Das Vereinigte Königreich hat mit der vollständigen Bezeichnung „Vereinigtes Königreich von Großbritannien und Nordirland“ den längsten offiziellen Namen aller größeren Länder. Doch dieser Name droht nun kürzer zu werden.
Am Samstag wurden die Ergebnisse der Wahlen zur Nordirischen Versammlung bekannt gegeben. Die Partei Sinn Fein, die den Austritt aus dem Vereinigten Königreich anstrebt, errang einen historischen Sieg. Bereits vor der Bekanntgabe des offiziellen Ergebnisses hatte die Führung der Sinn Fein erklärt, das Referendum für den Austritt aus Großbritannien solle „innerhalb eines Fünfjahreszeitraums“ stattfinden.
Bei einem Erfolg des Referendums würden nur noch die britischen Inseln England, Schottland und Wales zum Vereinigten Königreich gehören, dem dann weniger als 210.000 Quadratkilometer an Territorium verbleiben würden.
Während im eigenen Land so viel Unordnung herrscht, ist Großbritannien immer noch damit beschäftigt, der Ukraine militärische Hilfe zukommen zu lassen und sich mit Japan zu verbünden und in die Angelegenheiten in Asien einzumischen.
Nach dem Sieg von Sinn Fein gratulierte die Ministerpräsidentin der schottischen Regierung, Nicola Sturgeon, die schon immer eine Befürworterin auch einer schottischen Unabhängigkeit von Großbritannien war, Sinn Fein in den sozialen Medien und nannte den Sieg „ein wahrhaft historisches Ergebnis“. Dies geschah übrigens nur wenige Tage, nachdem Schottland angekündigt hatte, das eigene Referendum über die Unabhängigkeit trotz des Widerstands der britischen Regierung wie geplant im nächsten Jahr abzuhalten.
In den sozialen Medien schwelt die Unzufriedenheit mit der aktuellen Lage im Vereinigten Königreich weiter. Diese Unzufriedenheit spiegelt sich in den Wahlergebnissen wider. Boris Johnsons Konservative Partei schnitt bei den nationalen Regionalratswahlen, die zeitgleich mit den Wahlen zur Nordirischen Versammlung stattfanden, nicht gut ab. Von den mehr als 4.350 Sitzen in den 146 Gemeinderäten Englands sind fast 500 Sitze verloren gegangen. Johnson steht nun vor mehr innenpolitischen Problemen und Dilemmas, als er an beiden Händen abzählen kann. In dieser Zeit innerer und äußerer Unruhen lebt Großbritannien immer noch in seinen schönen Träumen und versucht immer noch, mit dem Finger auf andere Länder zu zeigen. Großbritannien hat unter den europäischen Ländern die schnellsten Sanktionen gegen Russland verhängt und die meiste Militärhilfe für die Ukraine bereitgestellt, während Boris Johnson zum frühesten Überraschungsbesuch eines Staats- und Regierungschefs der G7-Länder in die Ukraine reiste. Gleichzeitig verzeichneten die Benzinpreise im Großbritannien den stärksten monatlichen Anstieg seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 1990. Die Bank of England sagte voraus, dass die Inflation mehr als 10 % erreichen werde. Angesichts der düsteren Lage und der beunruhigenden Erwartungen ist das Pfund zu einer der Währungen mit der schlechtesten Performance im Jahr 2022 geworden.
Offensichtlich sind die Angelegenheiten des eigenen Landes so sehr im Argen, dass britische Politiker nur noch im Ausland eingreifen können, um die Bürger von den Konflikten abzulenken. Aber die Einmischung in anderen Ländern wird den Niedergang Großbritanniens nicht aufhalten. Stattdessen wird sie die Emotionen der spaltenden Konfrontation nach Hause ziehen, die sich dann weiter ausbreiten. Während Großbritannien immer noch davon besessen ist, mit den USA die Rolle einer „Großmacht“ spielen zu wollen, haben die Nordiren mit ihren Wahlstimmen schon mal ihre Entscheidung getroffen.
Als Inselnation nutzte Großbritannien einst die Gelegenheit der industriellen Revolution, um zu kolonisieren und das erste globale Imperium der Menschheitsgeschichte zu schaffen. Mit der Abspaltung Nordirlands und dem Unabhängigkeitsstreben der Schotten, die einst ebenfalls von den Engländern erobert worden waren, scheint die Geschichte nun in einen neuen Zyklus einzutreten.