Fotograf Liu Guozhuang – Ein Rennen gegen die Zeit

2019-06-05 10:12:05

Foto von CGTN

Liu Guozhuang ist kein professioneller Fotograf, sondern arbeitet im Heizkraftwerk der nordostchinesischen Stadt Shenyang. Fotografie ist nur sein Hobby. In seiner Freizeit engagiert er sich für wohltätige Zwecke. Regelmäßig besucht er ein Altenheim in der Nähe seiner Heimatstadt.

„Im Winter 2012 besuchte ich erstmals das Pflegeheim in der Nähe meiner Heimatstadt. Die älteren Menschen in diesem Heim sind allesamt ledig oder verwitwet. Ein alter Mann sagte mir, dass sein Mitbewohner verstorben sei. Von ihm existieren keine Fotografien aus seinen letzten Lebenstagen. Der Mann hoffte, dass ihn jemand fotografieren könnte. Damit kann man sich nach seinem Tod an ihn erinnert."

Zuerst wollte Liu damit einfach nur den Wunsch eines alten Mannes erfüllen. Aber daraus wurde schnell mehr, als er sah, wie froh und aufgeregt alte Mann war, als er sein Foto bekam. Dies hat Liu tief berührt und er hat sich entschlossen, weiterhin alte Menschen zu fotografieren.

„Man muss geduldig sein, wenn man alte Menschen fotografieren möchte. Viele von ihnen haben Probleme, die richtige Pose vor der Kamera einzunehmen. Das betrifft zum Beispiel Menschen, die an der Parkinson-Krankheit leiden. Es ist dann ganz normal, dass aus unzähligen Fotos nur eine zufriedenstellende Aufnahme ausgewählt werden kann. Von jenen Menschen, die gelähmt im Bett liegen, mache ich Aufnahmen von oben. Ich nehme so viel Bilder wie möglich auf, bis ich mit einem davon zufrieden bin."

Eine alte Dame hat bei Liu einen besonderen Eindruck hinterlassen. Sie plaudert sehr gerne. Bei seinem letzten Besuch des Pflegeheims im vergangenen Jahr war sie gesundheitlich noch in einem guten Zustand. Sie bat Liu, weitere Fotos aufzunehmen, damit sie diese an ihr Kind in einer andere Stadt schicken kann. Ein Jahr später ist sie bettlägerig. Liu konnte nur schwer fassen, wie schnell so etwas gehen kann. Laut dem Direktor des Altenheims sind allein in dem einen Jahr sechs alte Menschen verstorben, von denen Liu zuvor Bilder aufgenommen hat. Ihm wurde klar, dass er keine einzige Minute verschwenden darf.

„Mein Job wird häufig als ein Rennen gegen die Zeit beschrieben. Das stimmt auch. Ich habe zwar viel Zeit, um in aller Ruhe zu fotografieren, aber diese Menschen können nicht so lange warten. Einmal war ich nur eine Stunde zu spät und konnte einer Frau ihre Fotos nicht rechtzeitig übergeben. Darum entwickele ich die Bilder nun so schnell wie möglich. Innerhalb von drei Tagen erhalten die Senioren ihre Bilder. Ich will nicht, dass sie oder ich etwas bereuen. Denn man weiß nie, was passieren wird."

Bislang hat Liu Fotos für mehr als 1,000 Senioren aufgenommen. Er glaubt, was er tut, ist nichts Besonderes. Auch wenn er manchmal das Rennen gegen die Zeit verliert, so ist das Lächeln der alten Menschen doch die beste Belohnung für ihn.

„Für uns junge Leute ist es das Einfachste auf der Welt, ein Foto aufzunehmen. Wir machen einfach ein Selfie mit dem Smartphone. Aber für die Senioren ist ein Foto vielleicht die letzte Erinnerung in ihrem Leben. Ich werde meine Fotografie fortsetzen und dafür jeden Augenblick meiner Zeit aufwenden. Denn auf sie wartet die Zeit nicht. Ich sorge mich darum, dass ich nicht schnell genug sein werde."

Zur Startseite

Das könnte Sie auch interessieren