„Spider-Man: Far From Home" ist etwas kindisch. Aber der Film ist trotzdem spannend, gut gemacht, sympathisch und schön anzusehen, wenn man ohne allzu große Erwartungen ins Kino geht oder höchstens 15 Jahre alt ist.
Das Treiben verliebter pubertierender Teenies und die Coolness von Shield-Boss Nick Fury können allerdings im Hirn erwachsener Marvel-Fans schmerzhaft kollidieren. Liebes Walt-Disney-Studio, das hier ist die wertvolle Marke „Spider-Man" und nicht irgendeine Teenie-Werwolf- oder Vampir-Klamotte! Geht damit pfleglich um. Wie hieß es noch so schön in einem Spider-Man-Film: „Aus großer Kraft folgt große Verantwortung!" Disney hat große Macht und ist es den Hunderten von Millionen Fans schuldig, keine weichgespülten Schmonzetten abzuliefern.
Wenn man bedenkt, dass es auch in diesem Spider-Man-Streifen wieder um nichts weniger als die Weltherrschaft und viele, viele Menschenleben geht, passt der harmlose Disney-Style, der an Spielbergs kindgerechte Abenteuerfilme erinnert, gar nicht. Solange es offiziell keine extra Kinder-Version der Marvel-Filme gibt, sollte sich Disney doch bitte schön am älteren und anspruchsvolleren Publikum orientieren. Aber man schielt dort wohl eher auf die jüngere Zielgruppe, die ohne Comic-Hefte groß geworden ist.
„Spider-Man: Far From Home" setzt zeitlich nach „Avengers: Endgame" an. Das große Verschwinden und Wiederauftauchen der halben Erdbevölkerung ist natürlich immer noch das Thema. Da die Ausgelöschten erst fünf Jahre später durch eine Avengers-Rettungsaktion wieder ins Leben zurückkehren konnten, sind sie nun fünf Jahre jünger als ehemals Gleichaltrige. Das betrifft auch Peter Parker alias Spider-Man. Die Welt trauert um Superhelden wie Iron Man und Captain America. Diese haben bei den Avengers eine Lücke hinterlassen, die schwer zu füllen ist. Steckt in dem jungen Peter Parker ein Avenger?
Die Anrufe des Shield-Bosses Nick Fury ignoriert Peter Parker zunächst, was Fury gar nicht gewohnt ist. Er kann es nicht fassen, dass sich das bei ihm jemand traut. Shield braucht Spider-Mans Hilfe dringend. Es gibt eine außerirdische Bedrohung durch die außerirdischen Elementarwesen Feuer, Erde, Wasser und Luft, die Materie umwandeln und so ins Unermessliche wachsen können.
Plötzlich kommt Hilfe von einem außerirdischen Superhelden. Der fliegende und mit Strahlenkräften sowie einem übergroßen Helm ausgestattete Mann, erhält von einem Fan rasch den Namen Mysterio. Und mysteriös ist der von Jake Gyllenhaal verkörperte Super-Hero tatsächlich: Niemand weiß Genaues über ihn. Aber nicht nur die Shield-Organisation nimmt ihn mit offenen Armen auf.
Peter Parker, der in Ruhe eine Klassenfahrt genießen und einer Mitschülerin während dieser endlich seine Zuneigung gestehen will, gerät natürlich auch in den Kampf der Welten – sonst wäre es ja kein Spider-Man-Film. Die kleine Spinne fasst dabei sofort Vertrauen zu dem starken und erfahrenen Mysterio, der offenbar als Vater- bzw. Onkelfigur taugt.
Es werden spektakuläre Kämpfe gezeigt, wobei einige Szenen an die Traumwelten des Films „Inception" erinnern. Genau diese fantastischen Welten sind trotz ihrer Ästhetik ein Problem. Denn außer in Deadpool kommt es in einem Superhelden-Film nicht wirklich gut, wenn das Thema Film thematisiert wird. Mehr will ich nicht verraten.
Alle Superhelden-Filme sind leider mindestens in Details unlogisch. In diesem Film sind die Schnitzer besonders grob. Erstens lassen sich Peter Parker und die Shield-Organisation sehr einfach hinters Licht führen, obwohl sie über Hochtechnologie verfügen und zumindest Nick Fury genug Erfahrung hat, um es besser zu wissen.
Und zweitens würde Tony Stark niemals zulassen, dass sich seine Technik gegen Peter Parker wendet und erst Recht nicht, wenn er ihm dafür sogar eine Generalvollmacht vererbt.
Diese Fehler sind so peinlich, dass sich die Waagschale zu Gunsten von Teenie- oder Kinderfilm neigt.
Der Nutzer Uliq schreibt auf dem chinesischen Filmportal Mtime: „Es spielt keine Rolle, ob Spider-Man das Erbe von Iron Man erlangen kann. Spiderman ist Spiderman, unser guter Nachbar." Uliq hält das Design des Bösewichts für sehr innovativ. Jake Gyllenhaal als Mysterio ist tatsächlich klasse.
Die Nutzerin „Meer des Herzens" findet die Figur Mysterio und dessen Geheimnis auch interessant. Und für sie und Nutzer „C-R7" werden Peter Parkers Angst vor Verantwortung, seine Schuldgefühle und schließlich sein Wachstum überzeugend rübergebracht. „Kleines Mondlicht" spricht zudem von einem Upgrade für Peter Parker.
Ich bin anderer Meinung. Inzwischen, wo animationstechnisch schon fast alles gezeigt wurde, was geht und was der menschliche Verstand und das menschliche Auge überhaupt noch verarbeiten können, sollte bitte wieder mehr Wert auf in sich stimmige Drehbücher gelegt werden. Wo bleiben die richtig guten Geschichten, die Hirn und Herz gleichermaßen ansprechen? Wann werden wieder glaubwürdig interessante Charaktere und deren Entwicklungen gezeigt? Gebt bitte mehr Geld für geniale Autoren und Regisseure aus. Und traut Euch was! Ein spektakulärer Cliffhanger am Ende dieses Films ist immerhin ein guter Anfang.
Wer nicht dazu neigt, Filme zu sezieren, wird von „Spider-Man: Far From Home" sicherlich gut unterhalten werden. Viel Spaß!