Ähnlich wie in Deutschland, wo Spekulatius und Plätzchen in den Supermarktregalen ab September Weihnachtsstimmung verbreiten, sind es in China Mondkuchen in allen Farben und Preisklassen, die die Käufer ab Spätsommer auf das nahende Mondfest einstimmen. In der kommenden Woche ist es soweit. Gefeiert wird am 15. Tag des achten Monats im traditionellen chinesischen Mondkalender. In diesem Jahr ist das am Montag, den 24. September. Die Orientierung des Feiertags am Mondkalender, anstatt am gregorianischen Kalender zeigt, welchen Stellenwert der Mond in der chinesischen Kultur hat. Der Mondkalender bestimmt schließlich auch den Zeitpunkt des Neujahrs und manche Chinesen achten sogar bei der Auswahl des Frisörtermins oder Schuhkaufs auf die Position des Mondes.
In China wohnt eine Frau im Mond
Natürlich ranken sich um den Erdtrabanten einige Mythen. Schaut man in der Nacht zum kommenden Montag in den Himmel, sieht man vielleicht die Frau im Mond, in China ist das Chang'e. Sie lebt dort, seit sie eine doppelte Dosis Unsterblichkeitstrank zu sich nahm – die andere Hälfte war eigentlich für ihren Ehemann gedacht. Aufgrund der Überdosis stieg sie in den Himmel auf und flog immer weiter, bis sie auf dem Mond landete. Nach Chang'e sind auch die Raumfahrzeuge des chinesischen Mondprogramms benannt.
Wie alle Feste in China, wird auch dieses mit reichlich Essen im Kreise der Familie begangen. Gegessen werden Sachen, die irgendwie an den Mond erinnern, Pampelmusen, Trauben aber vor allem: Mondkuchen.
Süße Kuchen mit salziger Füllung
Der typische Mondkuchen ist etwa Handteller groß. Verziert ist das Backwerk häufig mit geometrischen Mustern oder mit chinesischen Schriftzeichen, etwa für „Langlebigkeit" oder „Harmonie".
Wirklich erstaunlich ist jedoch die Füllung. Das zuckrig-süße Äußere lässt in keinster Weise darauf schließen, was sich im inneren verbirgt. Nämlich: Lotus- oder Bohnenpaste, Datteln oder Speck und in der Mitte ein gekochtes salziges Eigelb – auch das erinnert wieder an den vollen Mond. So ein kleiner, kompakter Kuchen wiegt gut und gerne ein paar hundert Gramm und hat einen Sättigungsfaktor von zwei Hauptmahlzeiten.
Wo das
Gebäck herkommt, ist nicht ganz klar belegt. Es gibt eine Geschichte, die auf das 14. Jahrhundert zurückgeht und den Aufstand der Chinesen gegen die Herrschaft der Mongolen betrifft. Es wird erzählt, dass die Han-Chinesen einen Zettel in den Mondkuchen einbuken: Darauf stand die Nachricht, dass die Chinesen am 15. Tag des achten Monats, also am Mittherbstfest, gegen die Mongolen rebellieren sollten.
Hört man sich einmal um, dann mögen vor allem die jungen Chinesen Mondkuchen nicht mehr sonderlich. Hübsch sind sie, doch sonderlich lecker – das kann man nicht gerade sagen. Trotzdem bleibt die Nachfrage ungebrochen. Mondkuchen sind in der Familie, unter Geschäftspartnern und Freunden als Geschenk ein Muss. Ob sie dann wirklich gegessen werden ist eine andere Frage.
Johanna Wolff