Der fünfte Monat nach dem chinesischen Mondkalender wird im chinesischen Bauernalmanach als „giftiger" Monat bezeichnet: Zu dieser Jahreszeit sind Insekten und andere Schädlinge besonders aktiv und es ist die Hauptsaison für die Verbreitung von Infektionskrankheiten. Viele Kinder tragen in diesem Monat daher kleine Duftsäckchen an einer Kette, um böse Geister abzuhalten. Diese Duftsäckchen sind mit verschiedenen Kräutern gefüllt. Eines dieser Kräuter ist Beifuß.
Beifuß wurde von den Vorfahren der Chinesen ursprünglich als Feueranzünder genutzt, da er einen niedrigen Brennpunkt hat. Durch einen Zufall wurde entdeckt, dass er auch Seuchen vorbeugen kann. Zhang Jin, eine Ärztin für Traditionelle Chinesische Medizin der Beijinger Xiyuan-Klinik, kennt die Geschichte:
„In einem Stamm wurden die Beifuß-Kräuter zum Feueranzünden von einem Stammesmitglied aufbewahrt. Einmal breitete sich eine Seuche aus. Während der ganze Stamm starb, blieb nur der Bewahrer des Beifußes von der Krankheit verschont. Wer sein Haus betrat, konnte Beifuß sehen, der an alle vier Wände gehängt wurde. Es wurde die Schlussfolgerung gezogen, dass Beifuß Seuchen vorbeugen kann."
Wissenschaftliche Studien haben bewiesen, dass das ätherische Öl aus Beifuß hervorragend gegen Bakterien und Viren wirkt, insbesondere gegen Viren des Typs A, die Ursachen für Seuchen und viele Infektionskrankheiten sind. In Europa haben große Epidemien Millionen von Menschenleben gefordert. Dass China von einem solchen Ausbruch von Epidemien verschont geblieben ist, hängt chinesischen Beifuß gehört zu den ältesten Arzneimitteln der Traditionellen Chinesischen Medizin. Die Kräuter aus Qichun in der zentralchinesischen Provinz Hubei sind dabei von besonders hoher Qualität. Sie sind dort eines der am häufigsten verwendeten Arzneimittel in der Hausapotheke. Ein Einwohner erzählt:
„In Qichun betrachten wir den Beifuß aus der Gegend als einen Schatz. Jedes Jahr pflücken wir zum Drachenboot-Fest Beifuß, bevor wir ihn an einem kühlen Ort trocknen und lagern. Beifuß ist für uns ein Allzweckmittel: Er hilft gegen Erkältungen oder kann als Badezusatz für Neugeborene und Fußbäder für ältere Leute verwendet werden."
Beifuß spielt auch bei der Moxibustion, einer wichtigen TCM-Behandlungsform, eine große Rolle. Bei der Moxibustion oder Moxa-Therapie, werden Akupunkturpunkte durch das Verbrennen von Beifuß erwärmt. Durch die Hitze, die beim Verbrennen des Krauts über den Akupunkturpunkten entsteht, soll die blockierte Lebensenergie wieder in Bewegung gebracht werden.