Chinglish oder die Kinderknochensuppe auf der Speisekarte

2018-05-15 16:34:58
kkkurios20180515

Was will uns dieses T-Shirt sagen – Chinglish? Foto: Nils Bergemann

Die Sprache ist lebendig. Im Deutschen zum Beispiel gibt es unzählige Wörter und Redewendungen ausländischen Ursprungs. Bevor in den 1980er Jahren das amerikanische „That makes no sense", „Das macht keinen Sinn" seinen Siegeszug antrat, sagte man zum Beispiel in Deutschland noch mehrheitlich: „Das hat keinen Sinn" oder „das ergibt keinen Sinn". Das gesprochene und geschriebene Englisch wird natürlich umgekehrt auch stark durch andere Sprachen beeinflusst, so dass zum Beispiel „Kindergarten" heute auch in den USA verwendet wird und manche Amerikaner „Ja" statt „Yes" sagen.

Da Chinesisch weltweit von weit mehr als 1,5 Milliarden Menschen gesprochen wird und es reich an schönen Bildern und Redewendungen ist, besitzt diese Sprache genug Kraft, um die englische Sprache sogar in seinen Grundfesten zu erschüttern. Wer einen Blick auf T-Shirts, Werbung, Schilder und Speisekarten in China wirft, muss feststellen, dass dies bereits geschehen ist. Lustige Sprachneuheiten verdanken wir Eins-zu-Eins-Übersetzungen von chinesischen Redensarten ins Englische, aber natürlich auch Fehlern und mangelnder Sprachkenntnis.

In Suzhou in der ostchinesischen Provinz Jiangsu befindet sich eine im Turmstil errichtete Ziegelpagode, die Yunyan-Pagode, auf dem Tigerhügel.

Warnschild nahe der „Yunyan-Pagode", das fälschlicherweise nicht auf Gefahren, sondern auf deren Überwindung hinweist.

An der sie umgegebenen Mauer hängt ein Warnschild, was auf den Schutz dieser kulturellen Reliquie hinweist, „protection cultural relic". Gleichzeitig will das Schild vor den Gefahren eines Überkletterns warnen, was mit „surmounts are danger" gelingen würde, aber durch den tatsächlichen Satz „surmounts the danger" zu einem „Überwinde die Gefahr" mit fatal entgegengesetzter Botschaft wird.

Hätte man besser noch einmal jemand drüber gucken lassen, wird sich wohl auch der Besucher eines Krankenhauses gedacht haben, in dem auf einem großen Schild die gynäkologische Untersuchung so ins Englische übersetzt wurde, dass ein Schimpfwort für das weibliche Geschlechtsorgan dabei herauskam, das so ausgesprochen wird wie ein deutscher Philosoph. In der Metro läuft ein Sicherheitsmitarbeiter rum, auf dessen Dienstkleidung fett „Safe Security" steht. Da fragt man sich unwillkürlich, was passiert, wenn die eines Tages die unsafe Security, also den unsicheren Sicherheitsdienst einsetzen.

In Namtso im Autonomen Gebiet Tibet soll ein Schild zu umweltbewussten Verhalten auffordern. Doch „A better future without blue sky and clear rivers is in our hands", eine „bessere Zukunft ohne blauen Himmel und klaren Flüsse liegt in unserer Hand", bringt diese Botschaft nicht wirklich gut rüber.

Anstatt sinngemäß zu übersetzen, wird oft Wort für Wort übersetzt und ohne den neuen Kontext zu bedenken. Das Ergebnis sind Kleine Missgeschicke oder auch schon mal die Anleitung zum Verkehr mit Früchten in einem chinesischen Supermarkt: Spread to f... the fruit. In diesem Fall wurde das chinesische „san gan guo" falsch übersetzt. Korrekt müsste es heißen: „loose dried fruit", also „lose getrocknete Früchte". In einem Restaurant wurden „Spices sour with panties" angeboten, also „saure Gewürze mit Höschen". Eine andere Gaststätte schien sich auf Kannibalen spezialisiert zu haben, fand sich doch dort eine „children's bone soup", also „Kinderknochensuppe" auf der Karte. Folgt man anderen Orts der Aufforderung unter der Abbildung eines Nudelgerichts, müsste man versuchen, „die Messernudeln anzurufen". Denn dort steht: „dial the knife noodles".

Andere „chinglische" Redensarten wurden sogar schon in den englischen oder deutschen Sprachgebrauch übernommen, so etwa das „long time no see" als „lange nicht gesehen" oder die Bezeichnung für Menschenmassen als „people mountain people sea", also „Berge oder Seen von Menschen". Die Mahnung, jeden Tag gut zu studieren hat es auch längst als „good good study, day day up" auf die Handtaschen und T-Shirts dieser Welt geschafft.

Sollte es irgendwann eine neue Weltsprache geben, ein Esperanto 2.0 sozusagen, wird sie extrem geprägt sein von chinesischen Einflüssen. Also hart Chinglish lernen – good good study, day day up!

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