Das Shanghai International Film Festival gehört zu den wichtigsten kulturellen Events Chinas. Das Festival wird vom Filmproduzentenverband FIAPF als Festival mit internationalem Wettbewerb akkreditiert und zählt damit zu den Festivals der A-Kategorie. In diesem Jahr ist der deutsche Film „Der Geburtstag" von Regisseur Carlos A. Morelli gemeinsam mit anderen 14 Filmen im Wettbewerb um die heißbegehrte Auszeichnung, dem Golden Goblet Award.
( Carlos A. Morelli, Mark Waschke,Yvonne Wellie und Jonas Weydemann)
Der 1977 in Uruguay geborene Regisseur Carlos A. Morelli ist bekannt für seine Kurzfilme. 2009 erhielt er ein Stipendium für das Berliner Künstlerprogramm des DAAD. Seine Kurzfilme wurden auf zahlreichen internationalen Filmfestivals gezeigt. Mit seinem Kurzfilm „Warisover" gewann Morelli 2011 den Arte-Kurzfilmpreis des Filmfestivals Hamburg.
In seinem Spielfilm „Der Geburtstag" inszeniert Regisseur Carlos Morelli in bestechenden Schwarz-Weiß-Bildern eine Familiengeschichte mit dramatischen Konflikten. Der siebenjährige Lukas hat Geburtstag. Trotz angespannter Beziehung organisieren die getrennt lebenden Eltern Matthias und Anna einen großen Kindergeburtstag. Nach der Feier folgt das nächste Problem: Der kleine Julius wird von seinen Eltern nicht abgeholt. Damit fängt märchenhafte Geschichte an. Warum sich der Regisseur für eine Schwarz-Weiß-Optik entschieden hat, erklärt er uns jetzt:
„Es ist ein Schwarz-Weiß-Film, weil wir ein Märchen drehen wollten. Ein Film nicht von dieser Welt. Ein Film, der in China, Deutschland und in der ganzen Welt gleichermaßen verstanden werden kann. Es ist nicht bloß Schwarz-Weiß, sondern damit verändert sich auch die Art des Schauspiels und die Art sich anzukleiden."
(Mark Waschke beim Interview)
Im Zentrum des Films steht eine Geschichte über Familie und über das Vatersein, so Morelli. Das Thema des Films interessiert ihn, da er selbst Vater ist und etwas Ähnliches erlebt hat. Er glaube, das Dilemma des Vaters im Film sei allgemeingültig für unsere modernen Zeiten. Der Schauspieler Mark Waschke sieht das ähnlich. Er spielt im Film den Vater Mattias und trägt auf überzeugende Art und Weise den zentralen Konflikt der Geschichte. Mark Waschke ist die Figur des Mattias nicht fremd.
„Diese Figur lebt in einer Welt, die mir sehr vertraut ist. Auch ich bin ein Vater, auch ich lebe in einer schwierigen Liebesbeziehung und man guckt, wie man damit umgeht und versucht das zu retten. Ich glaube jeder von uns, im Jahr 2018, 2019 oder wann auch immer der Film gemacht wurde, kennt dieses Gefühl von einem Druckhahn – to have a pressure – und damit umzugehen und es allen recht machen zu wollen und vor allem sich selber. Wie bringe ich das zusammen was ich will mit dem was die Familie will, was ich denke, dass die Familie will? Wie werde ich Ansprüchen an mich gerecht und wie werde ich meinen eigenen Ansprüchen gerecht? Aber dieses Dilemma, was heißt es ein guter Vater zu sein, das kennt glaube ich jeder Vater."
Die China-Premiere des Films in Shanghai war am 17. Juli. Nach der Premiere hat sich das Team mit den chinesischen Zuschauern ausgetauscht und Fragen beantwortet. Für den Regisseur Morelli waren die Reaktionen und Fragen der chinesischen Zuschauer das eigentliche Highlight der Premiere.
„Nach der Premiere merkt man, dass das Publikum die Intention des Films verstanden hat. Das sehr schön ist, da dieser Film von einem Ort weit entfernt stammt. Er wird hier gezeigt und Menschen aus unterschiedlichen kulturellen Hintergründen verstehen diesen Film. Das ist ein Wunder der Kommunikation."
Der Produzent Jonas Weydemann und die Co-Produzentin Yvonne Wellie waren auch auf dem Shanghai International Film Festival. Weydemann findet den Film sehenswert und tiefsinnig. Er steht schon seit Jahren im engen Kontakt zum asiatischen Film und brachte bereits zwei Filme auf das SIFF. Zur Wahl seiner Drehbücher als Produzent, meinte er:
„Das ist vielleicht ein Versuch von uns, dass wir bei den Filmen immer einen Weg finden, nicht nur die Leute, die sich gegebenenfalls mit dem gesellschaftlichen Thema sowieso schon auskennen und quasi sich selbst damit beschäftigen, sondern auch an den Leuten darüber hinaus, das Thema näher zu bringen und das dann mit dem unterhaltsamen Aspekt. Und ich denke, beide Filme, die wir hier in Shanghai in diesem Jahr vorstellen, sind dafür sehr gute Beispiele, dass man sich sehr unterhalten kann und wirklich eine kinematographische Erfahrung hat im Kino und trotzdem ein gesellschaftliches Thema verarbeitet wird, von dem man etwas mitnimmt und auch noch zwei oder drei Tage nach dem Film darüber nachdenken kann."
Beide Produzenten zeigten großes Interesse am chinesischen Filmmarkt und Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Dazu nun Yvonne Wellie:
„Wir sind sehr interessiert und beobachten auch den chinesischen und asiatischen Filmmarkt und mein Kollege Jonas Weydemann ist ja auch in einem Workshop, der asiatische und europäische Produzenten zusammenbringt, da ist er der Mentor. Dadurch ist er auch viel in Kontakt und im Austausch und da haben wir großes Interesse auch in Kooperationen, Co-Produktionen reinzugehen und sind da gerade dabei zu gucken, wo ist der erste Fußtritt."
Frau Wellie erzählte uns noch, dass sie auf der Premiere in Kontakt mit chinesischen Verleihern getreten ist. Mit etwas Glück wird der Film vielleicht schon bald überall in chinesischen Kinos zu sehen sein.
Interviewt von Gao Mengyu