In den vergangenen Tagen war in ganz China der Prüfungsdruck zu spüren. Wie jedes Jahr im Juni, fanden am vergangenen Freitag bis Sonntag die Gaokao-Prüfungen statt. Das bedeutet: Mehr als 10 Millionen nervöse Schüler, die die landesweite Hochschul-Aufnahmeprüfung absolvierten. Kurz: Ausnahmezustand.

Der Gaokao ist nicht mit einer Abschlussprüfung wie dem Abitur zu vergleichen. Vom Gaokao hängt viel mehr ab. Es ist nicht übertrieben, zu sagen, dass der gesamte Lebensweg stark vom Gaokao-Ergebnis beeinflusst wird. Die Prüfungsergebnisse bestimmen darüber, an welchen chinesischen Universitäten man studieren kann und damit auch, welche Karrierechancen man in der Zukunft hat. Die Schüler, die den Test in der Regel im dritten und letzten Jahr der High School absolvieren, geben im Rahmen der Prüfung auch eine Liste von Universitäten an, auf die sie gerne gehen würden. Jede Hochschule wiederum legt eine Mindestpunktezahl fest, die ein erfolgreicher Bewerber im Gaokao erzielen muss, um angenommen zu werden. Im schlimmsten Fall wird der Schüler von gar keiner Universität angenommen. Immerhin gibt es keine Altersbeschränkung für den Gaokao. Wer keinen Studienplatz ergattert, kann es also Jahr für Jahr wieder probieren.

Trotzdem: Für die meisten Schüler geht es um alles oder nichts. Man kann sich also vorstellen, unter wie viel Druck die Schüler in den letzten Tagen standen. Oft liegt ein ganzes Jahr Vorbereitungszeit hinter ihnen, mit anstrengendem Nachhilfeunterricht und unzähligen Probeklausuren.

Auch die Eltern der Jugendlichen sind oft stark eingebunden in den Vorbereitungsprozess. Wer es sich leisten kann, bezahlt dem Nachwuchs die besten Gaokao-Tutoren. Wer dran glaubt, verbrennt Weihrauch im Tempel und betet für ein gutes Prüfungsergebnis.

Während der Prüfungstage liegt ein Gefühl der Nervosität über dem ganzen Land und die Schüler werden vielerorts zuvorkommend behandelt. Dazu gehören Fahrverbote und Lärmschutzverordnungen in der Nähe der Schulen.

Auch wenn der Leistungsdruck extrem klingt und so unglaublich viel von dieser einen Prüfung abhängt – der Gaokao hat den Vorteil, dass er für alle gleich ist. Die Prüfung gilt als die fairste Methode, innerhalb der riesigen chinesischen Bevölkerung die besten Talente herauszufiltern.

Egal, ob man die Prüfung in der Hauptstadt oder auf dem Land ablegt. Theoretisch haben alle die gleichen Chancen. Praktisch ist das leider nicht so, denn wer eine erstklassige Schule in der Großstadt besucht und von den Eltern teuren Nachhilfeunterricht bezahlt bekommt, der kann sich auch auf den Gaokao besser vorbereiten als jene Studenten, die aus ärmeren Verhältnissen vom Dorf stammen. Trotzdem gilt: ein gutes Ergebnis im Gaokao kann das Leben eines jungen Menschen verändern und das Ticket in eine bessere Zukunft sein.