Die Politik der Reform und Öffnung beschert den Dorfbewohnern in Liangjiahe ein besseres Leben.
Liu Ruilian stammt aus einer armen Familie. In ihrer Erinnerung haben sie und ihre Geschwister während ihrer Kindheit fast nie Schuhe gehabt. Nachts teilten sie sich eine Decke zu viert. Sogar Dampfbrötchen zu den Mahlzeiten waren ein totaler Luxus für sie.
Mit 17 heiratete sie Gong Zhengfu aus dem Dorf Liangjiahe, aber das Leben wurde nicht einfacher für sie.
Seitdem Xi Jinping Parteisekretär der Produktionsbrigade Liangjiahe ist, sind eine Eisenschmiede, Kaufstelle und eine Schneiderei errichtet worden. Für die Arbeit in der Schneiderei sollen drei Frauen ausgewählt werden. Es ist eine große Überraschung für Liu, als sie diese Stelle bekommt.
Vor Begeisterung und Aufregung kann sie die ganze Nacht nicht schlafen.
In der Schneiderei wird im Akkord gearbeitet und entsprechend nach Leistung bezahlt. Um mehr Aufträge zu erfüllen, wollen Liu und ihr Mann eine Nähmaschine kaufen. Sie borgen sich dafür Geld. Oft isst die fleißige Frau nur ganz schnell eine Kleinigkeit, um sich danach gleich wieder an die Arbeit zu setzen. Und abends macht sie zu Hause auch noch Überstunden.
Im Frühjahr 1984 hört Liu erstmals den Begriff "Quotenzuteilung für jeden Haushalt". Derzeit kann sie noch nicht verstehen, welche Auswirkung diese neue Politik auf ihr Leben haben wird. Auch kann sie nicht wissen, dass dies gerade der Beginn einer stürmischen Reform auf dem Lande in ganz China ist.
Genau wie viele andere Bauern im Norden Shaanxis hat Lius Familie mit viel Fleiß ihren Lebensstandard erhöht. Jetzt haben sie endlich genug zu essen, aber noch zu wenig Geld. Einige Dorfbewohner haben Jobs in den Städten gefunden. So überlegt sich Liu, auch in der Stadt zu jobben. In der Nebensaison fahren sie und ihr Mann in die Kreisstadt Yanchuan und verpacken Eis am Stiel. Durch weitere Nebenjobs erreichen sie allmählich einen bescheidenen Wohlstand. "Wanderarbeiter der ersten Generation aus Liangjiahe" werden Liu Ruilian und ihre Kollegen genannt.
Aufgrund der Reformpolitik durchlaufen die ländlichen Regionen einen Wandlungsprozess, wie es ihn noch nie zuvor gegeben hat. Und durch die Öffnungspolitik wird der Spielraum für diese Umwandlung schier unbegrenzt.
1993 kommt Xi Jinping während seiner Amtszeit als Parteisekretär der südchinesischen Stadt Fuzhou nach Liangjiahe zu Besuch. Als er sieht, dass sich die Dörfler in Liangjiahe keine existentiellen Sorgen, wie etwa um Essen und warme Kleidung, machen müssen, freut er sich ebenso wie die Einwohner hier. Sich satt zu essen war lange nur ein Wunsch der Ortsansässigen. Wie könnte sich Xi angesichts dieser guten Nachrichten nicht begeistern! Wo er doch jetzt mit Freude sieht, dass wirklich jeder Haushalt über ausreichend Nahrung verfügt.
1999 steht die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung in Yan´an an einem Wendepunkt. Im Rahmen der Staatskampagne „Ackerland zurück zum Wald" werden alle landwirtschaftlichen Grundstücke mit einer Hangneigung von mehr als 25 Grad wieder zu Wald aufgeforstet. In der Stadt verbreitet sich rasch eine „grüne" Revolution, die auf ein großes positives Echo stößt.
Seit 1999 wurden mehr als 600.000 Hektar Ackerböden wieder aufgeforstet. Die Farbe der Böden von Yan´an ändert sich so von gelb zu grün.
Im Juli 2013 wird Yan´an von einem dauerhaften Unwetter heimgesucht. Die Niederschläge stellen bezüglich Dauer und Menge den Rekord seit dem Jahr 1945 dar. Über 1,5 Millionen Einwohner aus 13 Kreisen und Bezirken von Yan´an sind von der Katastrophe betroffen. Die direkten wirtschaftlichen Verluste belaufen sich auf mehr als 12 Milliarden Yuan RMB (1,55 Mrd. Euro). Das schwere Dauer-Unwetter hat mehr als 80 Prozent der Wohnhöhlen der Landwirte in Liangjiahe beschädigt und teilweise sogar ganz zerstört.
Beim Wiederaufbau nach der Katastrophe beschließt die Lokalregierung, die über 100 Haushalte von Liangjiahe aus den Wohnhöhlen im Dorf in die Gemeinde zu integrieren. Die Kinder können Plätze im Kindergarten und in der Schule der Gemeinde Wen´anyi bekommen, was ihnen eine bessere Bildung ermöglicht hat. Das Dorf Liangjiahe soll originalgetreu wieder hergerichtet werden, als Erziehungsbasis für Parteimitglieder und Teenager dienen sowie als Demonstrationsbasis der schönen Dörfer.
Nachdem das Verwaltungskomitee vom Dorf Liangjiahe Anfang 2014 in einem Brief an Xi Jinping die Details über die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung und den Wiederaufbau des Dorfes berichtet hat, schreibt Xi zurück: "Im vergangenen Sommer wurde Yanchuan von den dauerhaften starken Niederschlägen heimgesucht. Das Wohl der Dörfler liegt mir immer am Herzen. Es tröstet mich, zu wissen, dass ihr mit Unterstützung der Partei und Regierung die Einwohner zu einer erfolgreichen Selbstrettung angeleitet und den Wiederaufbau umfassend gestartet habt. Dabei entwickelt sich die Landwirtschaft stabil und die Einwohner erwirtschaften noch höhere Einkünfte als zuvor. Ich hoffe, dass ihr dieses Jahr eurem Entwicklungsprogramm entsprechend bodenständig und pragmatisch das Dorf immer schöner aufbaut und mit den Dörflern gemeinsam den Lebensstandard erhöht."
Xi Jinpings ehemalige Wohnungsvermieterin Liu Jinlian sagt, dass sie nicht mehr zu Hause ausharren müsse, wenn sie krank sei. In der ersten Jahreshälfte 2015 hat sie Armschmerzen. Nach der Untersuchung wird ein Tumor festgestellt und operativ entfernt. Sie sagt, die genossenschaftliche Krankenversicherung habe etwa 8000 Yuan gezahlt, was ihr sehr geholfen habe.
Neben der genossenschaftlichen Krankenversicherung haben die Einwohner in Liangjiahe noch eine Alterssicherung. Senioren älter als 60 Jahre bekommen jeden Monat einen Zuschlag.
Mit dem Wohlstand geht ein geschärftes Bewusstsein der Eltern für die Wichtigkeit guter Bildung einher. Die Eltern in Liangjiahe bringen ihre Kinder zur besseren Schulbildung in die Gemeinde oder in die Kreisstadt. Ein Dutzend Schüler haben Studienplätze bekommen.
Liu Jinlian arbeitet nun als Putzfrau in der Firma für landkulturellen Tourismus in Liangjiahe und verdient monatlich 1200 Yuan RMB, etwa 160 Euro. Sie stellt zu Hause im Hof noch einen Verkaufsstand auf und bietet handgenähte Schuhsohlen und einheimische Spezialitäten an.
Die Schneiderin von damals, Liu Ruilian, arbeitet jetzt als Touristenführerin. Ihr Sohn hat mit einer Investition von 150.000 Yuan RMB (etwa 20.000 Euro) ein Gasthaus errichtet. Sein Unternehmen verkauft zudem Hirse und Datteln der Marke "Liangjiahe".
2017 betragen die durchschnittlichen Einkünfte in Liangjiahe pro Kopf 20.826 Yuan (etwa 2800 Euro). Das entspricht einem Wachstum von 15,7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Das Unternehmen für landkulturellen Tourismus in Lianghejia, die Genossenschaft für Schweinezucht, die Genossenschaft für Apfelanbau, die Produktion der Bedarfsartikel, das Bauerhofgasthaus und all die anderen kommerziellen Projekte helfen Liangjiahe, eine neue Entwicklungsstufe zu erklimmen.
Am 18. Oktober 2017 sitzen die Dörfler von Liangjiahe gemeinsam vorm Fernseher und schauen sich die Eröffnung des 19. Parteitags der KP Chinas an.
Generalsekretär Xi Jinping spricht mit seiner Rede den Dörflern aus Liangjiahe aus den Herzen. Im Dorf wird über den Bericht von Xi diskutiert und von einer schönen bzw. noch schöneren Zukunft geträumt.
Liangjiahe war ein armes Dorf mit großen Wünschen und Träumen. Heute ist es ein Ort, wo man täglich Wünsche und Träume mit Tatkraft und Gemeinschaftssinn zum Leben erweckt.