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Immer mehr deutsche Unternehmen investieren erfolgreich in ost- und mitteleuropäische Länder. Eine Trendstudie zur „industriellen“ Zukunft von vier osteuropäischen Regionen im Jahr 2020 von ROI Management Consulting ergab, dass diese Region mit der Nähe zu Deutschland und niedrigen Arbeitskosten weiterhin deutschen Firmen gute Chancen bieten wird. Nun engagiert sich auch China stark in Ost- und Mitteleuropa. Ist das eine Bedrohung oder eine Chance?
Als Deutscher freue ich mich, wenn es deutschen Unternehmen durch innereuropäische Geschäfte gut geht und das den einfachen Leuten in meinem Land zugutekommt. Als Realist weiß ich aber auch, dass ebenso chinesisches Engagement zu mehr Wohlstand und Fortschritt in Europa führen kann. Dem chinesischen Volk geht es heute so gut, weil China ausländische Investitionen zugelassen hat. Und wohlhabendere Chinesen kaufen gerne deutsche Autos... Selbst in Krisenzeiten verdienen ausländische Unternehmen in China gut. Das hat sogar schon einige Firmen gerettet.
Um deutsche Produkte zu kaufen, braucht man Geld. Deutsche Exportschlager sind teure deutsche Maschinen und Autos. Wenn in Ost- und Mitteleuropa die Kaufkraft steigt, werden auch mehr deutsche Produkte gekauft. Apropos: Rumänen, Ungarn oder Kroaten freuen sich sicherlich auch über alle, die ihre Produkte kaufen oder in ihr Land investieren. Warum aber setzen viele dieser Länder beim Ausbau der so wichtigen Infrastruktur gerade auf chinesische Firmen? Einfache Antwort: China überzeugt mit Geschwindigkeit, Modernität, Sicherheit und dem Preis beim Bau von Brücken, Flughäfen, 5G-Netzen usw.
Und in Länder mit entwickelter Infrastruktur investieren deutsche Firmen lieber, wie es aus der erwähnten Studie hervorgeht. Deutschland profitiert hier also von chinesischem Engagement.
China ist dafür bekannt, Know-how und Geld auch in Regionen fließen zu lassen, die für andere Länder wenig attraktiv sind, da die Projekte als zu komplex oder riskant angesehen werden und viele Vorarbeiten und Gespräche notwendig sind. Chinesische Firmen betreiben hier einen enormen Aufwand und machen so zum Beispiel afrikanische Staaten auch attraktiver für westliche Investoren.
Deutschland sollte das Ansporn sein, die eigene Expertise zu pflegen, auszubauen und weiter in die Konsumenten von morgen, seine europäischen Freunde und andere Länder Zeit und Geld zu investieren. Es kommt viel Gutes zurück. Wir leben schließlich in einer extrem vernetzten Welt.
Die deutsche Bundesregierung sieht Chinas Engagement in Mittel- und Osteuropa übrigens nicht als Bedrohung, sondern eher als Bereicherung an, wie aus ihrer Antwort auf eine kleine Anfrage Ende vergangenen Jahres hervorgeht (Drucksache 19/24100). Dort heißt es: „Die EU ist an einer intensiven und vertrauensvollen bilateralen und multilateralen Zusammenarbeit mit China interessiert“, was Handel und Investitionen genauso wie die politische Kooperation bei internationalen und globalen Fragen (Krisenprävention, Klimaschutz, Corona) einschließe.
Text: Nils Bergemann