Aus der Mücke einen soliden Film gemacht: Herman Yaus Hongkong-Thriller „The Leaker"

2018-08-02 09:57:43
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An Kriegen verdienen Waffenproduzenten und an Krankheiten Pharma-Unternehmen. Mit der Frage, wie weit dabei das Interesse an selbstbestimmten Einnahmenerhöhungen gehen kann, befasst sich Herman Yaus Hongkong-Thriller „The Leaker", der vor einigen Wochen recht erfolgreich auf dem vierten Platz bei den Neuerscheinungen startete, in den ersten drei Tagen rund fünf Millionen Euro und bis heute etwa neun Millionen Euro einspielte.

Gleich in der ersten Szene wird klargemacht, wie weit das malaysische Pharmaunternehmen Amanah geht, um das Geschäft anzukurbeln. Männer in Schutzanzügen lassen Abertausende Mücken losschwärmen, die – wie sollte es auch anders sein – mindestens Schrecken verbreiten. Bald sterben die ersten Menschen, winden sich vorher am Boden.

Die mysteriöse tödliche Infektionskrankheit zwingt die Behörden, ein neues experimentelles Medikament eben dieses Pharmaunternehmens einzusetzen. Die Epidemie hat neben Malaysia bald Singapur, Vietnam, Hongkong und Thailand erfasst. Es läuft für den Unternehmenschef Teo Jit Sun (Kent Cheng) nach Plan. Doch dann stürzt sich ein Lokalreporter aus seiner Wohnung in die Tiefe und der älteste Sohn des Pharmachefs bringt sich um, oder waren es Morde? Der malaysische Polizist Lee Weng Kan (Julian Cheung) stößt auf Ungereimtheiten. Die Frau des Inhabers des Pharmaunternehmens ist in Hongkong spurlos verschwunden. Lee reist dort hin und versucht, mit seinem örtlichen Kollegen David Wong (Francis Ng) und einer Journalistin (Charmaine Sheh), die Frau zu finden. Als weitere Morde folgen, geraten die Drei an die Geheimorganisation The Leakers, die behauptet, die Wahrheit über die Morde und Amanah zu kennen.

The Leakers wollen die Öffentlichkeit über die korrupten und mörderischen Praktiken von Amanah und Gründer Teo Jit Sun aufklären und kennen dabei scheinbar selbst keine Skrupel, entführen sie doch den jüngeren Sohn des Chefs, Jun Yan (Wilfred Lau). Ihren Forderungen sind dann jedoch wieder altruistisch.

Die Idee eine Pandemie im eigenen Verbreitungsgebiet eines Films darzustellen hat was Verwegenes. Aber leider wird sie so wenig ausdifferenziert wie die skrupellose Arbeitsbeschaffungsmaßnahme des Pharmariesen und die korrupte Vernetzung mit der Politik, die wohl im wahren Leben unter die beschönigende Bezeichnung „Drehtürprinzip" fiele.

Die Konstellation, gesetzestreuer Polizist versus frei und weiter denkender Polizist, mit all ihren moralischen Implikationen, wird leider auch nur kurz angeschnitten. Zeit hätte Yau genug gehabt, doch er verschenkt sie, zum Beispiel mit einer, meiner Meinung nach, mittelmäßigen und daher überflüssigen Verfolgungsjagd. Aber immerhin sieht man so lange Verfolgungsjagden auch nicht alle Tage. Aber jede Verfolgungsjagd mit Jean-Paul Belmondo war origineller.

The Leaker ist Whistleblower-Krimi, Familientragödie und Selbstjustiz-Thriller mit einer Prise Mission Impossible und Ocean's Eleven. Solide gemacht, interessant, doppelbödig und, ohne das Herz durch zu viel Spannung zu belasten.

Yaus „The Leakers" ist aber auch ein echter Hongkong-Action-Thriller. In diesem eigenen Genre gibt es sicherlich bessere aber auch schlechtere Filme. Und spannender war Yaus eigener Blockbuster „Shock Wave" allemal.

Wie gesagt, nimmt sich Yau leider nicht die Zeit für ausdifferenzierte Charaktere, teilweise hätte er auch einfach persönliche Informationen als Untertitel bringen können, statt diese dünne Suppe abzuliefern. Aber mit seinen Hauptdarstellern hat er das Glück, dass diese das mit ihrer Ausstrahlung locker wettmachen. Francis Ng gibt den coolen zerzausten Freigeist Wong genauso überzeugend wie Julian Cheung den gepflegten notorisch gesetzestreuen Streber Lee. Man sieht den beiden gerne zu. Es ist ein typischer Hongkong-Film und gutes Popcorn-Kino, nicht mehr und nicht weniger.

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