Liangjiahe 3: "Ein guter Junge!"

2018-07-03 16:42:54

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Nachdem die Stadtjugendlichen im Dorf Liangjiahe angekommen sind bekommen sie Mahlzeiten in einzelnen Bauernhäusern präsentiert. Zum Essen gehören gedämpfte Brötchen aus Mais- und Bohnenmehl, die sich die Einheimischen nicht täglich leisten können. Bei den Mahlzeiten stehen die Kinder der Bauernfamilie oft neben den Stadtjugendlichen und starren sie neidisch an.

Das Leben auf dem Land ist mit dem Leben in Beijing nicht zu vergleichen. Doch auch im Dorf leben die Stadtjugendlichen viel besser als die lokalen Bewohner. Im Dorf Liangjiahe haben die Bewohner monatlich nur eine Getreidemenge von 10 Kilogramm pro Kopf zum Essen. Die Jugendlichen aus den Städten bekommen mehr als das Doppelte zugeteilt. Um sich trotzdem ausreichend zu ernähren, stillen die Einheimischen mit gedämpften Brötchen aus Spreu, Gänsedistel und Blätter von Buchweizen ihren Hunger.

Bald fangen die Stadtjugendlichen an, selbst zu kochen. Bis dahin wussten sie nicht, wie schwierig es ist, Essen zuzubereiten. Bereits das Feuer anzuzünden, stellt für sie eine Herausforderung dar. Denn auf dem kargen Hügel gibt es keinen einzigen Baum oder Strauch. Woher bekommt man das Brennholz dann?

Zum Alltag der lokalen Bewohner gehört das Sammeln der Brennstoffe dazu. Auch der Kot der Rinder wird sofort aufgelesen und danach auf einer niedrigen Mauer aus Erde getrocknet. Wenn die Bergfluten ausbrechen, fischen die Ortsansässigen trotz Lebensgefahr Äste aus dem Wasser. Die Einheimischen klettern zudem häufig auf die Bergklippe, um eine Strauchart abzuholzen – nur weil dieser Strauch lange brennt. Viele Menschen stürzen dabei in die Tiefe und sterben oder werden schwer verletzt.

Die Stadtjugendlichen können die Klippe nicht hinaufklettern und auch nicht mit dem stacheligen Strauch umgehen. Sie gehen stattdessen auf die Berge, um Stroh einzusammeln. Die großen Mengen an Stroh verbrennen aber bereits einige Minuten nach dem Anzünden. Das von sechs Jugendlichen gesammelte Stroh reicht nicht einmal aus, um eine einzige Mahlzeit zu kochen. Deshalb bewilligt die Produktionsbrigade schließlich, dass die vorher im Speicher getrockneten Maisstängel verwendet werden dürfen. Erst dadurch erledigt sich das Feuer-Problem.

In Liangjiahe isst Xi Jinping einmal gekochten weißen Reis. Das ist auch das einzige Mal in seinen sieben Jahren auf dem Land. Damals gab es in den nördlichen Gebieten von Shaanxi ganz selten Reis. Auch beim Frühlingsfest und während anderer Festtage können die Menschen keinen Reis essen. Die Schüssel Reis hat übrigens Li Yintang dem jungen Xi geschenkt.

Li Yintang arbeitet in Tongchuan und ist mit Xi Jinping gut befreundet. Einmal bringt Li bei seiner Rückkehr nach Liangjiahe Reis mit. Die Mutter von Yintang dämpfte den Reis und ließ ihn Xi Jinping bringen, als die Reisschüssel noch warm war.

Wenn Xi Jinping zurückdenkt, fühlt er heute noch die Wärme der Schüssel. Er sagt: "Als ich Hunger hatte, kochten die Dorfbewohner für mich. Meine schmutzige Wäsche wurde von ihnen gewaschen. Auch meine abgetragene Hose wurde von ihnen genäht."

Die Gesellschaft auf dem Land ist schlicht. Die Dorfbewohner haben einfache moralische Bewertungskriterien. Ist man belastbar und aufrichtig, kann man den Respekt der Einheimischen gewinnen.

In Liangjiahe ist Xi Jinping meist mit dem Aufbau eines Damms beschäftigt.

Damals gab es auf dem Land keine großen Baumaschinen. Beim Bau eines Damms muss man den Schlamm in vielen Schichten gut einstreuen und danach durch Schlagen mit einem Holzstampfer auf einen schweren Stein verdichten. Es ist eine sehr intensive körperliche Arbeit.

Zu dieser Zeit gab es keine Arbeitsschutzmaßnahmen und nicht einmal Handschuhe. Xi Jinping hält den Holzstampfer direkt in der Hand und schlägt auf den Boden. Nach der schweren ganztägigen Arbeit hat er an den Händen Blasen. Nach der Arbeit am nächsten Tag gehen die Blasen meist auf, so dass sie zu bluten anfangen. Doch trotz aller Anstrengungen „hat Jinping auf der Arbeit beharrt", erklären die Dorfbewohner.

Die Bauarbeit des Damms findet für gewöhnlich im Winter statt, wenn die Feldarbeit beendet ist. Doch in der kalten Zeit ist die Arbeit auch am anstrengendsten. Kommunenmitglied Liang Youchang, erinnert sich noch daran, wie Xi Jinping im Winter mit hochgekrempelten Beinen und barfuß im kalten Wasser arbeitete.

Die Dorfbewohner drücken ihm die Daumen und loben ihn: "Ein guter Junge!"

Trotz der schweren Feldarbeit vergisst Xi nicht, sich auch geistig durch Lesen zu beschäftigen.

Der Eindruck der Dorfbewohner von Xi Jinping ist, dass dieser immer Bücher bei sich hat, die so dick wie Ziegelstein sind. Beim Essen und beim Hüten von Schafen hält er immer ein Buch in der Hand und liest.

Damals war das Dorf noch nicht mit Strom versorgt. Kurz nach dem Sonnenuntergang gingen die meisten Bewohner ins Bett. Nur aus der Wohnhöhle von Xi Jinping sieht man noch Licht, das einzige. Niemand weiß, was dieses schwache Licht für Xi Jinping bedeutet.

Xi Jinping hat viele russische Werke gelesen. Er erinnert sich nicht nur an die nächtliche Lektüre: "Unsere Generation war tief durch die russischen Klassiker beeinflusst. Das Werk 'Was tun?' von Nikolai Gawrilowitsch Tschernyschewski habe ich in der Wohnhöhle in Liangjiahe gelesen. Die Hauptfigur des Romans schläft auf einem Bett voller Stacheln, um den eigenen Willen zu stärken, obwohl er dadurch am ganzen Körper blutet. Damals dachten wir auch, dass man die Beharrlichkeit so trainieren soll. Deshalb haben wir die Bettdecke rausgezogen und schliefen direkt auf dem Holzbrett. Jedes Mal bei Regen und Schneefall gingen wir ins Freie. Wir wurden stark von diesem Buch beeinflusst."

Bereits nach zwei bis drei Jahren in Liangjiahe kann Xi Jinping fließend den Yanchuan-Dialekt sprechen.

Bei den Grabungen, dem Transport von Menschenmist mit einer Tragstange, dem Getreideanbau, dem Aufhacken des Bodens, der Ernte und dem Getreidetransport lernt Xi Jinping immer sehr schnell von den Einheimischen. Mit Fragen wendet er sich immer an die Dorfbewohner. Allmählich ist er mit allen Feldarbeiten vertraut und wird zu einem erfahrenen Feldarbeiter.

Das Leben im Dorf lehrt Xi Jinping "traditionelle" Kenntnisse, während Xi umgekehrt den Dorfbewohnern "modernes" Wissen beibringt.

Es gibt in Liangjiahe ein Kommunenmitglied, das gerne bummelt und oft Kleinigkeiten stiehlt. Eines Tages wird er erwischt, als er Frühlingszwiebeln von der Produktionsbrigade stiehlt. Gemäß der damaligen Vorgehensweise sollen ihn eigentlich die Mitglieder auf einer eigens dafür einberufenen Versammlung als Dieb beschimpfen. Statt ihn zu beschimpfen, spricht Xi vernünftig mit ihm und fordert ihn zum Korrigieren seines Fehlverhaltens auf.

Xi Jingpings verständnisvolle Handlungsweise beeindruckt die Dorfbewohner zutiefst. „Der Junge aus Beijing hat es gut gemacht!" Wie erwartet, ändert sich der Faulenzer und nimmt seither aktiv an der Arbeit des Dorfs teil.

Den Anderen Respekt zeigen und Hilfe leisten, um sie zu vereinen. Die Handlungsweise dieses Stadtjugendlichen, der im Alltag gerne schweigt, beeindruckt Liang Yuming sehr. Deshalb diskutiert er danach oft mit Xi über Probleme, mit denen er bei der Arbeit konfrontiert wird.

Allmählich wird der Wohnort von Xi Jinping zum Zentrum des Dorfs Liangjiahe. Die Dorfbewohner kommen oft zu ihm, um sich mit ihm zu unterhalten. Er erzählt ihnen oft Geschichtliches oder von der großen Welt da draußen. Er ist nun tatsächlich zu einem Teil der Dorfgemeinschaft geworden.

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