieser Fotografen hoffe ich, dass die Menschen im Westen eine andere Seite Chinas kennenlernen. "
Text Hu Hao