In den vergangenen Tagen gab es zwischen Großbritannien, den USA und der EU wegen der Verteilung der COVID-19-Impfstoffe heftigen Streit. Der Pharmakonzern „AstraZeneca“ sagte zu, EU-Ländern mehr Impfstoffe zur Verfügung zu stellen. Allerdings könnte die Europäische Union nach eigenen Angaben selbst bei einer erweiterten Lieferung durch das britisch-schwedische Joint-Venture nur 40 Millionen Dosen bekommen, also 50 Prozent weniger als geplant. Der Streit zwischen den beiden Seiten des Ärmelkanals sowie zwischen den beiden Ufern des Atlantischen Ozeans hat zwei Ursachen: Erstens kann die Produktion der Impfstoffe die Nachfrage nicht vollständig befriedigen. Zweitens halten alle drei Seiten die gegenwärtige Verteilung der Impfstoffe für unfair.
Allerdings was ist die subjektive Unzufriedenheit von Großbritannien, der USA und der EU im Vergleich zu der realen Situation der meisten Entwicklungsländer, die immer noch auf Impfstoffe warten? Statistiken des internationalen Organisationen-Zusammenschlusses „People’s Vaccine Alliance“ zufolge macht die Bevölkerung der reichen Länder nur 14 Prozent der Weltbevölkerung aus. Allerdings haben sie bereits mehr als 50 Prozent der von wichtigen westlichen Pharmaunternehmen produzierten Impfstoffe angekauft.
In diesem kritischen Moment, indem die Menschheit die Pandemie noch nicht unter Kontrolle gebracht hat und Mutationen des Virus die Zukunft des Kampfes überschatten, sollten sich Menschen auf der ganzen Welt vereinen, um die Pandemie gemeinsam zu bekämpfen. Ist es nicht ironisch, dass einige Länder in diesem Moment in einem Sumpf des „Impfstoff-Nationalismus“ feststecken? Es lohnt sich, an die Worte des Generaldirektors der WHO, Tedros Adhanom Ghebreyesus, zu erinnern: „Wir werden die Pandemie nirgendwo beenden, bis wir sie überall beenden.“
Der Kern des Nord-Süd-Konflikts ist eine Frage der Entwicklung und der Gerechtigkeit. Die COVID-19-Pandemie wirft nicht nur ein Schlaglicht auf die fehlende Fähigkeit der Menschheit, mit Katastrophen umzugehen, sondern erinnert uns auch daran, dass die Welt weit vom Ziel der „Gleichberechtigung von Mann und Frau sowie von großen und kleinen Nationen“ in der Charta der Vereinten Nationen entfernt ist. Um dieses Ziel zu erreichen, gibt es keinen anderen Weg für die Menschheit, als zusammenzuarbeiten und gemeinsam nach Gerechtigkeit zu streben.