Vor einigen Tagen gab das chinesische staatliche Statistikamt offiziell bekannt, dass Chinas Bruttoinlandprodukt (BIP) 2020 gegenüber dem Vorjahr um 2,3 Prozent auf 101,5986 Billionen Yuan – das sind rund 13 Billionen Euro – gestiegen sei. Im vergangenen Jahr habe sich das Güter-Import- und Exportvolumen um 1,9 Prozent auf 32,1557 Billionen Yuan erhöht. Davon sei der Export um 4,0 Prozent auf 17,9326 Billionen Yuan gewachsen, und der Import um 0,7 Prozent auf 14,2231 Billionen Yuan zurückgegangen. Der Handelsüberschuss habe 3,7096 Billionen Yuan ausgemacht.
Dies sind erstaunliche, beeindruckende Zahlen, wenn man einen Blick auf die weltweite Situation auf Grund der Pandemie-Krise wirft. Und ich habe deshalb einen weiteren Blick geworfen auf Einzelheiten der Auswirkungen der Pandemie auf die Weltwirtschaft insgesamt sowie auch auf die einzelnen großen Industrienationen. Die OECD konstatierte in ihrem Ausblick vom vergangenen Monat einen Rückgang der globalen Wirtschaftsleistung um einschneidende 4,2 Prozent für das Jahr 2020. „Die Pandemie ist die erste wirklich globale Krise seit dem 2. Weltkrieg“, heißt es in dem Bericht, und weiter: Man habe mit massiven nationalen Alleingängen und zugleich geschlossenen Grenzen und wenig internationaler Kooperation reagiert. Aber: Protektionismus und Grenzschließungen seien keine adäquate Antwort. Das wirkliche Ausmaß der Krise erschloss sich dann aber bei einem Blick auf die Einzelstatistiken, nahezu alle Industriestaaten befinden sich im Rot markierten Minusbereich: Eurozone minus 7,5 Prozent, G20 minus 3,8 Prozent und die bedeutenden Einzelstaaten – von Japan über die USA, Vereinigtes Königreich, Frankreich, Deutschland oder Indien – alle mit Rot markiert, von minus 5,3 bis minus 11,2 Prozent. Als einzige – „grüne“ – Ausnahme war China mit dem eingangs bereits genannten positiven Wachstum zu verzeichnen. Ich schätze Allegorien, also objektiv fassbare Bilder als Darstellung abstrakter Begriffe. Und eine solche kam mir beim Lesen dieser Statistiken auch umgehend in den Sinn. Und zwar die einer Oase in der Wüste. Oasen sind Wasserstellen in der Wüste, die das Überleben in einem harten Lebensumfeld sichern. Und als solch eine grüne Oase im übertragenen Sinne erscheint mir das wirtschaftliche Geschehen in China.
Es ist zunächst einmal ein überzeugender Beleg dafür, dass China mit entschlossenem Handeln der Staatsführung und großer Disziplin der Bevölkerung weitestgehend die Pandemie in den Griff bekommen hat. Und dieser Erfolg dokumentiert sich neben den genannten Zahlen in weiteren einzelnen Sektoren. Diese unterstreichen wie hoch das Vertrauen ist, das die chinesische Wirtschaft und letztlich auch die politische Führung genießen.
So ist einem aktuellen Bericht der Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) zu entnehmen, dass die ausländischen Direktinvestitionen (FDI) im Jahre 2020 um 42 Prozent zurückgegangen sind, und zwar von 1,5 Billionen US-Dollar 2019 auf 859 Milliarden US-Dollar. Dagegen wurde China jedoch entgegen diesem Trend der Welt größter Empfänger von ausländischen Direktinvestitionen. Es setzte sich mit einem Anstieg von vier Prozent auf 163 Milliarden US-Dollar an die Spitze der Empfängerstaaten von FDI und verwies die USA auf Platz zwei, die einen drastischen Rückgang um 49 Prozent auf 134 Milliarden US-Dollar hinnehmen mussten.
Oder börsenmäßig ist zu vermerken: Rund 18,02 Millionen Investoren in China eröffneten im Jahr 2020 Konten für den Handel mit A-Aktien an den Börsen in Shanghai und Shenzhen. Laut China Securities Depository und Clearing Corporation Limited stieg die Zahl seit 2019 um 36,04 Prozent.
Schließlich eine Bemerkung zum Außenhandel: Als Deutscher habe ich doch mit Erleichterung wahrgenommen, dass seit Mitte 2020 sich die deutsche Außenhandelsbilanz trotz Pandemie erfreulich wieder belebt hat, vor allem aufgrund des Handels mit China. Und dieser Prozess hat sich nahtlos fortgesetzt. So sind nach offiziellen Statistiken die Exporte in die Volksrepublik China etwa im November 2020 um 14,3 Prozent auf 9,3 Milliarden Euro gegenüber November 2019 stiegen, während – zum Vergleich - die Exporte in die Vereinigten Staaten um 3,1 Prozent auf 9,6 Milliarden Euro abnahmen. Und auch die meisten Importe kamen im November 2020 aus der Volksrepublik China nach Deutschland. Von dort wurden Waren im Wert von 10,4 Milliarden Euro eingeführt (plus 5,4 Prozent zum Vorjahresmonat). Die Importe aus den Vereinigten Staaten sanken im November 2020 dagegen um 1,5 Prozent auf einen Wert von 5,8 Milliarden Euro.
Alle diese Facetten lassen nur den Schluss zu: China verfügt über eine starke Volkswirtschaft auf einem soliden Fundament, die eine außerordentliche Krisenresistenz aufweist. Es nimmt daher nicht wunder, dass die Prognosen aus Expertenkreisen für Chinas Wachstum auch im laufenden Jahr zuversichtlich sind. So sagt der Internationale Währungsfonds (IWF) China ein kräftiges Wachstum von 7,9 Prozent voraus. Analysten von UBS äußerten in einer Mitteilung: „Wir gehen davon aus, dass sich Chinas BIP-Wachstum im Jahr 2021 auf 8,2 Prozent erholen wird, angetrieben von Exporten und dem Inlandsverbrauch.“
Seitens der offiziellen Stellen in China zeichnet sich dagegen eher ab, dass man im Hinblick auf die doch nach wie vor von Unsicherheit geprägte Weltlage Vorsicht und Augenmaß walten lässt. China wird daran arbeiten, seine Wirtschaft in einem verantwortungsvollen Rahmen zu halten und einen guten Start in den 14. Fünfjahresplan sicherzustellen. Dementsprechend gehen chinesische Wirtschaftsexperten davon aus, dass weniger konkrete Wachstumszahlen, sondern vielmehr das Erreichen von Vollbeschäftigung das wichtigste der jährlichen Wachstumsziele der Regierung in diesem Jahr sein werde. Und ein solches Ziel würde zugleich das Wohl der Bevölkerung in besonderem Maße im Auge behalten.
Global betrachtet wird die Weltwirtschaft insgesamt von Chinas Stärke profitieren. Dies liegt bei der Globalisierung und wechselseitigen Vernetzung auf der Hand. Aber es entspricht auch einem unter Staatspräsident Xi Jinping nachdrücklich entwickelten Eckstein der chinesischen Politik, nämlich dem Gedanken der geteilten Zukunft der Menschheit. Dies hat Präsident Xi gerade wieder in seinen Worten zum diesjährigen Weltwirtschaftsforum bekräftigt. Es gebe nur eine Erde und nur eine geteilte Zukunft der Menschheit. Selbstherrliche Isolation sei zum Scheitern verurteilt. Daher gelte es, sich die Hände zu reichen und den Multilateralismus Wegweiser zu einer Gemeinschaft mit geteilter Zukunft der gesamten Menschheit sein zu lassen.
Dr. Michael Borchmann
Ministerialdirigent a.D. (Land Hessen), früherer Abteilungsleiter (Director General) Internationale Angelegenheiten
Mitglied des Justizprüfungsamtes Hessen a.D.
Senior Adviser der CIIPA des Handelsministeriums der VR China