Eunuchen in China? Ja, es gab sie durchaus. Erst 1912 wurde die Kastration höfischer Bediensteter eingestellt. Im fernen Westen Beijings findet sich eines der wenigen Museen, das sich exklusiv diesem Thema widmet.
Tian Yi kommt aus der Provinz Shaanxi. Er war Bediensteter unter den Kaisern Jiajing, Longqing und Wanli in der Ming-Dynastie (1368-1644). Mehr als 60 Jahre verbrachte er am Kaiserhof und stieg im Rang immer weiter auf, bis hin zu einem zeremoniellen Riten-Meister.
Tian Yi war ein Eunuch. Ihm wurden seine Genitalien abgenommen, als er neun Jahre alt war. Unter den vielen Hofeunuchen war er der Liebling von Kaiser Wanli. Nach seinem Tode 1605 verhängte der Herrscher eine dreitägige Trauer und hat Tian eine Grabstätte errichten lassen, die dem Stil nach einem kaiserlichen Grab ähnelte.
Im letzten Jahrhundert kümmerte man sich wenig um das Grab und wandelte die Stätte zeitweise zu einem Kindergarten um. Heute ist sie eines der wenigen Eunuchen-Museen der Welt.
Sie liegt weit im Westen von Beijings Zentrum, im Bezirk Shijingshan. Nicht unweit der U-Bahnhaltestelle Pingguoyuan, der westlichen Endstation der Metro Linie 1, findet man das Museum etwas verlassen vor. Besucher scheinen sich dort nicht so oft hin zu verirren.
Das Mausoleum ist ein makabrer aber dennoch wunderschöner Ort. Überall findet man Stelen, detailliert verzierte Wandskulpturen und alte Tempelüberreste. Überall wuchert die blühende Natur. Mehrere Gräber finden sich auf dem Platz, der von drei Toren umsäumt ist. Besucher können in die Gruften hinabsteigen. Dort ist es düster und schaurig.
Vor dem eigentlichen Mausoleum findet man zwei Statuen von Tian Yi – als Soldat und als Gelehrter. Neben ihnen befinden sich verschiedene Räume, in denen man allerhand über das Leben von Eunuchen im alten China lernen kann.
Bis 1912 wurde diese Praktik der Kastration angewendet. Eunuchen galten als verlässlich, sie konnten keine Nachfahren zeugen und stellten damit keine Gefahr für die Dynastie dar. Oft dienten sie als Kammerdiener, als Aufpasser für die Konkubinen, als hochrangige Beamte, sogar auch als führende Generäle und Kapitäne. Viele große Persönlichkeiten der chinesischen Geschichte waren Eunuchen, wie auch der Erfinder des Papiers.
Die Kastration war sehr radikal in China. In der Geschichte der Menschheit gibt es verschiedene Praktiken der Kastration. – In China wurden mit einem zeremoniellen Messer alle drei Dinge auf einem Streich genommen. Häufig wurden die Genitalien dann in einen kleinen Beutel am Gürtel mit sich herumgetragen.
Ein Schaukasten zeigt diese Szene sehr eindrücklich. Drei Diener bereiten einen liegenden Mann darauf vor, Eunuch zu werden. Seine Genitalien sind abgebunden. Das Messer ist schon in der Hand. Jeder der vier Herren blickt unglaublich grimmig drein. Freude sieht anders aus.
Nach dem grimmigen Akt wurde einem Kastraten dann eine Frühlingszwiebel in die Urethra eingeführt. Alle paar Jahre wurde überprüft, ob nicht doch ein Wunder geschehen ist. Es muss aber auch angemerkt werden, dass es nicht wenige Eunuchen gab, die sogar heirateten.
Ein anderes Highlight ist die Mumie eines Eunuchen, die in der 2000er Jahren in der Nähe des Mausoleums gefunden worden ist.
Das Eunuchen Museum in Shijingshan ist ein klarer Geheimtipp und vielleicht eines der wenigen oder gar das einzige Museum dieser Art in der Welt. Falls Sie planen, Beijing zu besuchen, dann lohnt sich ein Abstecher in den Westen der Stadt.
Text und Bilder: Maik Rudolph